HEFT 6/7
ERICH HAENEL: WAFFEN UND KLEIDUNG DES KURFÜRST MORITZ USW.
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WAFFEN UND KLEIDUNG DES KURFÜRST MORITZ VON SACHSEN
AM 9. JULI 1553
VON ERICH HAENEL
Durch den Passauer Vertrag hatte Moritz, der seit
der Mühlberger Schlacht den sächsischen Kurhut
trug, dem Protestantismus eine vorläufige Siche-
rung gegen die Gewaltpolitik Karls V. erwirkt.
Als sein früherer Verbündeter Markgraf Albrecht
Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach den kaum
geschlossenen Frieden mit kaiserlichem Schutz zu
stören wagte, trat ihm der Kriegsgewohnte mit be-
waffneter Hand entgegen. Seinen Sieg über den
Markgrafen, zu Sievershausen in den heißen Juli-
tagen des Jahres 1553, zahlte er mit dem' Leben.
In der wettinischen Begräbniskapelle des Frei-
berger Domes ließ ihn sein Bruder und Nach-
folger, Kurfürst August, beisetzen. Ein prachtvolles
Monument, in vielfarbigem Marmor und Bronze
strahlend, erinnert das sächsische Volk an den ge-
nialsten seiner Herrscher.
Als sich der Leichenzug des Kurfürsten am 22. Juli
durch die Straßen der alten Bergstadt schleppte,
da ritt hinter dem Sarg einer aus der Gefolgschaft
des Toten als „Freudenritter“, — angetan mit dem
Harnisch den sein Herr in der verhängnis-
vollen Schlacht getragen1). In dem Poem des
Dresdners Thomas Winzer „Die Historia der
unglückseligen Schlacht / zwischen / Hertzog Al-
brechten Marggraffen zu Brandenburg / und dem
Durchlauchtigsten unnd hochgebornen fürsten / und
Herren H. Hertzog Moritzen Churfürsten / zu Sach-
sen etc. samipt seinem tode und begrebnis“. vom
Jahre 1553, als der zeitlich ersten Schilderung des
vielbesprochnen Ereignisses, liest man2):
J) A. von Langenn, Moritz, Herzog und Kurfürst zu
Sachsen. 18dl. S. 595.
2) Das Gedicht war zuerst in lateinischen Distichen ab-
gefaßt worden; die deutsche Umdichtung ist außerordent-
lich frei. Das Original der Verse, die von der Verwundung
selbst handeln, mag in diesen Strophen gefunden werden:
Proh scelus hortantis globulus transverterat arma
Moritii, atque artus(?) Principis igne scidit.
S. Georg Arnold, Gründ!. Beschreibung Lebens und Taten
.des Herrn Moritzens .... ChurFürsten zu Sachsen .. .
erläutert und vermehrt durch Imanuel Weber, Gießen u.
Frankfurt 1719. Appendix III, S. 230. — Der Verfasser war
Kanzler des Stiftes Naumburg, unter Christian I., das Ori-
ginal war lateinisch.
Als dan der Churfürst troffen ward.
Durch ein glöd / glaub mir / also hart
Das im das pantzer riß entzwey
Ach Gott wie war alda ein geschrey
Die Erklärung des Wortes „gloed“ ist nicht ein-
fach: der Zusammenhang deutet auf „gelotte“; d. h.
Geschoß von einem bestimmten Gewicht, Loth, Blei
oder Eisen. Das ergiebt sich aus den folgenden
Versen:
Man sucht das glödt / man fand, es nicht /
Zur hüften war es nein gerichtt
Also hier schon eine genaue Lokalisierung des
Einschusses. Bei der Aufbahrung der Leiche in
der Thomaskirche zu Leipzig, am 14. Juli, steht
neben dem Katafalk ein Knappe mit dem Harnisch:
Daneben war ein junger Kjiab
den Küriß het er an / darab.
Das schwert zu sich er hielt gekert /
Man sag / das loch / dadurch im streit /
das glöd geschossen war sehr weit
Ein schwartzer harnisch dieser was /
Darin sein waffentreger saß
Und zur Beisetzung im Dom zu Freiberg:
Des Dürsten rüstung auch nicht weit
Getragen ward mit großem leit.
Soweit der Chronist, dem die Ereignisse noch
in frischer Erinnerung standen. Moritz selbst hat
seine Verwundung, die ihm nach drei Tagen das
Leben kostete, etwas- anders geschildert. Er schreibt
am 10. Juli an Melchior Zobel, den Bischof von
Würzburg: „wir sind mit einem Schuß über den
Lenden getroffen worden, der durch atißgangen, da-
von wir dann fast schwach sind“3). Die unge-
wöhnliche Größe der Wunde wird dadurch erklärt,
3) Th. Distel, Archiv f. d. Sachs. Gesch., Bd. 6, S. 111,
wendet sich zwar gegen Langenn, der a. a. 0. S. 585 den
Einschuß genau kennzeichnet, und den Austritt der Kugel
am Oberschenkel vermutet, kann aber den Harnisch selbst
nicht gesehen haben. Sonst würde er nicht „die Stelle zwi-
schen der Wirbelsäule und nahe dem unteren Winkel des
linken Schulterblattes“ als Einschuß nennen. Das seltsame
Alißverstehen Langenns freilich, der versichert, die Kugel,
die vielleicht aus einer Hakenbüchse stamme, zeige in
Wirklichkeit keine Spur von einem Haken (a. a. 0. S. 590),
fällt ihm nicht weiter auf.
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ERICH HAENEL: WAFFEN UND KLEIDUNG DES KURFÜRST MORITZ USW.
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WAFFEN UND KLEIDUNG DES KURFÜRST MORITZ VON SACHSEN
AM 9. JULI 1553
VON ERICH HAENEL
Durch den Passauer Vertrag hatte Moritz, der seit
der Mühlberger Schlacht den sächsischen Kurhut
trug, dem Protestantismus eine vorläufige Siche-
rung gegen die Gewaltpolitik Karls V. erwirkt.
Als sein früherer Verbündeter Markgraf Albrecht
Alcibiades von Brandenburg-Kulmbach den kaum
geschlossenen Frieden mit kaiserlichem Schutz zu
stören wagte, trat ihm der Kriegsgewohnte mit be-
waffneter Hand entgegen. Seinen Sieg über den
Markgrafen, zu Sievershausen in den heißen Juli-
tagen des Jahres 1553, zahlte er mit dem' Leben.
In der wettinischen Begräbniskapelle des Frei-
berger Domes ließ ihn sein Bruder und Nach-
folger, Kurfürst August, beisetzen. Ein prachtvolles
Monument, in vielfarbigem Marmor und Bronze
strahlend, erinnert das sächsische Volk an den ge-
nialsten seiner Herrscher.
Als sich der Leichenzug des Kurfürsten am 22. Juli
durch die Straßen der alten Bergstadt schleppte,
da ritt hinter dem Sarg einer aus der Gefolgschaft
des Toten als „Freudenritter“, — angetan mit dem
Harnisch den sein Herr in der verhängnis-
vollen Schlacht getragen1). In dem Poem des
Dresdners Thomas Winzer „Die Historia der
unglückseligen Schlacht / zwischen / Hertzog Al-
brechten Marggraffen zu Brandenburg / und dem
Durchlauchtigsten unnd hochgebornen fürsten / und
Herren H. Hertzog Moritzen Churfürsten / zu Sach-
sen etc. samipt seinem tode und begrebnis“. vom
Jahre 1553, als der zeitlich ersten Schilderung des
vielbesprochnen Ereignisses, liest man2):
J) A. von Langenn, Moritz, Herzog und Kurfürst zu
Sachsen. 18dl. S. 595.
2) Das Gedicht war zuerst in lateinischen Distichen ab-
gefaßt worden; die deutsche Umdichtung ist außerordent-
lich frei. Das Original der Verse, die von der Verwundung
selbst handeln, mag in diesen Strophen gefunden werden:
Proh scelus hortantis globulus transverterat arma
Moritii, atque artus(?) Principis igne scidit.
S. Georg Arnold, Gründ!. Beschreibung Lebens und Taten
.des Herrn Moritzens .... ChurFürsten zu Sachsen .. .
erläutert und vermehrt durch Imanuel Weber, Gießen u.
Frankfurt 1719. Appendix III, S. 230. — Der Verfasser war
Kanzler des Stiftes Naumburg, unter Christian I., das Ori-
ginal war lateinisch.
Als dan der Churfürst troffen ward.
Durch ein glöd / glaub mir / also hart
Das im das pantzer riß entzwey
Ach Gott wie war alda ein geschrey
Die Erklärung des Wortes „gloed“ ist nicht ein-
fach: der Zusammenhang deutet auf „gelotte“; d. h.
Geschoß von einem bestimmten Gewicht, Loth, Blei
oder Eisen. Das ergiebt sich aus den folgenden
Versen:
Man sucht das glödt / man fand, es nicht /
Zur hüften war es nein gerichtt
Also hier schon eine genaue Lokalisierung des
Einschusses. Bei der Aufbahrung der Leiche in
der Thomaskirche zu Leipzig, am 14. Juli, steht
neben dem Katafalk ein Knappe mit dem Harnisch:
Daneben war ein junger Kjiab
den Küriß het er an / darab.
Das schwert zu sich er hielt gekert /
Man sag / das loch / dadurch im streit /
das glöd geschossen war sehr weit
Ein schwartzer harnisch dieser was /
Darin sein waffentreger saß
Und zur Beisetzung im Dom zu Freiberg:
Des Dürsten rüstung auch nicht weit
Getragen ward mit großem leit.
Soweit der Chronist, dem die Ereignisse noch
in frischer Erinnerung standen. Moritz selbst hat
seine Verwundung, die ihm nach drei Tagen das
Leben kostete, etwas- anders geschildert. Er schreibt
am 10. Juli an Melchior Zobel, den Bischof von
Würzburg: „wir sind mit einem Schuß über den
Lenden getroffen worden, der durch atißgangen, da-
von wir dann fast schwach sind“3). Die unge-
wöhnliche Größe der Wunde wird dadurch erklärt,
3) Th. Distel, Archiv f. d. Sachs. Gesch., Bd. 6, S. 111,
wendet sich zwar gegen Langenn, der a. a. 0. S. 585 den
Einschuß genau kennzeichnet, und den Austritt der Kugel
am Oberschenkel vermutet, kann aber den Harnisch selbst
nicht gesehen haben. Sonst würde er nicht „die Stelle zwi-
schen der Wirbelsäule und nahe dem unteren Winkel des
linken Schulterblattes“ als Einschuß nennen. Das seltsame
Alißverstehen Langenns freilich, der versichert, die Kugel,
die vielleicht aus einer Hakenbüchse stamme, zeige in
Wirklichkeit keine Spur von einem Haken (a. a. 0. S. 590),
fällt ihm nicht weiter auf.
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