Herausgegeben unter Mitwirkung bewährter Fachleute von Udo Beckert in Stuttgart, Böblingerstr. 2, Verlagsbuchhandlung und Buchdruckerei,
gegründet 1881, prämiirt mit goldenen Medaillen in Stuttgart, München, Berlin, Paris, Gent und London.
Nr. 9.
Abonnement:
Deutschland u. Oesterreich 2.so
vierteljährlich, Ausland s.—
Stuttgart, 24. Februar 18S7.
(Erscheint wöchentlich.)
Anzeigen:
Die Nonpareillezeile oder deren
Raum ro Psg., Auktionen so Pfg.
5. Jahrgang.
Burg Runkelstein, das merkwürdigste kulturhistorische Denkmal in Tyrol.
Eigenthum der Stadt Bozen. (Text Seite 08.)
dieses andern erzählet, Haven solche darauf dem Thaler
eine solche beschützende Kraft zugeschrieben."
Als besonders kräftig gelten stets die Spruchthaler
mit ungerader Jahreszahl; doch hören wir auch hierüber
den alten Berichterstatter: „Nun entstehet wiederum ein
Zweifel, ob dieser Denk-Spruch um das Wappen müsse
hernmgeschrieben seyn, oder über unv neben demselben
stehen, oder welches Jahr dazu erfordert werde. Hier
besitze einen Thaler von LI. VO. XIII; dieser soll vor
allen anderen was voraus haben, weil das Wort IVVI-
OIIILI so aus lauter literis nuwsrieis bestehet, eben
diese Jahreszahl ausmachet; und dies soll eben das
Jahr seyn, in welchem die Welt hat untergehen sollen,
oder der Jüngste Tag kommen. Andere meynen, die
im Jahre 1609 und I6II, oder mit ungleichen Zahlen
geprägt worden, hätten ebenermassen solche
Kraft."
Der Verein für Geschichte und Alter-
thümer der Grafschaft Mansfeld zu Eisleben
besitzt einen Schraubthaler, welcher aus einem
Davidsthaler vom Jahre 1612 gefertigt ist;
er könnte, mit geweihten Gegenständen ver-
sehen, als Amnlet gedient haben — gewöhn-
lich benutzte man die Schraubthaler zum Auf-
bewahren profaner Bilder — woraus aber
nur zu schließen wäre, daß man eben einen
Thaler von 1612 verwendete, weil keiner
von 1613 zu haben war.
Daß Thaler vom Jahre 1610 besondere
Kraft besitzen sollen, kann ich nirgends er-
wähnt finden. —
Jedenfalls durch die Nachfrage nach
Mansfelder Georgsthalern, veranlaßt, fing
man um die Mitte des 17. Jahrhunderts
an, in Kremnitz in Ungarn ganze, halbe und
doppelte Georgsthaler zu prägen. Diese me-
daillenförmigen Thaler zeigen auf der einen
Seite den heil. Georg, mit der Lanze den
Drachen durchbohrend, und die Umschrift:
8.6L0U0I08 . LtzOINOLI. ?^TL0XO8 .,
auf der anderen Seite den schlafenden Chri-
stus mit den Jüngern im Schifflein auf be-
wegter See und die Umschrift: IX BLLIM-
8^TL . MOIIUIB2I8 . Sie führen keine
Jahreszahl. Die Prägezeit läßt sich annähernd
nur durch den Styl feststellen.
Die Kremnitzer Georgsthaler bewährten sich beson-
ders in den Türkenkriegen und galten ebenso als Schutz
gegen Kugel und Schwert wie die Mansfelder Spruch-
thaler. Zahlreiche Anekdoten bewahrheiten dies.
Was ist also ein achter Georgsthaler?
Man versteht unter Georgsthalern Gepräge mit dem
heiligen Georg, welche nach alter Tradition den Reiters-
mann gegen Gefahren jeder Art, insbesondere aber gegen
die Kugel und gegen Sturz feien sollten. Als besonders
wirksam gelten in erster Linie die Mansfelder Spruch-
thaler mit den ungeraden Jahreszahlen 1609, 1611,
1613, sodann die Kremnitzer Talismanthaler. Aecht
ist der Thaler, welcher in der Zeit geprägt, also alt
ist; leider aber werden die Georgsthaler jetzt in mannig-
Arrleitung zum Sammeln
von Münzen.
Von
Tr. M. K i r m i s.
(Fortsetzung.)
(Nachdruck verboten.)
Die Georgsthaler.
Durch die Zeitungen geht ein „sachver-
ständiges Urtheil des Majors von Schlicken
über die Georgsthaler," abgegeben im Verein
nassauischer Alterthumsforscher, wonach nur
die Mansfelder Spruchthaler vom Jahre 1610
ächt, alle anderen Georgsthaler aber unächt
(soll wohl heißen „nicht der alten Tradition
entsprechend") sein sollen. Das Urtheil dürste
in dieser apodiktischen Form kaum abgegeben
worden sein; sicher entspricht es nicht den
Ueberlieferungen, daher mögen zu Nutz und
Frommen und zur Beruhigung aller Besitzer
von Georgsthalern die folgenden, theilweise
alten Skribenten entnommenen Belehrungen
hier Platz finden.
Die Mansfelder Grafen ließen seit dem
Jahre 1521 grobe Silbermünzen schlagen,
welche auf der einen Seite den drachentödten-
den heiligen Georg zu Pferde zeigten, den
Schutzpatron der Reitersleute, die Verkörper-
ung ritterlicher Tugenden. Die Beschreibung
des sehr seltenen ältesten Thalers (der seltenste
Mansfelder Thaler ist vom Jahre 1523) ist
die folgende:
Hauptseite: Das quadrirte Quer-
furt-Mansfelder Wappen; zu beiden Seiten
des Helmes 15—21 und die Umschrift:
LOlM(ta) : 2lR6LX(tsa) : OOLl(itum) : VO(miuorum):
D(o): LUXsskölcl).
Rückseite: St. Georg zu Pferde, mit dem
Schwerte hauend; die Schabracke trägt die Worte
„OL^-ULO". Umschrift: 8.1X6108 : 600110108 : M
(trouus) 00A : VO : I> : 11 .IX. —
Die Mansfelder Thaler standen schon im 16. Jahr-
hundert in dem Rufe, den Träger schuß-, stich- und
hiebfest zu machen, denn: „In denen Frantzösischen
Kriegen wurde ein Officier auf das Gemachte geschossen,
weil aber die Kugel auf einen Mansfeldischen St. Jör-
gen-Thaler traff, den er bey sich in der Ficke hatte, ist
er vom Schuß unversehrt blieben."
Später, im siebenzehnten Jahrhundert, gelten in
Folge eines ähnlichen Ereignisses die Thaler mit dem
Spruch Jerem. XXIII, 18: „Bei Gott ist Rath und
That" als die eigentlichen Talismanthaler. Graf Da-
vid (1594—1628) von der Güster-Ort-Linie ließ sie
prägen. Der Thaler von 1603 trägt um den St. Georg
die Umschrift: MI . 001 . I8B . LX1II . VXD .
rLäD; im Jahre 1608 tritt der Spruch zuerst im
Felde auf. Die Rückseite zeigt das ungekrönte Quer-
furt-Mansfelder Wappen; zwischen 16—08 und darüber
steht:
MI 60B
181 R.4.TU
IIXV
Der Thaler von 1614 hat:
. MI .
VON . 181
. OXV
M — L.T.
Die Spruchthaler gehen bis zum Jahre 1624 und
werden schon im dreißigjährigen Kriege eine begehrte
Waare. Neumeister erzählt darüber: „In dem letzten
Feldzuge soll nicht leicht ein vornehmer Offizier gewesen
sein, der nicht einen Spruchthaler bey sich getragen, wo-
durch er dermassen am Preiße gestiegen, daß bis 15 und
mehr Thaler dafür bezahlt wurden. Und soll zu dieser
Thorheit ein Sächsischer Obrister des Geschlechtes von
Liebenau Gelegenheit gegeben haben. Denn derselbe soll
in Actionen zweymal geschossen, aber allemal auf solch'
Mansfeldisch Geld, welches er zum Noth-Pfennig bey
sich getragen, getroffen worden seyn, also daß die Kugel
nicht durchgeschlagen, noch ihn verwundet; da er nun
!! Die Wissenschaften sind Gemeingut, weil das Denken !
!! Gemeingut ist, und dar Denken aus der Quelle des Wissens !s
s schöpft. (W. Wundt.) !!
gegründet 1881, prämiirt mit goldenen Medaillen in Stuttgart, München, Berlin, Paris, Gent und London.
Nr. 9.
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vierteljährlich, Ausland s.—
Stuttgart, 24. Februar 18S7.
(Erscheint wöchentlich.)
Anzeigen:
Die Nonpareillezeile oder deren
Raum ro Psg., Auktionen so Pfg.
5. Jahrgang.
Burg Runkelstein, das merkwürdigste kulturhistorische Denkmal in Tyrol.
Eigenthum der Stadt Bozen. (Text Seite 08.)
dieses andern erzählet, Haven solche darauf dem Thaler
eine solche beschützende Kraft zugeschrieben."
Als besonders kräftig gelten stets die Spruchthaler
mit ungerader Jahreszahl; doch hören wir auch hierüber
den alten Berichterstatter: „Nun entstehet wiederum ein
Zweifel, ob dieser Denk-Spruch um das Wappen müsse
hernmgeschrieben seyn, oder über unv neben demselben
stehen, oder welches Jahr dazu erfordert werde. Hier
besitze einen Thaler von LI. VO. XIII; dieser soll vor
allen anderen was voraus haben, weil das Wort IVVI-
OIIILI so aus lauter literis nuwsrieis bestehet, eben
diese Jahreszahl ausmachet; und dies soll eben das
Jahr seyn, in welchem die Welt hat untergehen sollen,
oder der Jüngste Tag kommen. Andere meynen, die
im Jahre 1609 und I6II, oder mit ungleichen Zahlen
geprägt worden, hätten ebenermassen solche
Kraft."
Der Verein für Geschichte und Alter-
thümer der Grafschaft Mansfeld zu Eisleben
besitzt einen Schraubthaler, welcher aus einem
Davidsthaler vom Jahre 1612 gefertigt ist;
er könnte, mit geweihten Gegenständen ver-
sehen, als Amnlet gedient haben — gewöhn-
lich benutzte man die Schraubthaler zum Auf-
bewahren profaner Bilder — woraus aber
nur zu schließen wäre, daß man eben einen
Thaler von 1612 verwendete, weil keiner
von 1613 zu haben war.
Daß Thaler vom Jahre 1610 besondere
Kraft besitzen sollen, kann ich nirgends er-
wähnt finden. —
Jedenfalls durch die Nachfrage nach
Mansfelder Georgsthalern, veranlaßt, fing
man um die Mitte des 17. Jahrhunderts
an, in Kremnitz in Ungarn ganze, halbe und
doppelte Georgsthaler zu prägen. Diese me-
daillenförmigen Thaler zeigen auf der einen
Seite den heil. Georg, mit der Lanze den
Drachen durchbohrend, und die Umschrift:
8.6L0U0I08 . LtzOINOLI. ?^TL0XO8 .,
auf der anderen Seite den schlafenden Chri-
stus mit den Jüngern im Schifflein auf be-
wegter See und die Umschrift: IX BLLIM-
8^TL . MOIIUIB2I8 . Sie führen keine
Jahreszahl. Die Prägezeit läßt sich annähernd
nur durch den Styl feststellen.
Die Kremnitzer Georgsthaler bewährten sich beson-
ders in den Türkenkriegen und galten ebenso als Schutz
gegen Kugel und Schwert wie die Mansfelder Spruch-
thaler. Zahlreiche Anekdoten bewahrheiten dies.
Was ist also ein achter Georgsthaler?
Man versteht unter Georgsthalern Gepräge mit dem
heiligen Georg, welche nach alter Tradition den Reiters-
mann gegen Gefahren jeder Art, insbesondere aber gegen
die Kugel und gegen Sturz feien sollten. Als besonders
wirksam gelten in erster Linie die Mansfelder Spruch-
thaler mit den ungeraden Jahreszahlen 1609, 1611,
1613, sodann die Kremnitzer Talismanthaler. Aecht
ist der Thaler, welcher in der Zeit geprägt, also alt
ist; leider aber werden die Georgsthaler jetzt in mannig-
Arrleitung zum Sammeln
von Münzen.
Von
Tr. M. K i r m i s.
(Fortsetzung.)
(Nachdruck verboten.)
Die Georgsthaler.
Durch die Zeitungen geht ein „sachver-
ständiges Urtheil des Majors von Schlicken
über die Georgsthaler," abgegeben im Verein
nassauischer Alterthumsforscher, wonach nur
die Mansfelder Spruchthaler vom Jahre 1610
ächt, alle anderen Georgsthaler aber unächt
(soll wohl heißen „nicht der alten Tradition
entsprechend") sein sollen. Das Urtheil dürste
in dieser apodiktischen Form kaum abgegeben
worden sein; sicher entspricht es nicht den
Ueberlieferungen, daher mögen zu Nutz und
Frommen und zur Beruhigung aller Besitzer
von Georgsthalern die folgenden, theilweise
alten Skribenten entnommenen Belehrungen
hier Platz finden.
Die Mansfelder Grafen ließen seit dem
Jahre 1521 grobe Silbermünzen schlagen,
welche auf der einen Seite den drachentödten-
den heiligen Georg zu Pferde zeigten, den
Schutzpatron der Reitersleute, die Verkörper-
ung ritterlicher Tugenden. Die Beschreibung
des sehr seltenen ältesten Thalers (der seltenste
Mansfelder Thaler ist vom Jahre 1523) ist
die folgende:
Hauptseite: Das quadrirte Quer-
furt-Mansfelder Wappen; zu beiden Seiten
des Helmes 15—21 und die Umschrift:
LOlM(ta) : 2lR6LX(tsa) : OOLl(itum) : VO(miuorum):
D(o): LUXsskölcl).
Rückseite: St. Georg zu Pferde, mit dem
Schwerte hauend; die Schabracke trägt die Worte
„OL^-ULO". Umschrift: 8.1X6108 : 600110108 : M
(trouus) 00A : VO : I> : 11 .IX. —
Die Mansfelder Thaler standen schon im 16. Jahr-
hundert in dem Rufe, den Träger schuß-, stich- und
hiebfest zu machen, denn: „In denen Frantzösischen
Kriegen wurde ein Officier auf das Gemachte geschossen,
weil aber die Kugel auf einen Mansfeldischen St. Jör-
gen-Thaler traff, den er bey sich in der Ficke hatte, ist
er vom Schuß unversehrt blieben."
Später, im siebenzehnten Jahrhundert, gelten in
Folge eines ähnlichen Ereignisses die Thaler mit dem
Spruch Jerem. XXIII, 18: „Bei Gott ist Rath und
That" als die eigentlichen Talismanthaler. Graf Da-
vid (1594—1628) von der Güster-Ort-Linie ließ sie
prägen. Der Thaler von 1603 trägt um den St. Georg
die Umschrift: MI . 001 . I8B . LX1II . VXD .
rLäD; im Jahre 1608 tritt der Spruch zuerst im
Felde auf. Die Rückseite zeigt das ungekrönte Quer-
furt-Mansfelder Wappen; zwischen 16—08 und darüber
steht:
MI 60B
181 R.4.TU
IIXV
Der Thaler von 1614 hat:
. MI .
VON . 181
. OXV
M — L.T.
Die Spruchthaler gehen bis zum Jahre 1624 und
werden schon im dreißigjährigen Kriege eine begehrte
Waare. Neumeister erzählt darüber: „In dem letzten
Feldzuge soll nicht leicht ein vornehmer Offizier gewesen
sein, der nicht einen Spruchthaler bey sich getragen, wo-
durch er dermassen am Preiße gestiegen, daß bis 15 und
mehr Thaler dafür bezahlt wurden. Und soll zu dieser
Thorheit ein Sächsischer Obrister des Geschlechtes von
Liebenau Gelegenheit gegeben haben. Denn derselbe soll
in Actionen zweymal geschossen, aber allemal auf solch'
Mansfeldisch Geld, welches er zum Noth-Pfennig bey
sich getragen, getroffen worden seyn, also daß die Kugel
nicht durchgeschlagen, noch ihn verwundet; da er nun
!! Die Wissenschaften sind Gemeingut, weil das Denken !
!! Gemeingut ist, und dar Denken aus der Quelle des Wissens !s
s schöpft. (W. Wundt.) !!