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LITERATUR
BAND 1
behänge und Antependien, Bank- und Gutschentücher, Kis-
senbezüge, Bett- und Tischdecken erscheinen dabei neben-
einander.
Einen höchst lehrreichen Überblick über diese ver-
schiedenen Verwendungsarten bietet neuerdings Rudolf T.
Burckhardt in seinem vortrefflichen und mit den reichsten
Abbildungen ausgestatteten Werke: „Gewirkte Bildteppiche
des XV. und XVI. Jahrhunderts im Historischen Museum zu
Basel" (Leipzig, K. W. Hiersemann, 1923). Der gelehrte
Verfasser hat sich dabei nicht darauf beschränkt, die Tech-
nik, den Stil und die Darstellungen der einzelnen erhal-
tenen Baseler Bildwirkereien mit eingehender Sorgfalt zu
behandeln, sondern er gibt dazu, was vor allem vom alter-
tumskundlichen Standpunkt mit besonderer Dankbarkeit
hervorgehoben werden muß, eine auf mühseligster Archiv-
arbeit aufgebaute Zusammenstellung literarischer Quellen
über Baseler Heidnischwerk aus dem 14. bis 17. Jahr-
hundert. Diese Quellenforschung ist es, die die kultur-
geschichtliche Bedeutung des Heidnischwerk, zunächst für
Basel, dann aber auch in allgemeinerer Geltung, erst in
ihrem ganzen Umfange erkennen läßt.
Innerhalb dieser literarischen Nachweisungen, die vom
Jahre 1357 bis zum Jahre 1683 durchlaufen, erscheinen nun
gin paar Stücke, die für die Trachtenkunde von besonderer
Bedeutung sind. Sie lassen es außer Zweifel, daß das
Heidnischwerk, so sehr man diesen Gedanken zunächst auch
wegen der besonderen Art des Gewebes ablehnen möchte,
auch für die Zwecke der Kleidung Verwendung gefunden
hat. Die fraglichen Belege verdienen es deshalb, hier noch
einmal besonders herausgehoben zu werden.
Im Jahre 1445 ist dem Inventar des von den Baselern
besetzten Schlosses Pfeffingen des Grafen von Tierstein
hinzugefügt: „item zu wissen, das min gnedige frow hat
genommen zu ihren kleyderen und kleinoten gute heidens-
werktucher.“ Hier könnte freilich immer noch fraglich sein,
ob das „zu“ nicht in der Bedeutung „außer“ zu fassen
wäre. Wenn aber 1544 in dem Nachlaß des Goldschmiedes
Balthasar Angelrot „4 heidischwerchi gwandt thucher“ und
1547 in dem Nachlaß einer Frau abermals „ein heidisch-
werk gwantthuch“ erscheint, so kann man diese Stellen
mit Burckhardt (S. 4) doch wohl nur als Zeugnisse für
Bekleidungsstücke auslegen. Mit vollster Deutlichkeit aber
berichtet das Inventar des Nachlasses einer Heidnisch-
wirkerin vom Jahre 1459, wenn es unter anderem anführt:
„1 klein ledly und faden dorzu do man heidenschwerk
henschuo macht.“ Der Gebrauch von Gobelin-Handschuhen
in der Mitte des 15. Jahrhunderts ist damit sichergestellt.
Fraglich bleibt nur, ob in jener Quelle der Relativsatz sich
auf das „ledly“ bezieht, so daß man mit einer eigenen
Form einer kleinen Handschuh-Webelade rechnen müßte,
oder ob er nur zu den „faden“ gehört, wobei dann wohl
an eine dem Zweck entsprechende besondere Fadenstärke
in verschiedenen Farben gedacht werden müßte.
Wir werden über diese Fragen erst Klarheit gewinnen,
wenn Burckhardts vorbildliche Sammelarbeit auch in an-
deren deutschen Städten Nachahmung findet, und wenn der
vorhandene Bestand an Abbildungen und erhaltenen Denk-
mälern damit in die gehörige Beziehung gebracht wird.
Otto Lauffet
Nochmals: Die hundert Helme aus Chalkis (Z. H. W. K. N. F.
1,27). Über diese Waffen hat Charles Foulkes, der Direktor
der Waffensammlung desTower, in der englischen Zeitschrift
„Archaeologia“ (Vol. 62, 1911) geschrieben, gestützt auf
Mitteilungen und Aufnahmen von Ramsay Traquair. In
Foulkes’ bekanntem Werk: The armourer and his craft,
T. IX, XI und XVI sind einige der Stücke abgebildet. (Mit-
teilung von J. G. Mann, Kurator am Ashmolean Museum,
Oxford.)
LITERATUR
Ed. A. Geßler, Zürich: Das Schwert von Niedergösgen.
Mit 1 Abb. (Im Anzeiger für Schweiz. Altertumskunde,
Neue Folge, XV. Band 1913, S. 145/146.)
Der Verfasser beschreibt in anschaulicher Weise ein im
Jahre 1911 beim Schlosse Gösgen durch Ausgrabung ge-
fundenes Schwert, das nach der beigefügten Abbildung zu
der Gattung der auch als Landsknechtschwerter bezw.
Hauswehren bezeichneten Kurzwehren gehört. Im Verhält-
nis zu diesen besitzt es jedoch eine außerordentliche Größe,
da trotz des fehlenden letzten Teiles der Klinge seine Ge-
samtlänge immerhin noch 87,4 cm, bei einer Klingenlänge
von 70,5 cm und Klingenbreite von 4 cm beträgt. Der mit
einer Knaufkappe aus einem Stück Eisen geschmiedete
Griff zeigt einen rechteckigen Aufbau, wobei der vorn aus-
geschweifte Knauf über den Handgriff hinausragt und eine
schuhähnliche Gestalt aufweist (also ähnlich dem Griffe
des Schweinschwertes Kaiser Maximilians I. — Boeheim,
Handb. d. Waffenk., Leipzig 1890, S. 256, Fig. 295 —).
Der fehlende, jedenfalls aus Horn bestehende Griffbelag
wurde durch drei Stifte, die durch Nietlöcher gingen, festge-
halten. Besonders interessant ist die aus einem Stück ge-
schmiedete Parierstange, die von der Mitte aus nach vorn
in den offenen Griffbügel übergeht, dessen oberer Teil
fehlt, während sie nach hinten als Parierring seitlich ge-
schwungen weiterläuft. Dieser aber schließt sich nicht, wie
gewöhnlich, beim Griffbügel wieder an, sondern geht dar-
unter hindurch und bildet somit einen offenen Kreis bis zu
seiner Ausgangsstelle, an der er ebenfalls nicht ange-
schmiedet ist, sondern als offener Parierring das Gegen-
stück bildet. Der ganze Parierring geht also im Kreise
herum, wodurch seine Elastizität beim Auffangen eines Ge-
genhiebes sehr vergrößert wird. Die einschneidige Klinge
mit schmalem Rücken war vermutlich im letzten fehlenden
Drittel schwach säbelartig gebogen und mit Rückenschliff
versehen. Zeitlich gehört diese interessante Waffe in die
Frühzeit des 16. Jahrhunderts, etwa um 1500/1510. Sie bil-
det eine Übergangsform vom Schwert mit gerader, zwei-
schneidiger zu einer Frühform des Säbels mit schwach
gebogener, einschneidiger Klinge; zugleich zeigt sich der
Griffbügel als Beispiel seiner frühesten Entwicklung. Das
Schwert befindet sich in der Sammlung des Herrn Na-
tionalrats C, Bally-Prior in Schönenwerd,
LITERATUR
BAND 1
behänge und Antependien, Bank- und Gutschentücher, Kis-
senbezüge, Bett- und Tischdecken erscheinen dabei neben-
einander.
Einen höchst lehrreichen Überblick über diese ver-
schiedenen Verwendungsarten bietet neuerdings Rudolf T.
Burckhardt in seinem vortrefflichen und mit den reichsten
Abbildungen ausgestatteten Werke: „Gewirkte Bildteppiche
des XV. und XVI. Jahrhunderts im Historischen Museum zu
Basel" (Leipzig, K. W. Hiersemann, 1923). Der gelehrte
Verfasser hat sich dabei nicht darauf beschränkt, die Tech-
nik, den Stil und die Darstellungen der einzelnen erhal-
tenen Baseler Bildwirkereien mit eingehender Sorgfalt zu
behandeln, sondern er gibt dazu, was vor allem vom alter-
tumskundlichen Standpunkt mit besonderer Dankbarkeit
hervorgehoben werden muß, eine auf mühseligster Archiv-
arbeit aufgebaute Zusammenstellung literarischer Quellen
über Baseler Heidnischwerk aus dem 14. bis 17. Jahr-
hundert. Diese Quellenforschung ist es, die die kultur-
geschichtliche Bedeutung des Heidnischwerk, zunächst für
Basel, dann aber auch in allgemeinerer Geltung, erst in
ihrem ganzen Umfange erkennen läßt.
Innerhalb dieser literarischen Nachweisungen, die vom
Jahre 1357 bis zum Jahre 1683 durchlaufen, erscheinen nun
gin paar Stücke, die für die Trachtenkunde von besonderer
Bedeutung sind. Sie lassen es außer Zweifel, daß das
Heidnischwerk, so sehr man diesen Gedanken zunächst auch
wegen der besonderen Art des Gewebes ablehnen möchte,
auch für die Zwecke der Kleidung Verwendung gefunden
hat. Die fraglichen Belege verdienen es deshalb, hier noch
einmal besonders herausgehoben zu werden.
Im Jahre 1445 ist dem Inventar des von den Baselern
besetzten Schlosses Pfeffingen des Grafen von Tierstein
hinzugefügt: „item zu wissen, das min gnedige frow hat
genommen zu ihren kleyderen und kleinoten gute heidens-
werktucher.“ Hier könnte freilich immer noch fraglich sein,
ob das „zu“ nicht in der Bedeutung „außer“ zu fassen
wäre. Wenn aber 1544 in dem Nachlaß des Goldschmiedes
Balthasar Angelrot „4 heidischwerchi gwandt thucher“ und
1547 in dem Nachlaß einer Frau abermals „ein heidisch-
werk gwantthuch“ erscheint, so kann man diese Stellen
mit Burckhardt (S. 4) doch wohl nur als Zeugnisse für
Bekleidungsstücke auslegen. Mit vollster Deutlichkeit aber
berichtet das Inventar des Nachlasses einer Heidnisch-
wirkerin vom Jahre 1459, wenn es unter anderem anführt:
„1 klein ledly und faden dorzu do man heidenschwerk
henschuo macht.“ Der Gebrauch von Gobelin-Handschuhen
in der Mitte des 15. Jahrhunderts ist damit sichergestellt.
Fraglich bleibt nur, ob in jener Quelle der Relativsatz sich
auf das „ledly“ bezieht, so daß man mit einer eigenen
Form einer kleinen Handschuh-Webelade rechnen müßte,
oder ob er nur zu den „faden“ gehört, wobei dann wohl
an eine dem Zweck entsprechende besondere Fadenstärke
in verschiedenen Farben gedacht werden müßte.
Wir werden über diese Fragen erst Klarheit gewinnen,
wenn Burckhardts vorbildliche Sammelarbeit auch in an-
deren deutschen Städten Nachahmung findet, und wenn der
vorhandene Bestand an Abbildungen und erhaltenen Denk-
mälern damit in die gehörige Beziehung gebracht wird.
Otto Lauffet
Nochmals: Die hundert Helme aus Chalkis (Z. H. W. K. N. F.
1,27). Über diese Waffen hat Charles Foulkes, der Direktor
der Waffensammlung desTower, in der englischen Zeitschrift
„Archaeologia“ (Vol. 62, 1911) geschrieben, gestützt auf
Mitteilungen und Aufnahmen von Ramsay Traquair. In
Foulkes’ bekanntem Werk: The armourer and his craft,
T. IX, XI und XVI sind einige der Stücke abgebildet. (Mit-
teilung von J. G. Mann, Kurator am Ashmolean Museum,
Oxford.)
LITERATUR
Ed. A. Geßler, Zürich: Das Schwert von Niedergösgen.
Mit 1 Abb. (Im Anzeiger für Schweiz. Altertumskunde,
Neue Folge, XV. Band 1913, S. 145/146.)
Der Verfasser beschreibt in anschaulicher Weise ein im
Jahre 1911 beim Schlosse Gösgen durch Ausgrabung ge-
fundenes Schwert, das nach der beigefügten Abbildung zu
der Gattung der auch als Landsknechtschwerter bezw.
Hauswehren bezeichneten Kurzwehren gehört. Im Verhält-
nis zu diesen besitzt es jedoch eine außerordentliche Größe,
da trotz des fehlenden letzten Teiles der Klinge seine Ge-
samtlänge immerhin noch 87,4 cm, bei einer Klingenlänge
von 70,5 cm und Klingenbreite von 4 cm beträgt. Der mit
einer Knaufkappe aus einem Stück Eisen geschmiedete
Griff zeigt einen rechteckigen Aufbau, wobei der vorn aus-
geschweifte Knauf über den Handgriff hinausragt und eine
schuhähnliche Gestalt aufweist (also ähnlich dem Griffe
des Schweinschwertes Kaiser Maximilians I. — Boeheim,
Handb. d. Waffenk., Leipzig 1890, S. 256, Fig. 295 —).
Der fehlende, jedenfalls aus Horn bestehende Griffbelag
wurde durch drei Stifte, die durch Nietlöcher gingen, festge-
halten. Besonders interessant ist die aus einem Stück ge-
schmiedete Parierstange, die von der Mitte aus nach vorn
in den offenen Griffbügel übergeht, dessen oberer Teil
fehlt, während sie nach hinten als Parierring seitlich ge-
schwungen weiterläuft. Dieser aber schließt sich nicht, wie
gewöhnlich, beim Griffbügel wieder an, sondern geht dar-
unter hindurch und bildet somit einen offenen Kreis bis zu
seiner Ausgangsstelle, an der er ebenfalls nicht ange-
schmiedet ist, sondern als offener Parierring das Gegen-
stück bildet. Der ganze Parierring geht also im Kreise
herum, wodurch seine Elastizität beim Auffangen eines Ge-
genhiebes sehr vergrößert wird. Die einschneidige Klinge
mit schmalem Rücken war vermutlich im letzten fehlenden
Drittel schwach säbelartig gebogen und mit Rückenschliff
versehen. Zeitlich gehört diese interessante Waffe in die
Frühzeit des 16. Jahrhunderts, etwa um 1500/1510. Sie bil-
det eine Übergangsform vom Schwert mit gerader, zwei-
schneidiger zu einer Frühform des Säbels mit schwach
gebogener, einschneidiger Klinge; zugleich zeigt sich der
Griffbügel als Beispiel seiner frühesten Entwicklung. Das
Schwert befindet sich in der Sammlung des Herrn Na-
tionalrats C, Bally-Prior in Schönenwerd,