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Zeitschrift für christliche Kunst — 16.1903

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Ewald, W.: Der Lettner von St. Maria im Kapitol zu Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.4075#0166

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261

1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

262

Zwischen den Balustersäulchen sind Nischen
eingelassen, die, mit einer Fülle zierlicher Or-
namente der Frührenaissance umrahmt, den
figürlichen Schmuck des Lettners aufzunehmen
bestimmt sind. In den schmäleren Nischen
haben Einzelfiguren, in den breiteren Reliefs
Aufstellung genommen. (Vergl. Abb. 2 und 3.)

Von den acht Reliefs behandeln zwei Vor-
würfe des alten Testamentes, die Manna- und
Melchisedechszene, die übrigen sechs Bilder aus
dem Leben Jesu: Die Verkündigung, die Ge-
burt Christi, die Anbetung der hl. Drei Kö-
nige (vergl. Abbildung 3), die Beschneidung,
das letzte Abendmahl und Christus am Öl-

licherweise in den Händen mehrerer Künstler,
die bald mehr, bald weniger den Ideen des
leitenden Meisters Ausdruck zu verleihen
vermochten. Daher kommt es, dafs wir auch
bei der glänzenden Schöpfung in Maria im
Kapitol deutlich die Hände verschiedener Bild-
hauer unterscheiden können. Besonders stark
tritt jene Verschiedenheit der Arbeit bei den
Reliefs, in der Gewandbehandlung und Kompo-
sition hervor.

Von ein und demselben Meister rühren
offenbar „die Geburt Christi" und „die Anbe-
tung der hl. Drei Könige" her, zwei ruhevolle,
technisch brillante Arbeiten. Ihnen stehen drei

b. 1. Gesamtbild des Lettners über der Bankhöhe.

berge. Unter den 22 Einzelfiguren befinden
sich 10 Propheten (vergl. Abbild. 2), die übri-
gen 12 sind Heilige. Bei der Auswahl der
letzteren scheinen in besonderem Mafse die
Patrone der Stifter berücksichtigt worden zu
sein. Wir begegnen hier den Namenspatronen
des Georg und Nicasius Hackenay, weiter den
Patroninnen ihrer Gemahlinnen, der hl. Chri-
stina und Gudula. Die übrigen Figuren stellen
den hl. Antonius Eremita, den hl. Christo-
phorus, den hl. Rochus, den hl. Michael, den
hl. Jacobus, die hl. Barbara und den hl. Jo-
hannes den Täufer dar. Zwei weitere Figuren
im Ritterkostüm des XVI. Jahrh. lassen sich
schwerlich näher bestimmen, da sie ohne jeg-
liche Attribute gebildet sind.

Die Ausarbeitung eines so grofsartig ange-
legten Werkes, wie unseres Lettners, lag natür-

weitere Reliefs nahe: „die Beschneidung", „das
Opfer Melchisedechs" und „das letzte Abend-
mahl", welche freilich im einzeln nicht so
gut durchgearbeitet sind.

Viel freier behandelt, als die bereits er-
wähnten, sind die beiden Gruppen: „Die Ver-
kündigung" und „Christus am Ölberge"; äufserst
bewegte, im einzeln gut durchgearbeitete Schöp-
fungen. Mit diesen steht das „Mannarelief"
im Zusammenhange, das freilich in manchen
Einzelheiten weniger gelungen ist.

Die eigentümliche Komposition der Gruppe
„Christus am ölberge" ist vielleicht dadurch
zu erklären, dafs dieses Relief in der Auf-
stellung am Lettner irgendwie mit dem der
„Verkündigung" korrespondierte und vom
Künstler dementsprechend als Gegenstück ge-
bildet wurde.
 
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