Verbürgte
Auflage 5000.
ZentraL-OrganfürSamrnelwesen,
Versteigerungen und Mterthumskunde.
Verbürgte
Auflage 5000.
Herausgegeben unter Mitwirkung bewährter Fachleute von Udo Beckert in Stuttgart, Böblingerstr. 2, Verlagsbuchhandlung und Buchdruckerei,
gegründet 1881, prämiirt mit goldenen Medaillen in Stuttgart, München, Berlin, Paris, Gent und London.
Nr. 3«.
Abonnement:
Deutschland u. Oesterreich S.SO
vierteljährlich, Ausland S.—
Stuttgart, I. September 18S7.
(Erscheint wöchentlich.)
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Die Nonpareillezeile ode; deren
Raum S0 Psg., Auktionen SO Pfg.
5. Jahrgang.
Die Wissenschaften sind Gemeingut, weil das Denken
Gemeingut ist, und das Denken aus der Quelle des Wissens
schöpft. (W. Wundt.)
Ausgrabungen, Entdeckungen,
Funde.
(Nachdruck nur mit Genehmigung der Redaktion gestattet. Sämmt-
liche Fund-Nachrichten stammen ausnahmslos aus der neuesten Zeit.
Einsendungen stets erwünscht. Bei Zeitungsausschnitten ist zu be-
merken, aus welchem Blatte sie stammen.)
Bitte!
Vielfach finden sich in Lokal- und anderen Blättern Mittheilungen
über Ausgrabungen, Entdeckungen und Funde, welche in solchen
Zeitungen wenig beachtet werden und bedauerlicher Weise bald der
Vergessenheit anheimfallen. Wir bitten daher die Freunde unsere«
Blattes um die Zusendung solcher Notizen per Streifband (Porto
z damit dieselben für di« Wissenschaft nutzbar gemacht werden
können.
Der Herausgeber eines Blattes in Amerika
wendet sich mit den Worten an da« Publikum:
»Wenn Sie irgend etwas wissen, was zu wissen
interessant ist, und war wir eigentlich wissen soll-
ten, und von dem Sie wissen, daß wir eS nicht
wissen — bitte, lasten Sie es uns misten!" —
Dar gilt auch sür unsere geneigten Leser.
Karlsruhe, Baden. (Archäologische Untersuchungen
in Baden.) In der Großh. Alterthümer-Sammlung,
in welcher die Fundstücke im Dörnigwald sich befinden,
sind nun auch die Ausgrabungsergebnisse der Grabhügel
von Liptingen, A. Stockach, welche Mitte Mai unter-
sucht wurden, fertig gestellt. Die dortige Hochfläche der
Schwäb. Alb ist an Grabhügeln ziemlich reich. Eine
besonders ansehnliche Gruppe befindet sich im Gemeinde-
wald „Hennelöh", Vg Stunde von Liptingen; es sind
etwa 20 Hügel von ungefähr denselben Dimensionen,
wie die von Weingarten; auch hier zeichnet sich einer
durch besondere Größe (32 m Durchmesser bei 2 m Höhe)
aus. Der erste Eindruck der Gruppe war nicht eben
günstig, denn der größere Theil der Hügel zeigte sich,
von privater württembergischer und hohenzollernscher
Seite veranlaßt, durch einen Agenten bereits im Raub-
bau ausgegraben, ohne daß dagegen hätte gesetzlich ein-
geschritten werden können. Immerhin gelang es, ihrer
noch drei unberührte geordneter Untersuchung zu unter-
werfen, soweit damals theils wiederholter Schneefall,
theils der außerordentlich schwere Lehmboden es ge-
statteten.
Gleich der Erste mit 18 m Durchmesser bei 1,30 m
Höhe zeigte bemerkenswerthe Ergebnisse. Er enthielt,
wie gewöhnlich, in der Tiefe des gewachsenen Bodens
zwei noch an wenigen Knochenresten kenntliche Be-
stattungen, die eines Mannes, in der Mitte gelegen,
seitlich davon die einer Frau. Bei Beiden bewies eine
rechteckige verkohlte Schicht, daß sie auf eine Unterlage
von Holzbrettern gebettet gewesen sein mußten. Dem
Manne war ein Speer (Spitze 30 om lang) und ein
kleiner Dolch von Eisen beigegeben; seine Hauptzierde
bildete aber ein großes Gürtelblech von Bronce (48 em
lang, 25 ow breit) mit sauber gestanzten, in Vierecken
angeordneten Verzierungen. Der unter dem Blech lie-
gende Stoff, also der Gürtel selbst, war noch kenntlich
vorhanden und ist durch freundlich übernommene che-
mische Untersuchung von Herrn Geh. Rath Engler als
Leder erkannt worden. Auf der Brust lag noch eine
Heftnadel von Bronce (sog. „Paukenfibel"), in der Nähe
der Schulter ein roh gearbeiteter kleiner Becher von
Thon, und zu Füßen ein größeres Thongefäß sammt
einer Trinkschaale, vielleicht als besonders willkommene
Nr. 21. Kreuzabnahme, IS. Jahrhundert.
Museum in Stuttgart, Neckarstraßs 8. (Text Seite 284.)
Mitgabe für den Todten gedacht. Bei der Bestattung
der Frau fand sich noch allerlei Schmuck, Hals-, Arm-
und Fußriuge und Heftnadel von Bronce, dabei eben-
falls ein Gürtel, mit kleinerem verziertem Blech gedeckt.
Theilweise über letzterem lagen in 4 Schnüren gereiht
viele kleine schwarzglänzende Perlen aus Gagatkohle,
jenem jetzt noch als „Jet" zu Trauerschmuck verwende-
ten Material, welches im Schwäb. Jura gefunden wird,
und am Hals größere rundliche, etwas plattgedrückte
Knöpfe von demselben Stoff, welche, an eisernen Oesen
angehängt, wohl als Hals- oder Haarschmuck dienten.
Ganz anderer Art war der Erfund in dem zweiten,
ebenso großen Hügel. In dessen Mitte lagen die Scherben
von 18 schwarzen Thongefäßen verschiedener Gestalt und
Größe, manche wenig verziert, zusammengeschichtet auf
einer 4 om dicken Lage von Kohlen und verbrannten
Knochenstücken; die von Steinen umgebene Erde dar-
unter war hart und roh gebrannt. Dabei nur noch ein
geschwärztes Bronceringchen; also mit ziemlicher Sicher-
heit auf Leichenbrand zu schließen.
Mit dem dritten, dem größten Grabhügel der Gruppe,
machte man ähnliche Erfahrungen wie bei Weingarten.
Man stieß in 1,40 w Tiefe auf eine große, wohl 20 ow
mächtige Schicht von Kohlen (Buchen- und Nadelholz),
untermischt mit eingeworfenen Thonscherben; der Hügel
deckte demnach wohl einen mächtigen Leichenbrand;
Fundstücke waren aber durchaus keine zu entdecken.
Die Ausbeute der Grabhügel von Liptingen stimmt
im Ganzen mit dem sonst in der Bodenseegegend und
auf der schwäb. Alb Gefundenen überein, wenn auch
Einzelnes, z. B. die Form des einen oder anderen Thon-
gefäßes, lokale Eigenthümlichkeiten zeigen mag. Farbig
verzierte Töpfe kamen uns nicht die Hände, sollen aber
in den früher ausgegrabenen Hügeln gefunden worden
sein. In jedem Falle gehört die ganze Grabanlage der
frühen Eisenzeit, der sog. Hallstattperiode an.
Von Fundstätten aus römischer Zeit wird seit ei-
nigen Monaten einer solchen in der Gegend von Wil-
lingen besondere Aufmerksamkeit gewidmet. Dort wurden
schon vor Jahren im „Bubenholz"-Wald, Gemarkung
Sinkingen, zwischen Fischbach und Nieder-Eschach, an
einem gegen Süden gerichteten Abhang, in unmittel-
barer Nähe einer Quelle, durch Herrn Rathschreiber
Emminger in Fischbach römische Mauertrümmer entdeckt,
welche neuerdings Herr Oberförster Roth mit staatlichen
Mitteln auszugraben begonnen hat. Es gelang ihm,
die Fundamente eines quadratischen (16 w im Geviert)
römischen Badgebäudes bloßzulegen, in dessen einem
Gemach die römische Heizungseinrichtung mit doppeltem
Boden und Heizröhren in den Wänden, auch farbig
verziertem Wandbewurf, in ziemlicher Vollständigkeit zu
Tage trat. Im Schutt desselben befanden sich auch die
Stücke eines kleinen römischen Altarsteins, nach der
Inschrift:
v L(Äk) ID
U 1 V X
L D . INnoius) LI
L 8(>us) VI
6 10 8, etc.
von einem Lucius Marius Victor der Göttin Fortuna
geweiht. Als besondere Merkwürdigkeit zeigten sich auf
dem Stein noch ursprüngliche Farbenspuren; er war
weiß gestrichen, die roh gearbeiteten Buchstaben er-
schienen roth. Außer jenem Gemach ist auch schon ein
ziemlich erhaltener, dickzementirter Baderaum aufgedeckt,
in welchen man auf einer kleinen zementirten Treppe
hinabstieg.
Etwa 200 w höher, am Rande der Hochfläche, deuten
Trümmerhaufen auf einen weiteren Bau. Auf dem-
selben wurde vor etlichen Jahren von Herrn Professor
Roder ein, jetzt in der städt. Sammlung in Villingen
befindlicher römischer Ziegel mit dem Stempel der 11,