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Auflage 5000.^«erft-.«-?»»,-» und M,-rchnm«k»nd-. I Auflage 5000.
Herausgegeben unter Mitwirkung bewährter Fachleute von Udo Beckert in Stuttgart, Reinsburgstr. 44, Verlagsbuchhandlung und Buchdruckerei,
gegründet 1881, prämiirt mit goldenen Medaillen in Stuttgart, München, Berlin, Paris, Gent und London.
Nr. 48.
Abonnement:
Deutschland u. Oesterreich 2.50
vierteljährlich, Ausland 3.—
Stuttgart, 24. November 18S7
(Erscheint wöchentlich.)
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Die Nonpareille»«» ober deren
Raum so Pfg., Auktionen »o Pfg.
5. Jahrgang.
Ä ' Die Wissenschaften sind Gemeingut, weil das Denken
A Gemeingut ist, und das Denken aus der Quelle des Wissens
H schöpft. (W. Wundt.) A
Die Porzellanfabrik.
(Nachdruck verboten.)
Unser Gewährsmann von 1804 schreibt: Das
Porzellan ist eigentlich die allerfeinste Töpferwaare,
und die Erfindung desselben sehr alt; denn in Sina
(China) und Japan war es schon eine käufliche Waare,
als die Portugiesen den Weg und Handel nach Ost-
indien fanden. Dieses chinesische Porzellan war auch
so lange das einzige bekannte in der Welt, bis ein
Deutscher, Johann Friederich Bötticher, aus Schleiz
im Vogtlande, die Kunst erfand, Porzellan zu
machen.
Man hatte diesen Mann im Verdachte, er sey
ein Adept oder könne Gold machen; er entwich deß-
wegen aus Berlin 1701 und ging nach Sachsen:
Hier sollte er das Goldpulver erfinden. In der
äussersten Verlegenheit laborirte er mancherley, und
erfand, was er nicht suchte, und was man nicht
forderte, — die Kunst, Porzellan zu machen. Das
erste teutsche ächte Porzellan ward 1706 zu Dresden
auf der sogenannten Jungfer aus einem braunen
Thone gemacht, und 1710 die Porzellanfabrik zu
Meissen auf der Wbrechtsburg angelegt. Bötticher
ward baronisirt und starb 1719. Nach seinem Tode
ward alles noch besser eingerichtet, und Sachsen war
allein im Besitze dieser wichtigen Erfindung, welche
die Eifersucht von ganz Europa erregte, so, daß die
vornehmsten handelnden Nationen die Materialien
zum Porzellan aus China kommen ließen; allein
Niemand konnte es der Meißner Porzellanfabrik
gleich thun: endlich hat man in Berlin, Wien, Höchst
am Main, Frankenthal und anderen Orten ebenfalls
achtes Porzellan machen gelernt.
Vollkommen ächtes Porzellan hat folgende Merk-
male: Es schmelzet im heftigsten Ofenfeuer nicht;
bei der schnellesten Veränderung der stärksten Hitze
und Kälte verändert es sich nicht; man kann mit
demselben Feuer schlagen; es muß auf dem Bruche
fast so fein, dicht und glatt seyn, wie Taffent oder
Schmelz, beim Zerschlagen muß es einen reinen
glockenartigen Klang von sich geben; seine Oberfläche
muß rein, glatt und glänzend seyn; seine Halbdurch-
sichtigkeit darf weder dem Glase, noch dem Opale
gleichen; es muß blendend weiß seyn und lebhafte,
wohlgeflossene Farben haben; seine Glasur darf sich
blos durch größere Glätte und höhern Glanz von der
Porzellanmasse unterscheiden; feine Malerey muß richtig
und zierlich, seine Bildung modern, und seine Vergold-
ung gleichförmig und dauerhaft seyn. Untersucht man
nach diesen angeführten Merkmalen manches Porzellan,
Las als ächt ausgegcben wird, so wird sich die Falsch-
weisser Thon, der sehr mager, und leicht zu zerreiben
ist, viele glimmerartige Theile hat und nicht brauset;
man nennet sie Porzellanerde: Zu dieser thut man
Glaserde oder feinen Sand, und noch besser gepülverten
Quarz oder Quarzkiesel, wozu man eine Gypserdc setzet,
um den Fluß des Quarzes zu befördern.
Alles kommt nun darauf an, das Verhältniß dieser
Bestandtheile gegen einander zu bestimmen; welches
durch angestellte Versuche ausgemacht werden muß.
Dieß erfordert aber Nachdenken, Zeit und Kosten;
und daher hält man es sehr geheim: Eben so geheim
thut man mit der Vorbereitung dieser Materalien,
dem Grade des Feuers und der Einrichtung des
Ofens, worinnen das Porzellan gebrannt wird; denn
alle diese Dinge haben einen sehr wichtigen Einfluß
auf die wesentliche Beschaffenheit des Porzellans.
Der weisse Thon oder die Porzellanerde wird
geschlemmt und auf das sorgfältigste gereiniget; der
Quarz hingegen wird geröstet oder geglühet, in Was-
ser abgelöscht, auf einer Mühle gepocht, gemaylen
und durch ein feines seidenes Sieb geschlagen. Den
Gips zerstösset man, brennt ihn in einem kupfernen
Kessel, und siebet ihn ebenfalls sehr fein.
Die Mischung von Kiesel und Gipsstaub nennet
man die Fritte; diese wird mit dem geschlämmten
und wieder getrockneten Thone vermischt, und dann
lässet man diese Porzellanmasse, die mit Regenwasser
oder einer jeden Porzellanfabrik eigenen Beize, zu
einem Taige gemacht wird, so lange stehen, bis er
einen unangenehmen Geruch, eine graue Farbe und
eine taigartige Weiche angenommen hat.
Soll nun die Masse zu gewöhnlichen Gefässen
verarbeitet werden, so geschehet es auf der Töpfer-
scheibe; aber es wird mehr Fleiß dazu erfordert,
und man hat deßwegen auch die Werkzeuge so ein-
gerichtet, daß die Arbeiten vollkommener geliefert
werden können. Runde Gefäße drehet man auf der
Scheibe, drückt sie sodann in Formen, und drehet
sie nach dem Trocknen nochmals mit scharfen stähler-
nen Werkzeugen ab.
Was man nicht drehen kann, z. B. Figuren,
Gruppen, Bildwerke und dergl., das drückt man Stück-
weise in Formen, setzet es nach den Regeln der
Kunst zusammen, und bildet es mit hölzernen und
elfenbeinernen Werkzeugen weiter aus.
Die fertigen Stücke werden nach geschehener
Abtrocknung in Kapseln von Porzellanthon gebrannt:
Dieß geschehet in einem Ofen, der seine eigene Ein-
richtung hat, aus mehreren Stockwerken bestehet,
und, so viel es nur immer seyn kann, überall einen
gleichen Grad von Hitze haben muß; und in diesem
Ofen werden die fertigen Porzellanwaaren zuerst nur
gehärtet. Aus der Einrichtung eines solchen Ofens
macht man in allen Porzellanfabriken das größte Ge-
heimniß.
Auf diese Härtung folget die Glasur, wozu man
Quarz, Porzellanscherben und calcinte Gipskristalle
nimmt, welche sehr fein zerrieben und mit Wasser ver-
dünnet werden. In diese Glasur taucht man die ge-
brannten Stücke schnell ein, die auch gleich, so viel nöthig
heit dieses Vorgebens bald entdecken; und eben dieser
Kennzeichen wegen kann das französische glasartige
Geräthe, das zu St. Cloud gemacht wird, durchaus
nicht für ächtes Porzellan gelten: denn man kann es
in einer Berliner Kaffeetasse zu einem grünen Glase
schmelzen. (Porzellan ist ein in Europa gemachter Name
und in Italien aufgekommen; man nennt daselbst die
Töpferwaare, welche wegen ihrer Glasur den Porzellan-
Der Porzellanofen. (Text neben.)
schnecken (xoroolli) gleichet, poroollaua.) Das Porzellan
ist eine halb verglasete Masse, und bestehet aus der
Mischung zwoer einander entgegengesetzter Erdarten,
deren eine im Feuer unveränderlich bleibt, die andere
aber schmilzet, und dadurch mit der ersten auf das ge-
naueste verbunden wird: Diese Erdarten heissen bey den
Chinesern Laolin kotuntso.
Die im Feuer unveränderliche Erdart ist feiner