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Zeitschrift für christliche Kunst — 24.1911

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Tafel I
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Witte, Fritz: Ein Wort über den Einfluß der englischen Stickkunst im Mittelalter
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https://doi.org/10.11588/diglit.4275#0015

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1911. _ ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. I.

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einmal etwas aufgenäht war. Nach sorg-
fältiger Untersuchung stellte sich heraus, daß
die Streifen, welche die einzelnen Felder von
einander trennen, Inschriften enthalten in
Majuskelbuchstaben, in Goldfäden gelegt.
Mit Sicherheit lese ich folgende Namen:
5. THOMAS, S. GERTRUDI(S), S. SIMON,
S. FAUSTA, S.
JACOBUS.SEVE-
RINUS, S. ANG-
NES. Das sind
die Namenbezeich-
nungen der Heili-
gen, deren Bilder
auf den Feldern
standen. Da letz-
tere knapp 5 cm
hoch sind, ist an
gestickte Figuren
unter keinen Um-
ständen zu denken,
wohl aber an solche
aus getriebenem
oder gestanztem
Metall, wenn nicht
gar aus Elfenbein.
Wie vornehm fein
müssen sie einmal
mit dem golddurch-
setzten Grün und
Lachsrot zusam-
men geklungen
haben, in der feier-
lichen, ruhigen
Wiederholung der
teppichartigen Fel-
der, deren Archi-
tekturen durch die
Figürchen erst ihre
volle Berechtigung
erlangten, in der
ruhigen Begleitung
der reizvollen Blu-
menranke mit den
Perlenröschen und
goldenen Blättern, getrennt von dieser durch
eine blau-goldene Kordel.

Es sei mir verstattet, für das besprochene
prächtige Parament den Versuch zu machen,
zeitlich und örtlich es festzulegen. — Vorder-
und Rückenstab liegen zeitlich auseinander,
gehören also nicht zusammen, beide sind nach-
träglich auf den silbergrünen Samtstoff ge-

bracht, der ursprünglich, wie auf der Tafel
ersichtlich, ein Gabelkreuz aufwies. Man ist
gewohnt, die in Deutschland auftauchenden
Perlenstickereien als sächsische Arbeiten
bezeichnet zu sehen, wohl deshalb, weil die
zeitweilige Kunstzentrale dieser Gegend und
Besitzerin des Löwenanteiles mittelalterlicher

Paramente, die
Kathedrale zu Hal-
berstadt, eine An-
zahl hervorragen,
der Perlstickereien
bewahrt. Und ob
all" diese Sachen
in Halberstadt ent-
standen sind? Ich
für mein Teil glaube
nicht daran. Man
soll solche Arbeiten
nicht einzig auf
die einem Lande
eigene Technik hin
auch diesem Lande
zuschreiben, zu-
viele andere Er-
scheinungen kom-
men hinzu, die
ausschlaggebender
sind als die Tech-
nik allein, die über-
all hin verpflanzt
werden kann. In
erster Linie sind
es konographische
und mehr noch
stilistische Eigen-
arten, die sicherer
als alles andere
unmittelbar neben
historischen No-
tizen ausschlag-
gebend sind. Un-
sereKasel mit ihrem
Rückenstab sei
hier das treffliche
Muster, an dem wir einer sicheren Beurteilung
ähnlicher Arbeiten näherkommen. Perlen-
sticker gab es in Deutschland, in Frankreich,
besonders aber in England. Als typische
Ausschnitte aus Inventaren usf. Englands und
Frankreichs gebe ich einige Notizen: Im
Inventar von S. Siege heißt es a. 1205 . . .
unum repositorium de opere anglicano ad
 
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