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Zeitschrift für christliche Kunst — 33.1920

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Witte, Fritz: Der Wille zur Tat
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https://doi.org/10.11588/diglit.4307#0024

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Nr. 1/2 ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST. J5

schlimmer wie in der kirchlichen Kunst, jedenfalls macht es sich nirgends mehr
fühlbar. Und doch sollte gerade hier die Einheitlichkeit, die Einstellung auf einen
einzigen zielsicheren Gedanken die Herrschaft führen. Unternehmerkunst vom
Bau bis zur letzten Terrakottastatue, und der Geistliche merkt es nicht mehr,
daß sein Kirchenschmuck seiner ersten Fähigkeit entkleidet wurde: der der diszi-
plinierten Einwirkung auf die Massen. Bewußtlos ist die Kunst geworden, be-
sinnungslos, da sie nicht mehr auf ein Ziel losgeht, auf das Ziel bewußten Kunst-
wollens, bewußter architektonischer Gesamtwirkung, bewußter Einstellung auf
das Leben von heute. Wo ist das notwendiger als in der kirchlichen Kunst?!

Wir sind denn doch nicht die einzigen, die überzeugt sind, daß es not-
wendig war, daß die Kriegsfurie Scherbenberge schuf, daß sie wie ein Gewitter
luftreinigend über unsere Scheinkultur kam und sengend und brennend unsere
Lust- und Luftschlösser niederlegte. Nun die Not über uns kam, werden wir uns
gar bald auf das Notwendige auch besinnen müssen; auch in der Kunst. Alle
Spielerei, alle Atelierkunst wird bald lebensunfähig werden; denn an die Stelle
von Gold legte das Schicksal uns Eisen auf den Arbeitstisch. Leben hat in Zukunft
nur das, was für das Leben ist und aus dem Leben geboren; auf dem Gebiete der
Kunst ist das die angewandte Kunst. Mit ihr allein sollte auch die Kirche rechnen.
Disziplinierte Organisation ist da vonnöten.

Wir wollen sie schaffen helfen, hier in Köln. Deshalb auch ist es gar nicht merk-
würdig, daß die Stadtverordnetenversammlung dem Plane der Errichtung eines
Instituts für kirchliche Kunst sozusagen einmütig zustimmte.

Es hieße Wasser in den Brunnen tragen, wollten wir hier den Gedanken recht-
fertigen, gerade in Köln eine solche Einrichtung zu treffen. Der Boden ist historisch
als fruchtbar erwiesen, er dampft von Empfindung und Tradition für höchste
religiöse, kirchliche Kunst. Viele andere Vorteile sprechen für die Wahl des Ortes
außer der Tradition: die zentrale wirtschaftliche Bedeutung der Stadt, die gerade-
zu ungeheuer reichen Quellen und Studiengelegenheiten, die sich in Kirchen und
Museen wie nirgends anderswo aufdrängen, das Vorhandensein einer maßgebenden
kirchlichen Behörde, mit der engster Anschluß gesucht werden muß für alle Zeiten,
die zentrale Lage Kölns als eines Treffpunktes der für kirchliche Kunst inter-
essierten Kreise.

Das einzige Bedenken, das sich in gewissen Kreisen erheben könnte gegen
Kölns Streben nach einer stärkeren Pflege kirchlicher Kunst, liegt in der Tat-
sache der nahen Nachbarschaft der Kunstakademie zu Düsseldorf. Wer aber den
Akademiebetrieb kennt und unseren Organisationsplan erfaßt, unsere Ziele und
unsere Wege, der wird bald erkennen, daß Köln wesentlich andere Wege zu gehen
beabsichtigt und die kirchliche Kunst nicht in einer angegliederten Fachabteilung,
als vielmehr sie allein pflegen will. Es kommt uns im wesentlichen darauf an, in
steter Anschauung und Würdigung der großen alten Kunst Richtlinien und
Fundamente zu finden, das religiöse Empfinden bei Künstlern und Kunstfreunden
zu kräftigen, und aus dem gehobenen stärkeren Miterleben der Religion, mitten
aus ihr heraus die Kunstwerke zu Licht zu bringen. Es gilt, die Disziplinlosigkeit
der kirchlichen Künstler zu disziplinieren, sie wieder an die führende sichere
Hand der Kirche zu zwingen aus Überzeugung, sie wieder an die ungeheuer
reichen und tiefen Quellen zu führen, aus denen Anregung, Vorstellung, Wärme,
Form und Farbe emporsteigen als reiche, ewig bereitgestellte Gottesgaben. Wie


 
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