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Zeitschrift für christliche Kunst — 24.1911

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Steffen, Hugo: Kurfürst Kardinal Albertus und seine Bauten in Halle a. d. S.
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https://doi.org/10.11588/diglit.4275#0190

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1911. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 11.

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den vierziger Jahren verändert wurden. Auch
der Chor der Kollegienkirche zeigte ursprüng-
lich andere Formen. Die Funktion der Uni-
versität währte jedoch nicht lange, denn als
der für Kunst und Wissenschaft begeisterte
und hochverdiente Kardinal Halle verlassen
mußte, ging sie ein und wurde erst 1694,
nachdem die Stadt 1680 an Brandenburg ge-
kommen war, wieder neu gegründet. Im
Jahre 1547 nahm Kaiser Karl V. zwölf Tage
in den Räumen des Kollegiengebäudes Quartier,
aber erst durch Herzog Augustus, der seine
ständige Residenz hier aufschlug, erhielt das
Gebäude seinen jetzigen Namen „Residenz".

hervorragendes, äußerst fein abgestimmtes
Städtebild.

Der 1418—1506 in der Mitte des Platzes
freistehend errichtete sog. rote Turm, ein
italienischer campanile von echt deutschen
Formen, besteht außer dem in Kupfer ein-
gedeckten Holzhelm ganz aus Pirnaischem
Sandstein, und die Inschrift des Turmknopfes
„Zum Lobe des allmächtigen Gottes und der
ganz unbefleckten Jungfrau Maria, auch aller
himmlischen Bürger, sowie zur Zierde der hoch-
berühmten Stadt Halle und alles dessen, was zu
ihrer Gemeinde gehöre und selbst der Umgegend",
gibt uns den Zweck seines Baues an. Auf

Hof der alten Universität.

Das Hervorragendste, was der Kardinal |
schuf, ist die Umgestaltung des Marktplatzes
der Stadt. Hier begegnen wir ihm als weit-
blickenden Fürsten und Städtebaukünstler.

Abweichend von den übrigen alten Markt-
plätzen deutscher Städte steht der von Halle
wohl einzig da durch seinen in der Mitte des
Platzes frei emporstrebenden, mächtigen campa-
nile, umrahmt von der in vier Türme hinein-
gebauten Marienkirche und dem ehrwürdigen,
leider durch eine Restauration vor 30 Jahren
verunstalteten Rathaus mit Kapelle. Hieran
schlössen sich noch bis vor kurzem stolze
Frührenaissancebauten deutschen Bürgertums,
die unter der Initiative des Kardinals in
Übereinstimmung mit den umliegenden Monu-
mentalbauten ausgeführt wurden. Zusammen
bilden diese Bauten ein architektonisch

einem länglich viereckigen Pfahlrostfundament
erhebt sich der mächtige Mauerkörper und
setzt sich über dem Gurtgesims in einem
Achteck fort, dessen Seiten von Fenstern oder
Schallöchern mit schönem Maßwerk unter-
brochen werden, während jede der stumpfen
Ecken mit starken Rundstäben, die in den
obersten Geschossen in Fialen übergehen, be-
setzt ist. Der prächtige Turmhelm aus Holz
mit Kupfereindeckung bildet zu unterst ein
gleichmäßig abgewalmtes Satteldach, auf dessen
Dachschräge sich an den vier Ecken zierliche
Türmchen erheben, überragt von dem Dach-
reiter in originellem Aufbau, dessen hohe Spitze
ein Knopf mit 246 aufstrebenden Stacheln
ziert. Bis auf einige niedere Anbauten hat
der Turm sich noch unverändert erhalten.
— Die gegenüberliegende Marienkirche ent-
 
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