Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Verein für Historische Waffenkunde [Editor]; Verein für Historische Waffenkunde [Contr.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — N.F. 1.1923-1925

DOI issue:
Band 1, Heft 5
DOI article:
Fischler, Gustav: Das Turnier Herzog Friedrichs von Österreich auf dem Konstanzer Konzil
DOI Page / Citation link:
https://doi.org/10.11588/diglit.69977#0140

DWork-Logo
Overview
Facsimile
0.5
1 cm
facsimile
Scroll
OCR fulltext
122

GUSTAV FISCHLER: DAS TURNIER HERZOG FRIEDRICHS VON ÖSTERREICH USW. BAND 1

DAS TURNIER HERZOG FRIEDRICHS VON ÖSTERREICH
AUF DEM KONSTANZER KONZIL.
VON GUSTAV FISCHLER

Als vor mehr als fünfhundert Jahren auf Betreiben
des deutschen Königs Sigismund in der altenBischofs-
stadt Konstanz am Bodensee zahlreiche geistliche
und weltliche Fürsten zu einem allgemeinen Konzil
zusammen traten, da lag es auf der Hand, daß nicht
nur kirchliche und Staatsangelegenheiten in vielen
Kommissionen und Sitzungen behandelt und ent-
schieden wurden, sondern daß auch der Sitte der Zeit
zufolge verschiedene Turniere stattfanden. Der ge-
wissenhafte Chronist dieser großen Zeit von Konstanz,
Ulrich von Richentai, meldet uns deren fünf in mehr
oder weniger großem Umfange. Selbst der turnier-
begeisterte, damals schon fünfzigjährige König ver-
schmähte es nicht, am Fastnachtdienstag des Jahres
1418 in den „Sattel im hohen Zeug“ zu steigen,
neun Rennen mitzumachen, einen Ritter und einen
Edelknecht in den Sand zu strecken.
Das berühmteste „Gestech“ fand aber am 20. März
1415 zwischen dem Herzog Friedrich von Öster-
reich-Tirol und dem jungen Grafen Friedrich von
Cilli (die meisten Handschriften geben ihm zwar
den Vornamen Hermann, der aber nicht richtig ist,
denn so hieß sein Vater) statt; berühmt schon da-
durch, daß es einen politischen Hintergrund hatte.
Der österreichische Herzog verbündete sich nämlich
mit dem bereits in seiner persönlichen Freiheit ein-
geschränkten Papst Johann XXIII. und suchte die-
sen durch einen Anlaß, zu dem alles hinströmte,
aus dem Gewahrsam der Konstanzer zu befreien1).
Das Vorhaben gelang nur zu gut. Der Papst entfloh
während des Turniers unbekannt mit drei Beglei-
tern, und der Herzog ritt sofort nach beendetem
i) Nach neueren Forschungen hatte bereits auf seiner
Hinreise zum Konzil Papst Johannes XXIII. den Herzog
zum Oberbefehlshaber über sämtliche päpstlichen Truppen
gegen eine Jahresentschädigung von 6000 Goldgulden er-
nannt. Auch Markgraf Bernhard von Baden wurde durch
einen Geheimvertrag gegen eine in Aussicht gestellte Ent-
schädigung von 14000 Gulden für die päpstlichen Inte-
ressen gewonnen.
Auch der Herzog von Lothringen und ein deutscher Kir-
chenfürst waren unter den heimlichverbündeten. Als Sigis-
mund gegen die beiden Entflohenen so energisch eingriff,
entfiel den Verschwörern der Mut, sie ließen die Sache
stillschweigend ihren Lauf gehen. (Zeitschrift f. d. Gesch.
des Oberrheins).

Waffengange dem Entwichenen nach Schaffhausen
nach. Es ist aus der Geschichte bekannt, welch
schwerwiegende Folgen diese unüberlegte Hand-
lung für den Herzog hatte. Der König, der sein
Werk, das Konzil, durch die Flucht von zwei so
hervorragenden Teilnehmern gefährdet sah, ermannte
sich, vielleicht schon aus persönlichen Gründen, weil
er dem Habsburger niemals gewogen war und in
diesem einen Gegner seiner Dynastie und seiner
Hausmacht erblicken mußte. Bereits nach zehn
Tagen verhängte er über den Herzog und seine Lande
die Reichsacht. Wer jetzt etwas von diesen Landen
nahm, sollte es im Namen des Reiches dauernd be-
sitzen. Die süddeutschen Herren eroberten unter
dem Feldhauptmann des Königs, dem Burggrafen
Friedrich von Nürnberg, der bald nachher mit der
Markgrafschaft Brandenburg belehnt wurde, Stein,
Diessenhofen am Rhein, dann Frauenfeld, Winter-
thur, Rapperschwil und Schaffhausen.
Die Eidgenossen befanden sich in einer eigen-
tümlichen Lage. Kurze Zeit vorher war nämlich
zwischen ihnen und den Habsburgern ein fünfzig-
jähriger Frieden vereinbart worden. Anfangs zö-
gerten sie einzugreifen, darauf faßte sie der König
bei ihrer Reichspflicht. Zuerst brachen die Berner
los und nahmen in 17 Tagen 17 Städte und Bur-
gen ein, darunter auch die Habsburg. Inzwi-
schen war auch die Luzerner Mannschaft aus-
gezogen; sie bemächtigte sich der Stadt Sursee,
des Klosters St. Urban, des Michelsamtes und
der Ämter Richenberg und Meienberg. Seit die-
sen Tagen sind diese Gebiete luzernerisch mit
Ausnahme von Meienberg, das heute zum Kan-
ton Aargau gehört. Auch die Züricher sicher-
ten sich einige Landesteile. Schließlich bela-
gerten und eroberten die vereinigten schweize-
rischen Harste die Feste Baden, den Hauptstütz-
punkt der vorderösterreichischen Lande und ließen
den Stein, die Burg des Herzogs, in Flammen auf-
gehen. Mittlerweile hatte sich letzterer durch einen
demütigen Fußfall im Konstanzer Franziskanerklo-
ster mit dem König ausgesöhnt. Dieser wolllte nun
die Eidgenossen bewegen, ihre Eroberungen heraus-
zugeben. Aber diese blieben, wie der schweize-
 
Annotationen