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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]; Verein für Historische Waffenkunde [Contr.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — N.F. 1.1923-1925

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Band 1, Heft 1
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Sommer, Friedrich: Der Klingenhandel der Solinger Handwerksbrüder im 15., 16. und 17. Jahrhundert
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https://doi.org/10.11588/diglit.69977#0028

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14

FR. SOMMER: DER KLINGENHANDEL DER SOLINGER HANDWERKSBRÜDER

BAND 1

die Hände, auf Grund dessen sich ein ziemlich
lückenloses Bild des Handels in den ältesten Zeiten
der Entwicklung der Solinger Klingenindustrie geben
läßt, das nicht nur viel Neues bringt, sondern auch
vorherrschende Meinungen widerlegt.
Eines der ältesten bekannten Privilegien für Solinger
Klingenhandwerker ist von Herzog JVdolf zu Berg
am 9. März 1412 den Schwertfegern erteilt worden,
worin diesen die Verfassung ihrer Zunft genehmigt
und ihnen ein Gnadenbrief gegeben wurde: „ver-
möge dessen kein Mann denn allein die geborenen
Brüder der Schwertfeger= und Reider=Bruderschaft
in Solingen mit vorgemeltem Ambach oder Hand-
werke in dem Herzogthume Berg umgehen, und
solche V^aaren gelten, oder verkaufen solle.“
Entgegen der Übung, die bei den übrigen Hand*
werkern, wie Schmieden, Schleifern und Härtern, ge*
halten wurde, daß die Mitglieder der Bruderschaft
durch einen Eid verpflichtet waren, ihr Handwerk an
keinem anderen Ort als in Solingen auszuüben,
wurde von den Schwertfegern der Verbleibungseid
nicht geleistet. Man fürchtete nicht, daß diese durch
Niederlassung in anderen Gegenden die Künste und
Geheimnisse der anderen Handwerke verpflanzen
könnten. Bei der einfachen Art der Schwertfeger*
arbeit, wie sie in Solingen ausgeführt wurde, war
auch in der Tat kein Grund zu solchen Befürch*
tungen vorhanden. Den Schwertfegern fiel die Auf*
gäbe zu, die in die Klingen eingearbeiteten Hohl*
bahnen auszufegen, und als Ausnahme Scheiden zu
machen und gegossene Gefäße zu polieren und die
Schwerter zusammenzustellen. Das Schwertfeger*
handwerk konnte aber in Solingen niemals zu großer
Blüte gelangen, da auf die Lieferung von Klingen
der größere Wert gelegt wurde und die Lieferung
von fertig zusammengestellten Schwertern wirklich
nur zu den Ausnahmen gehörte. Die Zahl der
dieses Handwerk ausübenden Brüder mag daher
auch immer nur eine kleine gewesen sein, im Ver*
hältnis zu den beiden anderen Bruderschaften.
Es war den Schwertfegern daher auch nicht möglich,
den Nutzen aus ihrem Gnadenbrief zu ziehen, der
ihnen zugedacht war. Sie waren nicht in der Lage,
genügend Aufträge nach Solingen zu bringen, und
so griffen die anderen Handwerker zur Selbsthilfe
und handelten unerlaubter Weise mit Klingen. Ein
Streit zwischen den Fegern und den anderen Bruder*
schäften konnte nicht ausbleiben. Schließlich wurde
Herzog Gerhard von Berg zur Schlichtung der
Streitigkeiten angerufen. Er ließ Vertreter der drei
Handwerke nach Schloß Burg a. d. Wupper
kommen und nahm unter Beisein des Richters und

Landdrosten Johann Quadt, des Rentmeisters und
Amtmannes von Solingen Johann von Hammer*
stein und anderen Räten einen Vortrag über das Vor*
gefallene entgegen. Hernach besprach sich der Herzog
mit seinen Räten und gestattete, daß die drei Hand-
werke 6 Mann, also je 2 wählen sollten, die in Zu*
kunft solche Streitigkeiten zu schlichten hätten. Diese
Einrichtung der 6 Mann sollte für alle Zeiten be*
stehen und falls einer durch Tod abginge, sollte
ein anderer an seine Stelle gesetzt werden. Was diese
6 Mann beschlossen hatten, war von den Mitgliedern
der Bruderschaften zu halten, sonst wurden Strafen
über sie verhängt. Konnten die 6 Mann bei ihren
Beratungen nicht einig werden, so war ihnen emp*
fohlen, den jeweiligen Amtmann als Schiedsrichter
hinzuzuziehen. Es wurden auch auf der Stelle 6 Mann
erwählt und vom Herzog bestätigt. Als dieser den
Auftrag gab, die getroffene Abmachung durch Brief
und Siegel zu bestätigen, entgegnete der Landdroste:
„dessen wehr gein not, die 6 Mann weren Brieff
genug.“ Der Herzog war damit einverstanden und
schlug dafür vor, daß jede der drei Bruderschaften
ihm und seinen Nachkommen jedes Jahr ein gut
gefertigtes Schwert übergeben soll.
Da nicht alle zur Bruderschaft gehörigen Hand*
werker auf der Burg anwesend waren, wurden diese
zusammengerufen und ihnen von der durch den
Herzog getroffenen Einrichtung der 6 Mann Mit*
teilung gemacht. Die 6 Mann berieten unter sich
und beschlossen gegen eine Strafe von 14 Gulden
— 10 für den Herzog, 4 für das Handwerk —, daß die
drei Handwerke in der Kaufmannschaft gleichberech*
tigt sein sollen, und diese beim Handel sowohl inner*
als auch außerhalb des Landes nach den Wünschen
desjenigen Kaufmanns zu halten sei, der Schwerter
und Klingen kaufen wolle. Notwendige Strafen wur*
den nach erfolgtem Beschluß der 6 Mann von dem
Handwerk verhängt, dem der Missetäter angehörte.
Durch diese Abmachung wurde also den Schwert*
fegern das gegebene Vorrecht des Alleinhandels
wieder genommen und den bereits eingetretenen
Tatsachen Rechnung getragen, daß zum Verkauf
der Waren jeder Handwerksbruder die Berechtigung
hatte. Dabei war der Klingenhandel sowohl inner*
halb des Bergischen Landes als auch außerhalb frei*
gegeben. Über die Verkaufspreise wurde nichts be*
stimmt, darüber sollten sich der Käufer und Verkäufer
jedesmal verständigen. Es galt als selbstverständlich,
daß die durch die Privilegien festgesetzten Löhne
für Schleifer, Härter und Feger eingehalten werden
mußten. Für Verfehlungen dieser Anordnungen waren
ja auch Strafen vorgesehen.
 
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