Overview
Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Antiquitäten-Zeitung — 5.1897

DOI Heft:
Nr. 42 (13. Oktober)
DOI Seite / Zitierlink:
https://doi.org/10.11588/diglit.61937#0333
Überblick
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext

AM^ N^utral-OrganfürSammelwesen,!
<4ttsttll^ Verfteigerungen und Alterthnmskunde.

Verbürgte
Auflage 5000.

Herausgegeben unter Mitwirkung bewährter Fachleute von Udo Beckert in Stuttgart, Böblingerstr. 2, Verlagsbuchhandlung und Buchdruckerei,
gegründet 1881, prämiirt mit goldenen Medaillen in Stuttgart, München, Berlin, Paris, Gent und London.

Nr. 42.

Abonnement:
Deutschland u. Oesterreich S.SO
vierteljährlich, Ausland

Stuttgart, IS. Oktober 18S7.
(Erscheint wöchentlich.)

Anzeige«:
Die Nonpareillezeile oder deren
Raum so Ptg., Auktionen so Pfg.

5. Jahrgang.

AÄrSrLLLLrLLLL-LZrLLsrLLBiLL-LLLLLLLZrLLÄ
M Die Wissenschaften sind Gemeingut, weil das Denken 8"
Gemeingut ist, und da« Denken au» der Quelle de» Wissen» 8°
M schöpft. (W. Wundt.) A
Das Schweizerische Landes-
museum in Zürich.
(Fortsetzung.)

Die gemalte Holzdecke,
Flachschnitzereien gehalten,
mach der Inschrift ein Werk
des GregoriuS Bugar (?) aus
Paniz vom Jahre 1495, zierte
-früher die St. Sebastianska-
pelle in Igels (Kt. Graubün-
den) und bietet auch histori-
sches Interesse durch die zahl-
reichen Wappenschilde hün-
discher Geschlechter, desBischofs
von Chur, Heinrich v. Heven,
und der Thalschaft Lugnez.
Die Säulenarkade, welche sich
gegen den Voraum öffnet, ist
ein restaurirter Bestandtheil
des ehemaligen Kreuzganges
im Predigerkloster aus der
Mitte des 13. Jahrhunderts.
Der Raum selbst, in den wir
hinunterblicken, wird vorzüg-
lich zur Ausnahme mittelalter-
licher Grabdenkmäler dienen,
von denen bereits drei interes-
sante Stücke Aufnahme ge-
funden haben: zwei Grabplat-
ten , die Eine mit der gehar-
nischten Figur eines Edeln
von Altenklingen aus dem
Kloster Feldbach bei Steckborn,
die Andere eine Kopie des
Grabdenkmals eines Freiherrn
von Grabner in der Kirche zu
Eglisau, und ein sog. Tisch-
grab aus dem Ritterhause in
Bubikon, auf welchem dessen
Gründer, der Freie Diethelm von Toggenburg ruht,
alle dem 15. Jahrhunderte angehörend. Die flachge-
schnitzte, gothische Rosetten-Decke stammt aus dem Mitt-
lerhofe zu Stein a. Rh. Ein malerischer Treppenauf-
gang mit Holzwerk im mittelalterlichen Style aus dem
Kloster Münster, geschmückt mit den Alliancewappen der
Blarer und Peyer von Freudenfels aus Stein a. Rh.,
führt in's erste Stockwerk. Der schmucke Plättchenboden
ist eine Kopie desjenigen in der Winterabtei des Klosters
Mettingen.
Den kostbarsten Schmuck aber hat dieses stimmungs-
volle Gemach in seinen Glasgemälden, von denen die

in den beiden Seitenfenstern aus dem Refectorium des
Augustinerklosters in Zürich stammen und später der
bereits erwähnten Sammlung Usteri angehörten. Die
kriegerischen Szenen des Fensters links führen uns in
mittelalterlicher Gewandung den Wackern Römer Mucius
Scävola, die Judith im Lager des Holofernes und die
Enthauptung des Sohnes des Titus Manlius Torqua-
to vor, lauter Beispiele des Heldenmuthes und der
Mannszucht, Lieblingsdarstellungen unserer Väter aus
der Zeit ihrer höchsten Machtentfaltung, und darum
passende Geschenke der 13 alten Orte der Eidge-
noffenschaft vom Jahre 1519. Auch die drei Scheiben
im Fenster rechts sind werthvolle Gaben, die links ver-

Durchbrochene und verzierte Krüge von Felanitz.
Au» dem Werke: „Die Balearen." (Text in Nr. tl.)
muthlich von dem kaiserlichen Gesandten Christoph,
Schenk von Limburg, der in voller Rüstung neben dem
Gekreuzigten kniet, die beiden rechts von Herzog Karl
III. von Savoyen. Die Glasgemälde des Mittelfensters
wurden aus dem Auslande zurückerworben. Von den
3 untern Figureuscheiben mit Wappen des Konstanzer
Bischofs Hugo von Landenberg, des Ritters Albrecht
von Breitenlandenberg und des Abtes Petrus Baben-
berg zu Kreuzlingen, alle aus dem Jahre 1521, sind
zwei Werke desselben Meisters. Ueber ihnen prangt, aus
der Sammlung Usteri stammend, der mächtige Panner-
träger von Schwyz (1507), vermuthlich einstmals eine

Zierde des Rathhauses in Lachen und darum zur Zeit
der Revolution verwandelt in einen Pannerherren der
March. Nur ungern nehmen wir Abschied von diesen
Erinnerungen an eine große Zeit und wenden uns einer
aus Arvenholz geschnitzten Thüre zu. Das Wappen
über derselben weist uns nach dem Frauenkloster Münster
in Graubünden. Seine Trägerin war die Aebtissin An-
gelina Planta (1491—1509), die ihr Klösterlein durch
die stürmischen Zeiten des Schwabenkrieges zu lenken
hatte, während denen es vor einem Einfalle roher Kriegs-
gesellen nicht verschont blieb. Ein wohnliches Gemach
öffnet sich uns, das seine Entstehung der kunstsinnigen
Aebtissin Sibylla von Helfenstein im Fraumünster zu
Zürich verdankt, woran außer
einem Spruchbande über der
Thüre mit der Jahreszahl 1489
noch das Wappen der Be-
wohnerin erinnert. In den
vier kleinen Fensterchen prangen
ebensoviele reizende Wappen-
scheibchen aus der ehemaligen
Stiftsprobstei im Großmünster,
dem Jahre 1495 angehörend,
während ein grüner Relief-
kachelofen des 16. Jahrhun-
derts aus Rapperswyl den
Reiz mittelalterlicher Wohn-
lichkeit erhöht. Auch die beiden
folgenden Räume gehörten
einst dem berühmten Frauen-
stifte. Katharina von Zimmern,
die letzte Fürst-Aebtissin, hatte
sie im Jahre 1507 erstellen
lassen, wohl kaum ahnend, daß
die Tage der frommen Stif-
tung Ludwig's des Deutschen
aus dem Jahre 853 bereits
gezählt seien. Aus den ge-
malten Wandfriesen spricht
nicht nur ein vornehmer Ge-
schmack, auch ihr Inhalt ist
von hohem kulturgeschichtlichen
Jntereffe. Den Fenstern ver-
leiht abermals eine ganze
Reihe vorzüglicher Glasge-
mälde aus dem Anfänge des
16. Jahrhunderts einen un-
vergleichlichen Schmuck, vor
allem die prachtvollen Wappenscheiben von Randeck und
von Rümlang (1501 und 1512), fromme Spenden in
die Kirche von Läufelfingen, so daß der Gesammtein-
druck, welche diese Räume auf uns machen, in einem
andern Museum wohl kaum Seinesgleichen findet.
Durch die westliche Thüre des letzten Gemaches be-
treten wir den Korridor. Ueber ihrem geschnitzten Ge-
rüste prangt das Alliancewappen von Zimmern- von
Oeningen, welches die Aebtissin ihren erlauchten Eltern
in dankbarem Andenken gestiftet hatte. In den Nischen
stehen zwei alte, reichbemalte gothische Schränke aus
der Sakristei des Großmünsters, vermuthlich noch aus

im Style der gothischen
 
Annotationen