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Zeitschrift für christliche Kunst — 16.1903

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Ewald, W.: Der Lettner von St. Maria im Kapitol zu Köln
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https://doi.org/10.11588/diglit.4075#0169

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267

1903.— ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 9.

268

XVI. Jahrh., Herr Marquet de Vasselot in ent-
gegenkommender Weise mitteilt, als selbständige
Arbeit jenes Roullant le Roux nachweisen, so
dafs es uns daher für unsere Untersuchungen
an passendem Vergleichungsmaterial fehlt.18)

Über 200 Jahre behauptete der Lettner seine
ursprüngliche Stellung in der Mitte der Kirche.
Im Jahre 1767 wurde St. Maria im Kapitol wie
so manches andere ehrwürdige Bauwerk des
Mittelalters einer Restauration in der bekannten
Weise des XVIII. Jahrh. unterzogen, und „bei
jener innerlichen neuen Einrichtung", so meldet
eine gleichzeitige Quelle, ..-.--•♦"-3

„ist auch dieses Toxal zur #"*'

Pracht der Kirche ver-
rückt und am Ende unter
der neuen und schönen
Orgel zierlich angebracht
worden".14)

Auch in anderen Kir-
chen Kölns erhob sich in
der Mitte des XVIII.
Jahrh. ein Sturm gegen
die plastischen Arbeiten
des Mittelalters. In St.
Pantaleon wurde eben-
falls der Lettner (eine
herrliche Arbeit, unter
dem Abte Lunink 1502
bis 1514 angefertigt) aus
seiner alten Stellung am
Eingang des Chores ent-
fernt und stark beschädigt ,
zu einer Orgelbühne um-
gebaut.

Im Dom wurde 1766
das herrliche gotische Sa-
kramentshäuschen zer-
trümmert. Auch in St. Peter scheint das goti-
sche Sakramentshäuschen in jener Zeit zerstört
worden zu sein. Wenigstens lassen die Funde,
die man bei der Anlage des neuen Fufsbodens
unter der Kommunionbank machte, darauf
schliefsen.

Damals zerlegte man den Lettner in St.
Maria im Kapitol in drei Stücke, die in der
heutigen Weise in Hufeisenform im Westen des
Langschiffes zusammengestellt wurden. Aufser-
dem wurde wahrscheinlich bei dieser Gelegen-

//

J

Abb. 4. Grundrifs des Chores von 1754

18) Über den angeblichen Meister Roland s. Merlo
»Kölnische Künstlert, Spalte 731.

u) Aus den von Mering gesammelten Schema,
tismen »Stadtarchiv Köln« (Eo 48).

heit der Lettner mit einer dicken Tüncheschicht
überzogen. Infolgedessen hat vielfach die
Feinheit der Ornamente und des figürlichen
Schmuckes gelitten.

Über die frühere Stellung des Lettners gibt
uns ein Plan im Archiv der Stadt Köln will-
kommenen Aufschlufs.15) Jene, freilich flüch-
tige Skizze wurde im Jahre 1754 bei der Ein-
führung des neuen Bürgermeisters angefertigt
um den an der kirchlichen Feier in St. Maria
im Kapitol beteiligten Personen ihre bestimmten
Plätze anzuweisen. Sie kann daher auf mathe-
r.-^-._ matische Genauigkeit

"'■'^. keinen Anspruch erhe-

ben; immerhin informiert
sie recht gut über die
frühere räumliche Dispo-
sition der Vierung und der
östlichen Apsis. (Vergl.
Abb. 4.)

Mit Zuhilfenahme die-
ser Skizze können wir
zunächst feststellen, dafs
unser Lettner früher aus
zwei parallel laufenden,
auf je vier Pfeilern ruhen-
den Schranken bestanden
haben mufs. Von diesen
waren die schmalen nach

Westen gerichtet und
zwischen die westlichen
Vierungspfeiler eingemau-
ert. Von den vier Säu-
len, welche die Brüstung
trugen, waren die beiden
äufseren direkt mit den
Vierungspfeilern verbun-
den; durch die beiden frei-
stehenden Säulen waren drei Durchgänge gebildet.
Der zweite Teil des Lettners war nach Osten,
dem Hochaltare zugewandt und stand bereits in
der Vierung. Auf welche Weise der östliche und
westliche Teil miteinander verbunden waren,
läfst sich nicht mehr ermitteln. Die westliche
Schranke, heute das mittlere Stück der Orgel-
bühne, ist bei der Umsetzung am glimpflichsten
davongekommen; sie hat fast nichts von ihrer
ursprünglichen Breite verloren. Schlimmer er-
ging es der östlichen Schranke, die nach un-
serer Skizze dasselbe Mittelstück gehabt haben
mufs, wie die westliche Partie. Bei einer Zu-

u) Verzeichnis der Pläne und Ansichten Nr. 1125.
 
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