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Zeitschrift für christliche Kunst — 16.1903

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Ewald, W.: Der Lettner von St. Maria im Kapitol zu Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.4075#0165

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259

1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

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lassen erkennen, dafs aufser Georg und Nica-
sius auch ihre Anverwandten an der Stiftung
des Kunstwerkes beteiligt waren. Damit stimmt
auch die Nachricht Gelens6) überein: „Lys-
kirchiorum et Gradariorum vel gentis de Hacke-
nay opus est novum splendidumque odaeum
marmoreum".

Abweichend hiervon führt der Chronist
Weinsberg7) in seinen Kölner Denkwürdig-
keiten zweimal den Herrn Nicasius Hackenay
als alleinigen Stifter des Kunstwerkes an; wäh-
rend man nach den zwei von Ennen mitge-
teilten Ratsbriefen, auf deren Inhalt wir hier
noch näher eingehen müssen, geneigt wäre,
in Georg Hackenay den eigentlichen Stifter
unseres Lettners zu erblicken.

Ennen veröffentlichte zuerst in der »Kölni-
schen Zeitung« vom 12. Dezember 1865, später
in »Lützow's Zeitschrift«, Bd. VII zwei Briefe
des Kölner Rates aus dem Jahre 1524, die
eine Reihe wichtiger Notizen für die Geschichte
unseres Lettners enthalten.8)

Aus jenen Briefen entnehmen wir, dafs die
Witwe des Herrn „Jörgen" Hackenay gemäfs
dem letzten Wunsche ihres Gemahls dafür sor-
gen will, dafs der Lettner, den derselbe zu
Mecheln in Brabant für St. Maria im Kapitol
habe anfertigen lassen, baldigst an Ort und
Stelle aufgerichtet werde; sie bittet deshalb
den Kölner Rat, Schreiben an den Herzog von
Jülich und die Statthalterin der Niederlande zu
richten, dafs sie den Lettner, nebst einem

Hackeney (gehendes Pferd) Salm (zwei mit den Rücken
gegeneinander gekehrte Fische). 2. Hackeney und
von Merle (drei Vögel, Merlen). 3. Hackeney und
Hardenrath (drei Hüte). 4. Hackeney und von Straelen
(Lilie). 5. Salm und von Berchem (fünfblätterige Rose).

6) Gelenius »De admiranda sacra et civili Magni-
tudine Coloniae« 1645, S. 329. Die Angabe Gelenius',
dafs der Lettner aus Marmor bestehe, ist unrichtig.
Nur Teile der Architektur bestehen aus belgischem
Granit; die Figuren sind aus weichem, gelblichem
Sandstein.

7) Höhlbaum-Lau »Das Buch Weinsberg«,
Bd. II, S. 126. Weinsberg spricht von „Jaspar Hacke-
nei", dem natürlichen Sohne „van her Nicasio Hacke-
nei, der in Capitolio das kostlich Steinwirk mitz in der
Kirchn hat laissen machen". Bd. IV, S. 22, 23 ge-
denkt Weinsberg der Grabstätte des Georg und Ni-
casius Hackenay „wie zu s. Marien in Capitolio zu
ersehen, da sei under einem groissen Namürstein be-
graben leigen, bei dem kostiichn gebilden steinen
portal mitten in der kirchn, das her Nicasius dahin
machen laissen".

8) Einer dieser Briefe ist auch in Merlo »Köl.
nisc^e Künstler« unter „Roland" abgedruckt.

„Grabe" und „Altarsteine" zollfrei ihr Gebiet
passieren liefsen.

Wir dürfen aus den Berichten Weinbergs,
Gelens und den Ratsbriefen wohl mit Recht
schliefsen, dafs die Entstehung jenes Familien-
denkmals der Hackenays in St. Maria im Ka-
pitol wohl in besonderer Weise von den beiden
Brüdern Georg und Nicasius gefördert wor-
den ist.

Da Nicasius Hackenay nun bereits 1518 starb,
mufs spätestens in diesem Jahre der Plan zu
jener Stiftung gefafst worden sein. Vielleicht
steht der Aufenthalt des Nicasius in Mecheln
im April des Jahres 1517 mit unserm Lettner
in Beziehung.9) Im Jahre 1523 waren bereits
die Arbeiten am Lettner abgeschlossen.10) Es
müssen jedoch der Überführung desselben nach
Köln Schwierigkeiten im Wege gestanden ha-
ben, da erst im Juli des folgenden Jahres 1524
die erwähnten Schreiben des Rates um Zollbe-
freiung abgehen. Demnach dürfte wohl kaum
vor Ende des Jahres 1524 der Lettner an
seinem Bestimmungsort eingetroffen sein.

Hat nun auch unser Lettner im Wandel
der Zeiten viel von seiner ursprünglichen
Pracht verloren, so bildet er doch auch heute
noch in seinem beschädigten Zustande eine
Hauptzierde von St. Maria im Kapitol.

Stämmige, zusammengesetzte Säulen mit
korinthischen Kapitellen tragen einen frei kom-
ponierten Architrav. Über letzterem erheben
sich kleinere Balustersäulchen mit einfach pro-
filierten Basen und ebenfalls korinthischen Ka-
pitellen. Auffallend sind die Mittelstücke der
Säulenschäfte; wohl eine Weiterbildung der in
der Spätgotik in den Niederlanden mehrfach
auftretenden (an spätromanische Vorbilder er-
innernden) Säulenringe. (Vgl. das Gesamtbild 1,
bei dem die untere ganz dunkle, dazu durch
die Holzbänke verdeckte Säulenpartie weg-
gelassen ist.)

Auf jenen Säulchen ruht ein dreiteiliger
Architrav, über dem ein reich ornamentierter
Fries sich hinzieht. Ein verhältnismäfsig hohes,
stark vorspringendes, fein profiliertes Gesims
bildet das architektonische Schlufsglied.

9) Ennen »Geschichte der Stadt Köln« 3, S. 1012.

10) Verschiedentlich befindet sich unter den Wap-
pen an unserem Lettner die Jahreszahl „1523", die
doch darauf hinweist, dafs in jenem Jahre das Kunst-
werk fertiggestellt wurde.
 
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