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1911. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.
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mancherorts die Übersichtlichkeit empfindlich stören,
zumal sie ganz ungleichmäßige Behandlung erfuhren.
Zugleich geht der Verfasser vielfach über den Rahmen
seines Themas hinaus, indem er auch die Archäologie
zu Worte kommen läßt, nicht eigentlich zum Schaden
des Buches. Diehl findet sich zunächst in umfassender
Weise mit den Theorien Strzygowskis ab; er läßt uns
aber im Grunde im unklaren darüber, wozu er sich
selbst bekennt; es mag ja auch verfrüht sein, in diesen
Fragen sich bereits festzulegen. Immerhin werden uns
besonders im 3. Abschnitt am Schluß die Richtlinien
gezeichnet, welche der byzantinische Einfluß bis zur Mitte
des XIII, Jahrh. genommen hat. Daß allerlei Un-
genauigkeiten in dem Abschnitt ,,1'ecole germanique"
unterlaufen, ist bei der Weitschichtigkeit des Materiales
begreiflich. Ob man nun Köln gerade den „Mittel-
punkt der Rheingegenden" nennen kann, „in denen
die doppelchörige auf Byzanz zurückgehende Anlage
der Kitchen zu Hause war", sei dahingestellt, Rahlgens
hat in seinen Bau- und Kunstdenkmälern duser Frage
auch genügende Aufmerksamkeit geschenkt und Klar-
heit geschaffen. Auch der in Hildesheim zweimal sich
bemerkbar machende Einfluß von Ostrom ist nicht
klar genug herausgearbeitet. Sonst ist die bis 1910
erschienene Literatur genügend herangezogen, ohne daß
der Verfasser sein eigenes Urteil zurückgestellt unter
dem Einflüsse fremder Forschungstheorien ; sichere Er-
gebnisse hat er stets in seine Arbeit eingestellt.
Die Ausstattung des Buches läßt mancherlei zu
wünschen übrig, zumal was den notwendigsten Apparat
des Illustraüonsmateriales angeht. Darin übertrifft die
Aibeit Daltoi s bei weitem das französische Handbuch.
Dal ton hat uns ein durchsichtig geschriebenes
Handbuch der byzantinischen Kunst und Archäologie
geschenkt, für d;<s wir ihm nicht genug danken können.
Zuverlässig bis ins kleinste ist der Text, erschöpfend
der wissenschaftliche Apparat, der herangezogen wird.
Selbst unscheii.bare verstohlene Aufsätze sind hergeholt
und nutzbar gemacht. Der Text ist unterstützt durch
ein prächtiges Illuslralionsmaterial, das zudem — wie
auch in Diehls Arbeit — außerordentlich viel Neues
bietet. Dalton nin mt die einzelnen Kunstzweige vor
und behandelt sie zusammenhängend durch alle Perioden
durch, so daß man eigentlich nie den Faden verliert
und sich nicht an Ineinanderschachtelungen abzuquälen
braucht Präzise baut er auf, zeichnet geographische
wie geschichtliche Verhältnisse klar hin und bringt
zu ihnen die jeweiligen Erscheinungen auf künstlerischem
Gebiete in engste Beziehung. Dadurch bekommen alle
seine Deduktionen etwas Selbstverständliches und Über-
zeugendes, wenn man ihnen hie und da auch in un-
bedeutenden Einzelheiten keinen Glauben schenken
mag. Daltons Buch ist ein Handbuch im wahrsten
Sinne des Wortes, als Nachschlagewerk von großer
Brauchbarkeit. Eine solche Literaturübersicht wie Dalton
kann nur der haben, dem eine Bibliothek zur Ver-
fügung steht, wie die Londoner Museen sie besitzen.
Ein weiterer Vorzug der Arbeit Daltons liegt darin,
daß er mit einer gewissen Ruhe an alle die modernen
Hypothesen herantritt, die heute um die byzantinische
Fragesich geradezu auftürmen. Der bezwingende Über-
blick des Verfassers über seinen ausgedehnten Stoff
ermöglicht ihm, jedesmal auch einen befriedigenden
Entscheid zu geben. Wertvoll sind besonders auch
die ausführlichen ikonographischen Übersichten, die
Dalton am Schlüsse seines Buches gibt, in denen er
historische wie reine Andachtsbilder vor uns hinzeichnet,
wie sie in der byzantinischen Kunstgeschichte sich
entwickeln. Auch hier wieder derselbe peinlich zu-
sammengebrachte literarische Apparat, der in Einzel-
fällen die Nachprüfung und das Einzelstudium ermöglicht.
Die Ausstattung entspricht ganz den hohen Quali-
täten des Textes. Daltons Buch sei angelegentlichst
empfohlen. Witte.
Mainzer Zeitschrift. Zeitschrift des römisch-
germanischen Zentralmuseums und des Vereins für
Erforschung der rheinischen Geschichte und Alter-
tümer. (Direktion des Römisch-Germanischen Zentral-
museums.) Mainz (Wilkens, Komm.).
Der uns vorliegende 5. und 6. Jahrgang der Mainzer
Zeitschrift bietet, wie auch in den Vorjahren, eine
große Menge Materiales aus den verschiedensten ge-
schichtlichen Gebieten. Mag die Zeilschrift an sich
einen lokal gefärbten Charakter haben, Mainz als alte
bedeutende Kulturstätte beherrscht eine weite Länder-
strecke, und deshalb interessieren die dort gemachten
Funde auch weit über die Stadtmauern hinaus. Der
Inhalt der Jahrgänge ist recht vielseitig; nicht nur die
immerhin an Bedeutung überwiegenden Ausgrabungs-
ergebnisse werden mitgeteilt; wie es einen lokal um-
grenzten Organ geziemt, kommen Kulturgeschichte,
Volks- und .Sprachenkunde gleichmäßig zu ihrem Rechte.
Es ist eine Zeitschrift für die Kultur der Rheinlande
und der benachbarten Gegenden. Gute Illustrationen
begleiten den Text. Witte.
Kühlens Kunstverlag hat den vor Jahresfrist
hier (XXIII, 319) angezeigten beiden Farben-
drucken der Lochnerschen Madonnen „mit dem Veil-
chen" und „im Rosenhag" die vielbesprochene„Wicken-
bl üte-M adonna" beigefügt, und in kurzem soll ihr
das Mittelstück des „Dombildes", die eigentliche
Glanzleistung der altkölnischen Malerschule folgen so
daß dann den Liebhabern dieser frommsinuigen anmuts-
vollen Richtung vorzügliche farbige Reproduktionen zu
wohlfeilem Preis zugänglich sind als schönster Zimmer-
schmuck. — Die neuesten Erstkommu n ion - A n -
denken derselben Anstalt bestehen in 1. dem be-
kannten Jesusknaben von Ittenbach, der im
Faksimile-Farbendruck (32 X 44) 30 Pf. (20 X 37) nur
18 Pf., in Tondruck mit Goldrand 15 Pf. kostet.
Dieses liebliche Hüftbild des segnenden Knaben wirkt
in farbiger Wiedergabe auf zart gemustertem Goldgrund
sehr sympathisch, obwohl es nicht unmittelbar an die
hl. Kommunion erinnert. — 2. in dem Querbild
der zur hl. Kommunion niederknienden, von Vater
und Mutter wie von Meßdienern gefühlten Knaben
und Mädchen, denen der Heiland als Hoherpricster,
mit Kelch und Hostie in der Hand, von Engeln be-
gleitet, entgegenzieht in einer Halle der Frührenaissance,
in deren Formen der Maler von Felsburg die figuren-
reiche feierliche Komposition gehalten hat. Sie wird,
zumal in derselben mäßigen Preislage, vielfachen Zu-
spruch linden. Schnütg-n.
1911. — ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST — Nr. 12.
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mancherorts die Übersichtlichkeit empfindlich stören,
zumal sie ganz ungleichmäßige Behandlung erfuhren.
Zugleich geht der Verfasser vielfach über den Rahmen
seines Themas hinaus, indem er auch die Archäologie
zu Worte kommen läßt, nicht eigentlich zum Schaden
des Buches. Diehl findet sich zunächst in umfassender
Weise mit den Theorien Strzygowskis ab; er läßt uns
aber im Grunde im unklaren darüber, wozu er sich
selbst bekennt; es mag ja auch verfrüht sein, in diesen
Fragen sich bereits festzulegen. Immerhin werden uns
besonders im 3. Abschnitt am Schluß die Richtlinien
gezeichnet, welche der byzantinische Einfluß bis zur Mitte
des XIII, Jahrh. genommen hat. Daß allerlei Un-
genauigkeiten in dem Abschnitt ,,1'ecole germanique"
unterlaufen, ist bei der Weitschichtigkeit des Materiales
begreiflich. Ob man nun Köln gerade den „Mittel-
punkt der Rheingegenden" nennen kann, „in denen
die doppelchörige auf Byzanz zurückgehende Anlage
der Kitchen zu Hause war", sei dahingestellt, Rahlgens
hat in seinen Bau- und Kunstdenkmälern duser Frage
auch genügende Aufmerksamkeit geschenkt und Klar-
heit geschaffen. Auch der in Hildesheim zweimal sich
bemerkbar machende Einfluß von Ostrom ist nicht
klar genug herausgearbeitet. Sonst ist die bis 1910
erschienene Literatur genügend herangezogen, ohne daß
der Verfasser sein eigenes Urteil zurückgestellt unter
dem Einflüsse fremder Forschungstheorien ; sichere Er-
gebnisse hat er stets in seine Arbeit eingestellt.
Die Ausstattung des Buches läßt mancherlei zu
wünschen übrig, zumal was den notwendigsten Apparat
des Illustraüonsmateriales angeht. Darin übertrifft die
Aibeit Daltoi s bei weitem das französische Handbuch.
Dal ton hat uns ein durchsichtig geschriebenes
Handbuch der byzantinischen Kunst und Archäologie
geschenkt, für d;<s wir ihm nicht genug danken können.
Zuverlässig bis ins kleinste ist der Text, erschöpfend
der wissenschaftliche Apparat, der herangezogen wird.
Selbst unscheii.bare verstohlene Aufsätze sind hergeholt
und nutzbar gemacht. Der Text ist unterstützt durch
ein prächtiges Illuslralionsmaterial, das zudem — wie
auch in Diehls Arbeit — außerordentlich viel Neues
bietet. Dalton nin mt die einzelnen Kunstzweige vor
und behandelt sie zusammenhängend durch alle Perioden
durch, so daß man eigentlich nie den Faden verliert
und sich nicht an Ineinanderschachtelungen abzuquälen
braucht Präzise baut er auf, zeichnet geographische
wie geschichtliche Verhältnisse klar hin und bringt
zu ihnen die jeweiligen Erscheinungen auf künstlerischem
Gebiete in engste Beziehung. Dadurch bekommen alle
seine Deduktionen etwas Selbstverständliches und Über-
zeugendes, wenn man ihnen hie und da auch in un-
bedeutenden Einzelheiten keinen Glauben schenken
mag. Daltons Buch ist ein Handbuch im wahrsten
Sinne des Wortes, als Nachschlagewerk von großer
Brauchbarkeit. Eine solche Literaturübersicht wie Dalton
kann nur der haben, dem eine Bibliothek zur Ver-
fügung steht, wie die Londoner Museen sie besitzen.
Ein weiterer Vorzug der Arbeit Daltons liegt darin,
daß er mit einer gewissen Ruhe an alle die modernen
Hypothesen herantritt, die heute um die byzantinische
Fragesich geradezu auftürmen. Der bezwingende Über-
blick des Verfassers über seinen ausgedehnten Stoff
ermöglicht ihm, jedesmal auch einen befriedigenden
Entscheid zu geben. Wertvoll sind besonders auch
die ausführlichen ikonographischen Übersichten, die
Dalton am Schlüsse seines Buches gibt, in denen er
historische wie reine Andachtsbilder vor uns hinzeichnet,
wie sie in der byzantinischen Kunstgeschichte sich
entwickeln. Auch hier wieder derselbe peinlich zu-
sammengebrachte literarische Apparat, der in Einzel-
fällen die Nachprüfung und das Einzelstudium ermöglicht.
Die Ausstattung entspricht ganz den hohen Quali-
täten des Textes. Daltons Buch sei angelegentlichst
empfohlen. Witte.
Mainzer Zeitschrift. Zeitschrift des römisch-
germanischen Zentralmuseums und des Vereins für
Erforschung der rheinischen Geschichte und Alter-
tümer. (Direktion des Römisch-Germanischen Zentral-
museums.) Mainz (Wilkens, Komm.).
Der uns vorliegende 5. und 6. Jahrgang der Mainzer
Zeitschrift bietet, wie auch in den Vorjahren, eine
große Menge Materiales aus den verschiedensten ge-
schichtlichen Gebieten. Mag die Zeilschrift an sich
einen lokal gefärbten Charakter haben, Mainz als alte
bedeutende Kulturstätte beherrscht eine weite Länder-
strecke, und deshalb interessieren die dort gemachten
Funde auch weit über die Stadtmauern hinaus. Der
Inhalt der Jahrgänge ist recht vielseitig; nicht nur die
immerhin an Bedeutung überwiegenden Ausgrabungs-
ergebnisse werden mitgeteilt; wie es einen lokal um-
grenzten Organ geziemt, kommen Kulturgeschichte,
Volks- und .Sprachenkunde gleichmäßig zu ihrem Rechte.
Es ist eine Zeitschrift für die Kultur der Rheinlande
und der benachbarten Gegenden. Gute Illustrationen
begleiten den Text. Witte.
Kühlens Kunstverlag hat den vor Jahresfrist
hier (XXIII, 319) angezeigten beiden Farben-
drucken der Lochnerschen Madonnen „mit dem Veil-
chen" und „im Rosenhag" die vielbesprochene„Wicken-
bl üte-M adonna" beigefügt, und in kurzem soll ihr
das Mittelstück des „Dombildes", die eigentliche
Glanzleistung der altkölnischen Malerschule folgen so
daß dann den Liebhabern dieser frommsinuigen anmuts-
vollen Richtung vorzügliche farbige Reproduktionen zu
wohlfeilem Preis zugänglich sind als schönster Zimmer-
schmuck. — Die neuesten Erstkommu n ion - A n -
denken derselben Anstalt bestehen in 1. dem be-
kannten Jesusknaben von Ittenbach, der im
Faksimile-Farbendruck (32 X 44) 30 Pf. (20 X 37) nur
18 Pf., in Tondruck mit Goldrand 15 Pf. kostet.
Dieses liebliche Hüftbild des segnenden Knaben wirkt
in farbiger Wiedergabe auf zart gemustertem Goldgrund
sehr sympathisch, obwohl es nicht unmittelbar an die
hl. Kommunion erinnert. — 2. in dem Querbild
der zur hl. Kommunion niederknienden, von Vater
und Mutter wie von Meßdienern gefühlten Knaben
und Mädchen, denen der Heiland als Hoherpricster,
mit Kelch und Hostie in der Hand, von Engeln be-
gleitet, entgegenzieht in einer Halle der Frührenaissance,
in deren Formen der Maler von Felsburg die figuren-
reiche feierliche Komposition gehalten hat. Sie wird,
zumal in derselben mäßigen Preislage, vielfachen Zu-
spruch linden. Schnütg-n.