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Zeitschrift für christliche Kunst — 16.1903

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Beissel, Stephan: Die Kalkarer Bildhauer: auf dem Wege von der Gotik zur Renaissance
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https://doi.org/10.11588/diglit.4075#0226

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359

1903. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.

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weil das Hauptgewicht auf das Figürliche gelegt
ist. Genrehafte Züge findet man in vielen
Gruppen. Trefflich ist z. B. bei der Flucht
nach Ägypten das Heranschleichen zweier
Räuber, und bei der Kreuzigung das Treiben
übermütiger Söldner und Knappen beobachtet
und wiedergegeben. Frisches Leben bringt in
alle Darstellungen Bewegung und Wechsel.
Alles geht zwar noch voran im Geleise der
spätgotischen Kunst, aber ein Suchen nach
neuen Formen ist doch unverkennbar. Fleifsige
Gewandstudien bewahren den Meister vor
schematischen, eintönigen Falten und er neigt
sich immer mehr dazu, statt dreieckiger ge-
schwungene Falten zu geben. Das zeigt sich

gewesen sei. Allem Anschein nach war es der
Schrein des Altares der hl. Crispin und Cris-
pinian, der Patrone der Zunft der Schuhmacher
und Lohgerber, bei dem 1517 eine Vikarie
gestiftet wurde. Im Schrein standen die Sta-
tuen der beiden genannten Heiligen neben
einem mit stofflichen Gewändern bekleideten
Marienbild, das wohl 1698, als die Flügel des
Älteres erneuert wurden, dorthin gestellt wurde.
Diese Flügel und die Bilder der Predella sind
seit 1818 am Annaaltar verwendet, die beiden
Statuen der Patrone stehen auf dem in reichem
Renaissancestil ausgeführten, weiter unten zu
behandelnden Dreifaltigkeitsallar. Ihr Falten-
wurf gleicht so sehr demjenigen der hl. Vero-

Abb. 3. Die Kr ö nung Marias. Aus dem Marienaltare
zu Xanten. Von Heinrich Douvermann. 1536.

schon, wenn man die Gruppe der Kreuz-
tragung (Abb. 1) mit dem etwa 10 Jahre später
entstandenen Marienbilde (Abb. 2) vergleicht,
das den Schrein krönt.

Nach Vollendung des Altares der sieben
Schmerzen blieb Douvermann in Kaikar. Er
zahlte nach Ausweis der Kirchenrechnung von
1524 (S. 83) der Kirche 0 Gulden Miete, diese
aber liefs in dem genannten Jahre sowie 1528
in seinem Hause auf ihre Kosten Verbesserungen
anbringen. Auch in der 1527 aufgestellten
Liste der Bürger, welche Beiträge zu einem
„Bollwerk an der Aldenkalkarschen Pforte"
zahlten, wird Douvermann genannt. Wolff be-
hauptet, der Meister habe „damals an einem
andern Altare der Pfarrkirche gearbeitet",11)
ohne jedoch anzugeben, was dies für ein Altar

") »Geschichte der Stadt Cakar« 140.

Abb. 4. Die Verkündigung. Aus dem Marienaltare
zu Xanten. Von Johann Douvermann. 1536.

nika und des Simon von Cyrene in der
Gruppe der Kreuztragung (Abb. 1) im Altare
der sieben Schmerzen, dafs sie mit ziemlicher
Sicherheit dem Douvermann zugewiesen werden
dürfen.12)

Nach Clemen18) vollendete der Meister um
diese Zeit eine Darstellung der Geburt Christi,
welche ins Erzbischöfliche Museum zu Utrecht
gelangte, und eine schön ausgeführte, unbe-
malte Grablegung aus Eichenholz zu Uedem im
Kreise Kleve.

■*) A. a. O. 26, 75, 85, 87 und 99; »Die St. Ni-
kolai-Pfarrkirche« 43. Beachtenswert ist auch, dafs
das reiche Haar der genannten Heiligen so gebildet
ist, wie dasjenige des neben der hl. Veronika stehen-
den hl. Johannes. Überdies trägt ein hinter dem
hl. Johannes stehender Mann eine eigenartige Mütze,
die von derselben Form ist wie die Mütze des heil.
Crispin.

ls) »Kunstdenkmäler d. Rheinprovinz« I, 488, 574.
 
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