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HERMANN GOETZ: DER ZUSAMMENBRUCH DES GROSSMOGHULREICHES USW.
BAND 1
volutionen hinübergerettet hat bis zum heutigen
Tage.
Literatur:
1. Frz. Bock, Der Reliquienschatz des Liebfrauenmünsters
zu Aachen, Aachen, 1850, S. 72, o. Abb.
2. Frz. Bock, Karls d. Gr. Pfalzkapelle und ihre Kunst-
schätze, Köln und Neuß, 1865, S. 45—48, m. 2 Holz-
schnitten.
3. E. Brenner, Die Inschrift auf der Scheide des Jagd-
messers Karls d. Gr., Aachener Kunstblätter, Aachen,
Heft IV—VI, 1911, S. 25 u. 26, m. 2 Abb.
4. K. Faymonville, Die Kunstdenkmäler der Stadt
Aachen I. Das Münster zu Aachen, Düsseldorf, 1916,
S. 201 u. 202, m. 1 Abb.
5. John Evans, Note on a Anglo-Saxon Knife, in Ar-
chaeologia, Vol. 44, London, 1873, S. 331—334, m. 1
Taf.-Abb.
6. E. Bassermann u. Wolfgang Schmid, Der Bamberger
Domschatz, München 1914, Nr. 38, m. 2 Abb.
DER ZUSAMMENBRUCH DES GROSSMOGHULREICHES IM
LICHTE DER KOSTÜMGESCHICHTE
VON HERMANN GOETZ
Was dem Studium der Kostümgeschichte seinen
großen Reiz gibt, ist dies, daß kaum ein anderes
Forschungsgebiet so feine Einblicke in die Psycho-
logie der Geschichte gewährt, besonders nach jenen
Seiten, die, dem Bewußtsein ihrer Zeitgenossen
Abb. 1. Der Maräthen-Peshwä Bäji Räö I. Mitte des 18. Jahrh. Museum
für Völkerkunde, Berlin.
nicht bekannt, doch an ihre elementarsten Instinkte
rühren und ihr soziales Handeln gestalten. Und dop-
pelt interessant wird es da, wo die Quellen durch
ihre Eigenart oder Lückenhaftigkeit es allein nicht
gestatten, zu werten, welches die treibenden Kräfte
ihrer Zeit waren. Es soll in den folgenden Zeilen
nun gezeigt werden, wie auf einem der Kostümge-
schichte noch verhältnismäßig wenig erschlossenen
Gebiete, dem Orient, diese der Klärung der histo-
rischen Probleme nutzbar gemacht werden kann. Und
zwar für die Geschichte Indiens im 18. Jahrhundert.
Es ist dies eine der verwirrtesten Perioden in der
Entwicklung des Gangeslandes. Ihre erste Hälfte
füllen Kriege von einer Wüstheit, wie sie nur der
Dreißigjährige Krieg gekannt; Reiche fallen und wer-
den gegründet, bis in der zweiten Hälfte die Eng-
länder einen Staat nach dem andern besiegen, um ihr
großes Kolonialreich aufzubauen. So ergeben sich
die Fragen: Wie hat sich der Verfall des Groß-
moghul-Reiches vollzogen? Was waren seine Haupt-
phasen und ihre Tendenz? Und noch mehr: Wie
nimmt sich diese Entwicklung zu Ende des 18. und
Anfang des 19. Jahrhunderts aus, wenn man sie
nicht, wie meist üblich, vom Standpunkte der eng-
lischen Kolonialpolitik, sondern dem des sterbenden
Moghulreiches betrachtet?
Gemeinhin gelten als die entscheidenden Einschnitte
dieser Entwicklung der Tod Aurangzeb’s (1707), mit
dem der Zerfall des Reiches begann; die Eroberung
der Hauptstadt Delhi durch den Perserkönig Nadir
Shäh (1734); die Schlacht von Pänipat (1751), durch
die die Macht der Maräthenhorden durch den Afgha-
nenschah Ahmad Durräni gebrochen wurde; und end-
lich die Schlachten von Plasseg und Baksär, da Clive
und Hastings das indische Kolonialreich Britanniens
errichteten. Wie nimmt sich nun dies alles vom
Standpunkt der Trachtengeschichte aus? Wir dürfen
ja von vornherein annehmen, daß die Zeitereignisse
sich im Wandel der Moden gespiegelt haben, und
können dies um so mehr, als sich auch für die älteren
Perioden ein sehr enger Konnex zwischen politischer
HERMANN GOETZ: DER ZUSAMMENBRUCH DES GROSSMOGHULREICHES USW.
BAND 1
volutionen hinübergerettet hat bis zum heutigen
Tage.
Literatur:
1. Frz. Bock, Der Reliquienschatz des Liebfrauenmünsters
zu Aachen, Aachen, 1850, S. 72, o. Abb.
2. Frz. Bock, Karls d. Gr. Pfalzkapelle und ihre Kunst-
schätze, Köln und Neuß, 1865, S. 45—48, m. 2 Holz-
schnitten.
3. E. Brenner, Die Inschrift auf der Scheide des Jagd-
messers Karls d. Gr., Aachener Kunstblätter, Aachen,
Heft IV—VI, 1911, S. 25 u. 26, m. 2 Abb.
4. K. Faymonville, Die Kunstdenkmäler der Stadt
Aachen I. Das Münster zu Aachen, Düsseldorf, 1916,
S. 201 u. 202, m. 1 Abb.
5. John Evans, Note on a Anglo-Saxon Knife, in Ar-
chaeologia, Vol. 44, London, 1873, S. 331—334, m. 1
Taf.-Abb.
6. E. Bassermann u. Wolfgang Schmid, Der Bamberger
Domschatz, München 1914, Nr. 38, m. 2 Abb.
DER ZUSAMMENBRUCH DES GROSSMOGHULREICHES IM
LICHTE DER KOSTÜMGESCHICHTE
VON HERMANN GOETZ
Was dem Studium der Kostümgeschichte seinen
großen Reiz gibt, ist dies, daß kaum ein anderes
Forschungsgebiet so feine Einblicke in die Psycho-
logie der Geschichte gewährt, besonders nach jenen
Seiten, die, dem Bewußtsein ihrer Zeitgenossen
Abb. 1. Der Maräthen-Peshwä Bäji Räö I. Mitte des 18. Jahrh. Museum
für Völkerkunde, Berlin.
nicht bekannt, doch an ihre elementarsten Instinkte
rühren und ihr soziales Handeln gestalten. Und dop-
pelt interessant wird es da, wo die Quellen durch
ihre Eigenart oder Lückenhaftigkeit es allein nicht
gestatten, zu werten, welches die treibenden Kräfte
ihrer Zeit waren. Es soll in den folgenden Zeilen
nun gezeigt werden, wie auf einem der Kostümge-
schichte noch verhältnismäßig wenig erschlossenen
Gebiete, dem Orient, diese der Klärung der histo-
rischen Probleme nutzbar gemacht werden kann. Und
zwar für die Geschichte Indiens im 18. Jahrhundert.
Es ist dies eine der verwirrtesten Perioden in der
Entwicklung des Gangeslandes. Ihre erste Hälfte
füllen Kriege von einer Wüstheit, wie sie nur der
Dreißigjährige Krieg gekannt; Reiche fallen und wer-
den gegründet, bis in der zweiten Hälfte die Eng-
länder einen Staat nach dem andern besiegen, um ihr
großes Kolonialreich aufzubauen. So ergeben sich
die Fragen: Wie hat sich der Verfall des Groß-
moghul-Reiches vollzogen? Was waren seine Haupt-
phasen und ihre Tendenz? Und noch mehr: Wie
nimmt sich diese Entwicklung zu Ende des 18. und
Anfang des 19. Jahrhunderts aus, wenn man sie
nicht, wie meist üblich, vom Standpunkte der eng-
lischen Kolonialpolitik, sondern dem des sterbenden
Moghulreiches betrachtet?
Gemeinhin gelten als die entscheidenden Einschnitte
dieser Entwicklung der Tod Aurangzeb’s (1707), mit
dem der Zerfall des Reiches begann; die Eroberung
der Hauptstadt Delhi durch den Perserkönig Nadir
Shäh (1734); die Schlacht von Pänipat (1751), durch
die die Macht der Maräthenhorden durch den Afgha-
nenschah Ahmad Durräni gebrochen wurde; und end-
lich die Schlachten von Plasseg und Baksär, da Clive
und Hastings das indische Kolonialreich Britanniens
errichteten. Wie nimmt sich nun dies alles vom
Standpunkt der Trachtengeschichte aus? Wir dürfen
ja von vornherein annehmen, daß die Zeitereignisse
sich im Wandel der Moden gespiegelt haben, und
können dies um so mehr, als sich auch für die älteren
Perioden ein sehr enger Konnex zwischen politischer