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Zeitschrift für christliche Kunst — 24.1911

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Podlacha, Ladislaus: Abendländische Einflüsse in den Wandmalereien der griechisch-orientalischen Kirchen in der Bukowina, [1]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4275#0121

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203

191!

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 7.

204

auf Athos befindlichen Wandmalereien als
solche, so bemerkt man sofort, daß der
abendländische Einfluß hier einen breiten
Raum einnimmt und sich auch in den besten
Leistungen der neueren Zeit, nämlich in den
Malereien des Protatons in Karyais wider-
spiegelt. Angeblich vom Meister Manuel
Panselinos in den Jahren 1535—36 entworfen
und ausgeführt, sind diese Malereien trotz ihrer
scheinbar stilgerechten Ausführung das beste
Beispiel für die innige Verschmelzung zweier
Welten und zweier Gedankenkreise in der
Kunst. Der erste, der die protato-
nischen Malereien schon von diesem
Standpunkte aus betrachtete, war
J. P. Richter; seine nur intuitiv ge-
wonnene Ansicht, daß eine Anzahl
von Heiligenfiguren aus dem Schema
echt byzantinischer Auffassung ganz
herausfällt und auch in der Technik
einen zarten Farbenschmelz von
hoher Leuchtkraft zeigt3), fand volle
Bestätigung und wissenschaftliche
Ergänzung in den Forschungen
Kondakows. Dieser um die byzan-
tinische Kunstgeschichte so hoch-
verdiente Gelehrte führte in anschau-
licher Weise eine Zahl von Beispielen
an, um zu zeigen, wie die abend-
ländische, insbesondere die venezia-
nische Malerei auf die Invention
und auf das bessere Verständnis der
Formen bei dem griechischen Meister
einwirkte. So ist z. B. das über der
Tür des Kirchenraumes gemalte
Bild „Der wachende Emmanuel" als
Thema zwar echt byzantinisch, die
Anordnung aber und die schöne
Formung des Ganzen beweisen zur
Genüge, daß Panselinos, auf die Leistungen
des strengen byzantinischen Stils des X. und
XI. Jahrh. mit vollem Bewußtsein zurück-
greifend, in Wirklichkeit mit den venezia-
nischen Vorbildern vertraut war und den
letzteren seine Schulung verdankte4). Dank
dieser Schulung war ihm auch gegönnt, die
Aufgaben seiner Kunst so geistvoll zu lösen.

') Richter J. P., »Abendländische Malerei und
Plastik in den Ländern des Orients«, Zeitschrift für
bildende Kunst, hrsg. von Prof. C. v. Lfltzow
(Leipzig 1878), Bd. XIII S. 206.

*) Kondakow N., »Die Denkmäler der christ-
lichen Kunst auf dem Athos« (St. Petersburg 1902,
russisch), S. 55 ff.

Abb. 8. Woronetz

Der hl. Theodor.

(Pronaos.)

Was er getan, galt als musterhaft, und
mancher Maler hat sich an den Werken dieses
„wie der Mond leuchtenden" Meisters heran-
gebildet6).

Auch die Maltechnik des Panselinos blieb
nicht unberührt von der Art der italienischen
Schulen. Für einen Neuerer auf dem Gebiete
der Technik, wie das aus dem wertvollen
Werke E. Bergers erschlossen werden kann6),
wird man ihn gewiß nicht halten. Manche
von ihm festgestellten und seiner Erfindungs-
gabe zugeschriebenen Anweisungen (insbe-
sondere die Art, Fleisch zu malen)
dürfen schwer von ihm stammen.
Die auffallende Übereinstimmung
der Anweisungen sowohl bei Panse-
linos als auch bei den italienischen
Malern legt die Ansicht nahe, daß
Panselinos seine Kenntnisse eher den
Italienern als den älteren byzan-
tinischen Meistern verdankte, was
um so mehr an Wahrscheinlichkeit
gewinnt, wenn man bedenkt, daß er
schon als Schöpfer der Malereien
im Protaton nach den neueren An-
schauungen unmöglich vor dem
XVI. Jahrh. wirken konnte.

Auf manche andere Beispiele der
italienischen Einwirkung hat Richter
und Brockhaus aufmerksam gemacht.
So wird z. B. die figurenreiche Szene
des Kindermordes in der Athana-
sioskirche zu Lawra vom Jahre 1535
außerordentlich lebendig geschildert,
aber die abweichend kostümierten
und stark bewegten Figuren in der
Mitte des Bildes sind eine Kopie
der mittleren Gruppe aus Marcan-
tonios Stich nach Raffaels Zeichnung,
und der Vergleich mit dem Original lehrt, daß
selbst die Anordnung der Gewandung treulich
beibehalten ist7). Auch in den analogen Szenen
des Kindermordes zuKutlumusi vom Jahre 1540
und Dochiariu vom Jahre 1568 sind nach

') »Das Handbuch der Malerei vom Berge
Athos« aus dem handschriftlichen neugriechischen Urtext
übersetzt, mit Anmerkungen von Didron d. A. und
eigenen von G. Schäfer (Trier 1851)), S. 39 — 40.

6) Berger E., »Beitrüge zur Entwicklungs-Ge-
schichte der Maltechnik: (Jurllen und Technik der
Fresko-, Öl- und Tempera-Malerei des Mittelalters«
(München 1897), S. IX. 75, 87 89.

7) Richter, »AbendländischeMalerei und Plastik«
w. o. S 207.
 
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