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Verein für Historische Waffenkunde [Editor]; Verein für Historische Waffenkunde [Contr.]
Zeitschrift für historische Waffen- und Kostümkunde: Organ des Vereins für Historische Waffenkunde — N.F. 1.1923-1925

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Band 1, Heft 5
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Fachnotizen
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Literatur
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https://doi.org/10.11588/diglit.69977#0164

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146

LITERA T U R

BAND 1

Die morgenländische Reiterpauke ist von Dr. Otmar Baron
Potier Z. H. W. K. 10, 59 eingehend behandelt worden.
Meine besondere Aufmerksamkeit erregten diese Hand-
kesselpauken zuerst in der Mohammedanischen Ausstellung
zu München 1910, der das Berliner Zeughaus sieben Roß-
schweife und zehn Handpauken — Beutestücke der bran-
denburgischen Hilfsvölker aus den Jahren 1664 und 1686 —
zur Verfügung gestellt hatte. Heute kann man diese Stücke
im Obergeschoß (Joch 14) unseres Zeughauses aufgestellt
finden.
Diesen Handpauken ist künstlerischer Schmuck und
Zierat versagt: es sind schlichte „Tonwerkzeuge“, kupferne
Schallkessel, über die die Haut straff gespannt ist. Der
Kessel selbst ist nur das eine und andere mal ganz mit
Leder überzogen. Ich kann der Stelle im Plutarch nicht
entnehmen, daß die dort genannten Pauken beledert, d. h.
mit Leder ganz überzogen waren. Wenn Dr. Potier
gegen Ende seiner Abhandlung von „großen Heerpauken“
spricht, so ist das doch wohl ein Versehen, da er ja selbst
am Anfänge zwischen tabl und kus harbi wohl unterschei-
det und die Reiterhandpauke allein der Gegenstand seiner
Betrachtung ist.
Was die Anwendung und Handhabung dieser Pauke be-
trifft, so bin ich der Meinung, daß beim Anreiten der
Reiter sie hoch in der Linken hielt und mit dem Schlägel,
häufiger wohl mit der flachen Hand oder geballten Faust
bearbeitete. Nahe an den Feind herangekommen, hing er
sie vorn am Sattel fest und griff zur Waffe. Die Hand-
pauke wurde von der morgenländischen Reiterei gebraucht,
ohne Zweifel. Ich denke aber auch vom Fußvolke (so in
der Türkei) und sonst weiter bei feierlichen Aufzügen,
stellt sie doch ein überaus handliches Tonwerkzeug dar.
Wie die Schellentrommel, ja wie die Zaubertrommel
der Schamanen bei den finnisch-ugrischen Völkern besitzt
solche Pauke, die man nicht gering einschätzen soll, die
Eigenschaft, die schon Plutarch hervorhebt, den Menschen
zu beeinflussen, in Stimmung und Erregung zu versetzen,
hüben und drüben, zumal wenn ihr Getön durch die Zahl
der Paukenschläger in besonderem Maße verstärkt wird.
Der ausgezeichnete polnische Maler Josef von Brandt

hat, meiner Erinnerung nach, ein Gemälde geschaffen, das
Kosaken auf dem Kriegszuge darstellt: Sie begrüßen die
weite Steppe mit Freudengeschrei, mit Gesang und Musik.
Ob auch die Handpauke dabei geschlagen wird, ist mir
leider nicht gegenwärtig.
(Katalog der Ausstell. München 1910, Ausstell, von
Meisterwerken muhammed. Kunst. 4. Aufl. S. 58. — Weinitz,
Die Lappische Zaubertrommel in Meiningen, Zeitschrift für
Ethnologie, 1910, Heft 1.)
Die Vitae des Plutarch, herausgegeben von Th. Doehner
(Paris 1847), haben neben dem griechischen Texte eine
lateinische Übersetzung stehen. Diese lautet für unsere
Stelle: Non enim cornibus aut tubis Parthi proelium ac-
cendunt, sed pelles cavo aheno inductas malleis undequa-
que simul pulsant; haec tympana sic perculsa raucum mur-
mur sonumque terrificum edunt.... In Plutarchs Lebens-
beschreibungen (Klassiker des Altertums, München-Leip-
zig, 1913) übersetzt von Kaltwasser und Floerke, lesen wir
IV, 91..., sondern sie (die Parther) schlagen zugleich auf
allen Seiten Lärm auf mit Tierhäuten überzogenen Pauken,
in welche eherne Schallböcke eingespannt sind.Schall-
bock“ (= = gxeiov) ist ein Ausdruck, den nach meinen Er-
kundigungen die Alusikwissenschaft nicht kennt. Wie ver-
schieden aber auch diese Stelle (pö-rrrpa . . . dmbounoutfi)
gedeutet werden mag, bestehen bleibt, daß es sich um ein
paukenartiges Instrument handelt, in diesem Falle sicher-
lich um die „Handkesselpauke“, deren sich die parthischen
Reiterscharen mit Erfolg bedienten, um den Feind zu ent-
mutigen.
Eine zweiteStelle in den „Lebensbeschreibungen“ (Über-
setzung von Floerke, IV. 97) vermeldet: Inzwischen kamen
die Feinde, durch ihr wildes Siegesgeschrei noch furcht-
barer, heran und eine Menge Trommeln umbrüllten aufs
neue die Römer.
[Neben den oben genannten beiden Büchern benutzte ich zur
Textvergleichung C. Sintenis’ Plutarchi Vitae Parallelae III
(Leipzig 1904, Teubner). Danach ist in Potiers Auf-
sätze zu verbessern: iroXXarpööqv ^mbovirovcnv in rroXXaxoöcv
embouTToOpi; ferner je in ti; in dEiatq<j i.]
Franz Weinitz

LITERATUR

Julie Heierli. Die Volkstrachten der Schweiz.
1. Band „Die Volkstrachten der Innerschweiz“,
Eugen Rentsch Verlag, Erlenbach-Zürich, mit 12 farbigen
Tafeln und 165 Schwarzabbildungen, 160 Seiten Text.
(Preis fr. 13,50.)
Ein schwerer Irrtum ist es, wenn man glaubt, daß die
sog. „Volkstracht“ von uraltem Herkommen sei. In dem
Gebiete der schweizerischen Eidgenossenschaft reichen die
Entstehungsspuren erst in das 17. Jahrhundert hinein. Die
Schweizer Volkstrachten sind mit wenigen Ausnahmen
Reste der großen Mode, die, wie noch heutzutage, ihren
Ursprung und ihre Weiterverbreitung von den Städten her
nahm. Die Mode drang besonders bei den dortigen geo-
graphischen und klimatischen Verhältnissen nicht überall
gleichmäßig durch, Alpenläler, Mittelland und Ebene unter-

scheiden sich wesentlich; politische, kulturelle, ja auch
religiöse Einwirkungen spielten eine Rolle. Die schwei-
zerische Mode, wenn wir überhaupt diesen Ausdruck ge-
brauchen dürfen, schloß sich im Mittelalter der allgemein
mitteleuropäischen an; das blieb so im 15. und 16. Jahr-
hundert. Die handschriftlichen und illuminierten Bilder-
chroniken, welche die Taten der Eidgenossen schildern und
in kultur-, kostüm- und waffengeschichtlicher Beziehung
eine unerschöpfliche Fundgrube bilden, zeigen uns nirgends
eine „Volkstracht“. Wir können in der Schweiz vom 15
und im 16. Jahrhundert Einflüsse französischer und teil-
weise auch italienischer Mode feststellen, die sich zumeist
aus dem damals stark verbreiteten fremden Solddienst er-
gaben und die in Einzelheiten noch in den folgenden Zeit-
räumen fortlebten. Im 17. Jahrhundert tritt noch die spa-
 
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