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Zeitschrift für christliche Kunst — 24.1911

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Podlacha, Ladislaus: Abendländische Einflüsse in den Wandmalereien der griechisch-orientalischen Kirchen in der Bukowina, [2]
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https://doi.org/10.11588/diglit.4275#0149

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257

1911. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 8.

258

die in der Karwoche ertönen: „Beweine mich
nicht, Mutter, schauend im Grabe den Sohn ..."**)
Ein anderes Mal stehen dabei die Worte aus
der Proskomidie der hl. Liturgie: ,,In dem
Grabe warst du mit dem Leibe, in der Unter-
welt mit der Seele als Gott, im Paradiese aber
mit dem Räuber, wie auf dem Throne mit
dem Vater und dem Geiste . . ."K) Man sieht,
es herrscht in der Benennung des Bildes eine
Unsicherheit, was darauf zurückzuführen ist,
daß es nicht dem griechischen Kunstmilieu
entsprang, sondern direkt dem westeuropäischen
Gedankenkreise entnommen und in die Reihe
der echt byzantinischen Sujets eingestellt
wurde. Die Verpflanzung dieses Themas auf
den Boden der griechischen Klosterkunst war
nicht schwierig, man denke nur an die Beliebtheit,
mit welcher die Darstellung
der ihren Sohn beklagen-
den und umarmenden
Maria in den italienischen
Schulen des XV. Jahrh.
wiederholt behandelt wurde.
Man findet sie gewöhnlich
unter dem Namen „Pietä"
in mannigfacher Auffassung
bearbeitet, und zwar nicht
nur in deraltvenezianischen
Schule, die hier in erster
Linie in Betracht kommt,
sondern auch in Ferrara,
Verona, Florenz (Botticelli,
Fra Angelico, Donatello,
Familie Robbia); man
vergesse nicht, daß eine unzählige Menge von
derartigen Bildern auch in anderen Ländern
außerhalb Italiens entstanden ist. Der im Grabe
stehende Heiland, betrauert von seiner Mutter
oder von Engeln, wird zu einem recht be-
liebten Thema in den verschiedensten Schulen
und ist z. B. in den von Polen bewohnten
Gegenden Galiziens unter dem volkstümlichen
Mamen „Christus im Brunnen" bekannt2«).

M) »Fasten-und Blumen-Triodion« S. 628;
,pie Nachtwache der orthudox-katholischen Kirche
des Morgenlandes., deutsch und slawisch, von A. v.
Mahziw (Berlin 1892), S. 585-586.

»*) »Die göttlichen Liturgien unserer heiligen
Vliter«, deutsch und slawisch, von A. v. Maltzew
/Berlin 189(1), S. si ; »Liturgikon« von A. v.
Maltzew (Berlin 1902), S. 90: »Fasten- und
Blumcn-Triodion« S. 708-

*«) Mappe des Konservatoren-Vereines
für Wcstgalizien 'Krakau 190C, polnisch), Bd. II S. 27,
28, 323-

Abb. 9. Suczawüza, Christus
1 Südliche Außenwand.)

Als weiterer Beweis, daß in den Forschungen
auf dem Gebiete der byzantinischen Produktion
der Neuzeit die westeuropäische Kunst nicht
außer acht gelassen werden darf, mag noch
ein Fresko genannt werden, welches sich unter
den Martyrien des hl. Prokopius im
Pronaos der Kirche zu Badeutz befindet27).
Der Märtyrer hängt an einem Baumstamm,
mit Stricken befestigt, und ist mit einem
Lendentucli, wie Christus in der Szene der
Kreuzigung bekleidet (Abb. 6). Er hat das Haupt
nach links herabgesenkt und seinen rechten
Fuß über den linken gelegt, die Haltung des
nackten Leibes bei ihm ist also keine sym-
metrische, wie man ihr so oft in den byzan-
tinischen Martyrien begegnet, wodurch auch
die daraus fließende Monotonie vermieden
und eine gefälligere Ab-
wechslung in der ganzen
Anordnung erzielt wird.
Schon diese Tatsache muß
den Verdacht wecken, daß
dem Maler die Bilder mit
der Marter des hl. Seba-
stian als Muster vorschweb-
ten, und der Verdacht
wird zur Gewißheit, wenn
man sieht, wie die Henkers-
knechte dem Heiligen
glühende Pfeile in den
Leib bohren und einige
Äste hinter dem Leibe
an der Seite des Baum-
stammes herausragen.
Wir haben die wichtigsten Beispiele ange-
führt, um zu zeigen, in wie hohem Grade das
Abendland auf die Ikonographie der Buko-
winer Gemälde im XVI. Jahrh. einwirkte.
Die weniger vor Augen liegenden Erschei-
nungen dieser Einwirkung sind nicht näher
berücksichtigt worden. Zu solchen gehört auch
die Anhäufung von Personen und Episoden
in den Szenen der Anbetung und Verherr-
lichung verschiedener Art, z. B. in einer auf
der Westwand des Kirchenraumes zu Sucza-
witza befindlichen Apotheose der hl. Jungfrau

") Diese aus dem XVI. Jahrh. stammenden Fresko-
malereien wurden im Jahre 1790 übertüncht, und erst
im Jahre 1887 ging man daran, die verdeckten Malereien
allmählich wieder ans Tageslicht zu bringen. Die
Sporen der Beschädigung sind auch auf der neben-
stehenden Abbildung zu sehen. S. Mitteilungen
der k. k. Zen t ral-Komm ission Bd. 15 (1889),
S. 215, Notiz 160.
 
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