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Verein für Historische Waffenkunde [Hrsg.]; Verein für Historische Waffenkunde [Mitarb.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — N.F. 1.1923-1925

DOI Heft:
Band 1, Heft 1
DOI Artikel:
Sommer, Friedrich: Der Klingenhandel der Solinger Handwerksbrüder im 15., 16. und 17. Jahrhundert
DOI Artikel:
Potier, Othmar: Aus der Emdener Rüstkammer
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.69977#0039

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HEFT 1

OTMAR BARON POTIER: AUS DER EMDENER RÜSTKAMMER

25

darauf gesetzt waren, an Unprivilegierte. Des weiteren
galt der Kampf den Accinsen oder Licenten. Sie
wurden dauernd als Hemmung für den Handel emp<
funden und da sie nicht beseitigt werden konnten,
suchte man sie zu umgehen. Schließlich überließ
1714 der Herzog der privilegierten Klingenkaufmann*
schäft die Licente gegen eine bestimmte Pachtsumme
auf die Dauer von zwölf Jahren. In dem darüber ab*
geschlossenen „Admediationskontrakt“ wurde ihnen
weitgehende Befugnis erteilt, Roß und Wagen zur
Kontrolle anzuhalten und alle Waren zu beschlag*
nahmen, über die kein Licentzettel vorgelegt werden
konnte. Sie haben es verstanden ihre Rechte fühlen

zu lassen. Die Licentstreitigkeiten dauerten das ganze
18. Jahrhundert hindurch an.
Der Aufbau der Zunftverfassung im Solinger
Klingenhandwerk war am Ende des 17. Jahrhun*
derts zertrümmert, trotz der erneuten Bestätigung
der Privilegien. Die Gleichberechtigung im Handel
und in der Arbeit, die zu einer ungeahnten Blüte*
zeit führte, wurde nicht mehr geachtet. Die Streitig*
keiten wegen der Mißverständnisse über die Aus*
legung von Gesetzen verwandelten sich zum Kampf
zwischen Kapital und Arbeit. Nicht zum Vorteil und
zur gedeihlichen Entwicklung des Solinger Klingen*
handwerks!

AUS DER EMDENER RÜSTKAMMER

VON OTMAR BARON POTIER

Auch auf dem etwas abseits liegenden Felde der
Kulturgeschichte, das unsere kleine Gemeinde be*
baut, bedeutet Stillstand Rückschritt. Das Bäum*
chen Waffenkunde im großen Garten der Kultur*
geschickte, welches überdies verhältnismäßig so wenig
Gärtner pflegen, dem der Krieg und noch mehr
der diesem folgende „Frieden“ so viel Nährboden
abgrub, ist lange arg vernachlässigt worden. Dies
erklärt es, daß gerade auf diesem Gebiet der Fort*
schritt ein ungleich langsamerer als in anderen Dis*
ziplinen ist, daß der wißbegierige Forscher haupt*
sächlich dann, sobald es sich um den Kleinkram der
Beschauzeichen und Meistermarken handelt, häufig
Mühe und Zeit vergeblich aufwendet, wenn ihm nicht
sein bester Helfer, Freund Zufall, hilfreich beispringt.
Diesem Förderer verdanke ich es auch, wenn ich
heute einige Lücken in meinem „Inventar der Rüst*
kammer der Stadt Emden“ (1903) auszufüllen ver*
mag, was übrigens Albert Weyersberg in diesen
Blättern (III, 207) schon zu tun versucht hatte. Weyers*
bergs Verbesserungen der Schreibweise der Namen
H. <S<R. Böker (Nr. 1540) und Alex. Koppel (Nr. 1643)
kann ich nicht anerkennen. Das Mitglied der Rüst*
kammerkommission Professor Dr. Friedrich Ritter in
Emden hatte die Güte, an der Hand der Waffen die
von mir angegebene Schreibweise zu überprüfen und
in einem Schreiben vom 7. Februar 1921 als richtig
gelesen anzuerkennen.
Der auf den Radschloßgewehren Nr. 1072/81
(S. 50 des Inventars) eingeschlagene Stempel ist das
Beschauzeichen von Utrecht, entsprechend
dem Wappen der Stadt, so daß sich M. v. Ehrenthals

Angabe in dessen Werk „Die Waffensammlung des
Fürsten Salm*Beifferscheidt zu Schloß Dyck“ (S. 89)
als hinfällig erweist. Der Stempel, zwei gekreuzte
Schlüssel, auf den unter den Nummern 1118/19, 1122
(S. 54 und 55 des Inventars) verzeichneten Büchsen ist
das Beschauzeichen von Leiden.
Die gravierte Inschrift IAN DIWISS. ZZIEROI
auf dem verbeinten Kolben der unter Nr. 1116 (S. 54
des Inventars) beschriebenen, auch technisch inter*
essanten Büchse, welche ich heute für eine Waffe
zur Jagd auf schweres Federwild vom Heuwagen
aus (Z. H.W. K. 4, 18/19) ansprechen möchte, ist
offenbar von der Hand eines Graveurs deutschen
Stammes in unverstandenem und daher verstüm*
melten Tschechisch geschrieben und lautet richtig
IAN DIVIS • ZIEROTIN, was im Deutschen als
Johann Dionys Zierotin zu lesen ist.
Die Grafen Zierotin, welche auch alsZirotin, sogar
als Scherotin geschrieben erscheinen, leiten ihren Ur*
Sprung bis ins 11. Jahrhundert zurück und zählen
zu den edelsten Geschlechtern des alten, nun in
Trümmer geschlagenen Österreich.
Die Familie Zierotin zerfällt in drei Hauptlinien:
In die böhmische, die mährische, von welcher sich
im 17. Jahrhundert die dritte, die schlesische Linie
abzweigte, welche sich selbst wieder in mehrere Seiten*
linien spaltete. Die Zierotins schenkten dem Staate
ausgezeichnete Militärs und Beamte, aus welchen die
beiden Karls, der Feldmarschall (1509—1560) und
der berühmte Landeshauptmann von Mähren und
Schwager Wallensteins (1564—1636) hervorragen.
Weil die Familie der Zierotins immer für die vollste
 
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