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Zeitschrift für christliche Kunst — 16.1903

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Beissel, Stephan: Die Kalkarer Bildhauer: auf dem Wege von der Gotik zur Renaissance
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https://doi.org/10.11588/diglit.4075#0225

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357

1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

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Douvermann 7 Gulden und 2 Albus; andere
erhielten Geld, weil sie ihm auf Kosten der
Bruderschaft zwei Schweine, Malz und Weizen
geliefert hatten.9) Da der Schmerzensaltar
1522 durch den Weihbischof von Cöln kon-
sekriert wurde, dürfte dessen Aufsatz damals
wohl vollendet gewesen sein. Trotzdem ist
die Bekrönung erst 1528 hinzugekommen; denn
in diesem Jahre meldet die Kirchenrechnung
(S. 184) Heinrich Douverman habe 6 Gulden
erhalten für „onser liever Frouwen in der
Soennen" d. h. für das im Strahlenglanze der

welcher hoch oben zwei weitere Engel auf
Fialen stehen.

Alle Beurteiler sind einig im uneinge-
schränkten Lobe der technischen Meisterschaft,
womit vor allem der Stammbaum gearbeitet
ist. Die Gruppen enthalten vollrund ausge-
führte Figuren aus Eichenholz. Der Meister
verzichtete von Anfang an auf eine Polychro-
mie, mufste darum stärkere Licht- und Schatten-
wirkungen in sein Werk bringen. Er hat es
nach gehöriger Austrocknung mit Firnis über-
zogen, um es gegen Feuchtigkeit und Würmer

Sonne oben auf der Spitze des Aufsatzes j besser zu schützen. Das Innere der Augen
stehende Bild der Gottesmutter (Abb. 2). 1 hob er mit weifser und schwarzer Farbe hervor.

Eine eingehende
Beschreibung des Al-
tares ist hier unnötig,
weil sie öfter gegeben
worden ist.10) Es ge-
nügt, daran zu erin-
nern, dafs um ein äl-
teres, verloren ge-
gangenes Bild der
Schmerzensmutter in
figurenreichen Reliefs
folgende Szenen ge-
schildert sind: 1. Christi
Darstellung im Tem-
pel, wobei Simeon zu
Maria sprach: „Deine
Seele wird ein Schwert
durchdringen", 2. die
Flucht nach Ägypten,
3. wie Jesus, der von
Maria mit Schmer-

Wahrscheinlich hat er
auch die Lippen rot
gefärbt. Die Tracht
der dargestellten Per-
sonen schliefst sich an
die damals am Nie-
derrhein beliebte Mode
an. Die Schuhe enden
vorne in einer sehr
stumpfen Bogenlinie.
Sehr verschiedenartig
sind die breiten Mützen
der Männer und die
hohen Hauben der
Frauen gebildet, doch
tragen Maria und ihre
nächsten Begleiterin-
nen über den Kopf
gelegte schleierartige
Tücher. Johannes d. E.
hat immer langes

zen gesucht wird, im Abb. 2. Marienbild aus der Bekrönung des Altares der Lockenhaar und bleibt
rr> , , sieben Schmerzen zu Kaikar. , „ ,, , ,

Tempel unter den Von Heinrich Douvermann. 1528. ohne Kopfbedeckung.

Die Falten verlaufen
gern parallel und halten lange dieselbe Richtung
ein, gewinnen aber bei kuieenden und sitzenden
Personen natürlich mehr Abwechslung. Sie sind
noch oft dreieckig und geknittert, häufiger jedoch
bogenförmig, lassen die Formen des Körpers
genügend hervortreten und folgen denselben.
Die Männer haben stark hervortretende Backen-
knochen und, wenn sie bartlos sind, wie die
Frauen, ein stark hervortretendes Kinn. Die
Gesichter sind sehr verschiedenartig, individuell,
jedoch selten edel. Weil Douvermann eben
") Wol ff, »Geschichte« 140. Leute seiner Umgebung ais Vorbilder benutzte,

'») Wolff, »Die St. Nikolai.Pfarrkirche zu Cal- . cniefshiirperlirh und kleinstädtisch

car«, Calcar 1880, S. 76 f.; »Geschichte der St.dt lSt alleS spießbürgerlich und KleinstäCUlSCn.

Calcar«, 100f.; Clemen, »Kunstdenkmäler. I, 62f., In den Hintergründen sind Berge, Bäume und

woselbst die weiure Literatur nachgewiesen ist. Bauten klein dargestellt, fast nur angedeutet,

Lehrern thront, 4. wie
Maria ihrem Sohne auf dem Kreuzweg folgt
(Abb. 1), 5. wie sie unter dessen Kreuz
steht, 6. bei der Abnahme vom Kreuze, 7. beim
Begräbnisse bittere Tränen vergiefst. Wie im
Marienaltare zu Kleve ist in der Predella sowie
in der Kehle des Schreines der Stammbaum
Jesses ausgeschnitzt. Auf dem Schrein aber
zeigt eine Sibylle dem Kaiser Augustus, ein
Engel aber dem Evangelisten Johannes die mit
der Sonne bekleidete Gottesmutter, neben
 
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