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Zeitschrift für christliche Kunst — 33.1920

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Escherich, Mela: Eine mittelrheinische Pietà auf holländischem Boden
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https://doi.org/10.11588/diglit.4307#0063

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52

ZEITSCHRIFT FÜR CHRISTLICHE KUNST.

Nr. 4

die dann plötzlich in ein hilfloses Greinen umschlägt. Eine Charakterisierung,
zu der die verlaufenen fettigen Formen des ältlichen Körpers eine Ergänzung
bilden. Das Gewand mit der Faltenschüssel zwischen den Knien ist ähnlich
wie bei der Lorcher Pietä behandelt, nur durch häufige Wiederholung der
einzelnen Faltenmotive massiger gestaltet.

Von den beiden Marien hat die Lorcher den Reiz größerer Anmut voraus;
bedeutender dagegen ist auf der Oud-Zevenaarer Gruppe der Christus. Der

Gestalt ist das Starre
genommen, das bei dem
Lorcher Christus stört.
Das Haupt sinkt etwas
weiter nach hinten, wo-
durch es in eine Hori-
zontale tritt, die den
Umriß der Marienfigur
günstig überschneidet.
Wundervoll wirkt das
Zusammenlaufen der
Arme,echt gotische Win-
kelbildung. Der Körper
ist mit größerer Sorgfalt
durchgearbeitet als der
Lorcher. Der Kopf —
die Nase erlitt leider
ebenso wie die der Ma-
ria Beschädigung— zeigt
strengere Formen. Haar
und Bart, die eigentüm-
lich gedrehten Löck-
chen an Kinn undKinn-
backen sind überein-
stimmend. Bei dem
Oud-Zevenaarer wird
durch die Ausbiegung
desHaupthaares dasOhr
betont. Die Dornen-
krone ist bei beiden ein
gewundener Strick.
Interessant gestaltet sich der Vergleich mit dem alabasternen Kreuzigungs-
altar im Liebighause zu Frankfurt. Ich habe in meinem oben erwähnten Auf-
satz die Ähnlichkeiten und Gegensätze zwischen dem (westfälischen?) Meister
des Kreuzigungsaltares und dem Meister der Lorcher Pietä besprochen. Es
handelt sich um zwei künstlerische Persönlichkeiten von ganz verschieden
geartetem Temperament, aber gleichen Werkstattmanieren. Der Kreuzigungs-
meister ist universaler, geht im Ausdruck auf interessante Wirkung aus und
gestattet sich virtuosenhafte Effekte. Der Meister der Pietä vermeidet Vir-
tuosentum, ist schlicht, wahr und herzenswarm. Große Übereinstimmungen

Abb.

Gnadenbild „Nood Gods" in Ou^Zevenaar.
 
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