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Zeitschrift für christliche Kunst — 16.1903

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Schnütgen, Alexander: Neuer Hochaltar romanischen Stils für die alte Kirche zu Gerresheim
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https://doi.org/10.11588/diglit.4075#0204

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Abhandlungen.

Neuer Hochaltar romanischen Stils
für die alte Kirche zu Gerresheim.

Mit Abb. (Doppeltal. IV u. V).

nter den so zahlreichen
wie bedeutsamen Kirchen
des Niederrheins im
Übergangsstil zeichnet
sich die ehemalige Stifts-,
jetzige Pfarrkirche zu
Gerresheim durch Gröfse,
Reichtum und Feinheit
der Verhältnisse aus. Gleich am Eintritt in
die Apsis steht die ursprüngliche Altarmensa,
eine ungewöhnlich grofse und gegliederte An-
lage, indem die Tiefe der ungefähr 3 m betra-
genden Breite nahezu entspricht, und die drei
Seiten durch je drei elegante, von Säulchen
eingefafste Kleeblattblenden verziert sind, ein
selbst in dieser schmuckliebenden Periode sel-
tener Dekor. Auf dieser Mensa stand bis
Ostern 1902 als Hochaltar ein „häfslicher Ro-
kokoaufbau" (vergl. die <>Kunstdenkmäler der
Rheinprovinz» von Clemen, Bd. III, I. 94 ff.),
so dafs in der für die Ausstattung ihrer schönen
Kirche begeisterten Gemeinde, die für die stil-
gemäfse Erneuerung und Ergänzung der vor-
trefflichen, aber höchst defekten Wandgemälde
auf Widerspruch aus benachbarten Künstler-
kreisen stiefs, um so lebhafter der Wunsch nach
einem würdigen Altaraufbau sich kundgab. —
Nicht nur die geringe Tiefe der Apsis, sondern
vor allem die Gestaltung der alten Mensa, die
natürlich als ein Noli me tangere betrachtet
wurde, verlangte die Lösung in der Form eines
Aufsatzes. Bei der Breite der Apsis mufsten
seine Horizontaldimensionen recht ausgiebig
sein, während seinen Vertikalverhältnissen einige
Beschränkung auferlegt war durch die bereits
in mäfsiger Höhe beginnenden, ungewöhnlich
schlanken Chorfenster. Da das Tabernakel eine
hohe Predella erforderte, so durfte wiederum,
damit diese ihren, für alle Fälle gebotenen
Sockelcharakter nicht zu sehr einbüfse, der Auf-
satz nicht zu niedrig sein, wenigstens nicht mit
Kinschlufs der architektonischen Bekrönung, für
welche an dieser Stelle, zumal über dieser Mensa,
auf einen gewissen Reichtum nicht verzichtet

werden durfte. — Auf Grund dieser (für jedes
Altarprogramm unerläfslichen) Erwägungen hat
Bildhauer Mengelberg in Utrecht-Brühl, den
hier mitgeteilten Plan entworfen, der, mit ganz
kleinen Verbesserungen ausgeführt, vieler Er-
klärungen nicht bedarf. — Die Altarstufen
bestehen in schwarzem und farbigem Marmor
mit Eichenholzparkett-Einlage. In die Blenden
der restaurierten und polychromierten Mensa sind
drei vergoldete und kräftig (von Goldschmied
Birgel in Köln) gravierte Messingtafeln gelegt,
die in schwarzen und farbigen Konturen das
Opfer Abrahams und Melchisedeks, die eherne
Schlange und die Darbringung Isaaks sehr
wirkungsvoll darstellen. — Das Retabel ist aus
schwarzem Marmor gebildet, und je eine grofse
Hinterglasmalerei-Tafel flankiert das aus Panzer-
eisen doppelwandig geschmiedete Tabernakel
mit seinen beiden vergoldeten Kupfertüren, die
i je eine eingravierte Seraphimfigur schmückt.
Die beiden Glastafeln sind auf der Rückseite
! in ebenso effektvoller wie solider Technik mit
I den Darstellungen des Auszugs aus Ägypten,
i des dem Felsen Wasser entlockenden Moses,
des Mannaregens und des Hohenpriesters im
Allerheiligsten bemalt. Die aus Holz geschnitz-
ten niedrigen Leuchterbänke darunter sind lose
vorgestellt, der Rosettenwulst darüber ist aus
Kalkstein gebildet, aus schwarzem Marmor die
Hauptdeckplatte, die den in Eichenholz sehr
reich und künstlerisch ausgeführten, in Glanz-
und Mattgold (von Rosenthal in Köln) bemalten
Aufbau trägt. Die vier grofsen sitzenden Fi-
guren stellen (in Wahrung lokaler Interessen)
die Heiligen Margaretha, Hippolytus, Katharina
und Suitbertus dar, deren Namen auf den Spruch-
bändern der darüber in den Frontispizen ange-
brachten Engelreliefs verzeichnet sind. — Der
breite mächtige Aufsatz ruht seitlich auf zwei
Marmorsäulen, die den Zusammenhang des
Ganzen vorzüglich wahren und bewirken;
die beiden in piano freistehenden Holzsäulen
mit Engelfigur, durch gemusterte Seiden-
gewebe mit dem Altaruntersatz verbunden,
tragen noch mehr zur Eingliederung in das Chor
bei, die ganze Silhouette ungemein glücklich
abschliefsend, worauf es bei jeder Altar-, nament-
lich Hochaltar-Anlage vornehmlich ankommt.

S c h n U l g e n.
 
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