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Auflage 5000. Versteigerungen «nd Alterth«msk«nde. Auflage 5000.
Herausgegeben unter Mitwirkung bewährter Fachleute von Udo Beckert in Stuttgart. Reinsburgstr. 44, Verlagsbuchhandlung und Buchdruckerei,
gegründet 1881, prämiirt mit goldenen Medaillen in Stuttgart, München, Berlin, Paris, Gent und London.
Nr. 51.
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Deutschland u. Oesterreich r.KO
vierteljährlich, Ausland
Stuttgart, 15. Dezember 18S7
(Erscheint wöchentlich.)
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Die Nonpareillezetl« oder deren
Raum so Psg., Auktionen 3« Psg.
5. Jahrgang.
I Die Wissenschaften find Gemeingut, weil dar Denken
Z Gemeingut ist, und da» Denken au» der Quelle de» Wißen»
A schöpst. (W. Wundt.)
Kossuth sches Papiergeld.
Von F. Neubürger.
(Nachdruck verboten.)
Bei der großen Bewegung, die der Tod Ludwig
Äossuth's in der ganzen Welt wachrief, dürfte es
auch für weitere Kreise interessant sein, von einem
Papiergeld Kenntniß zu erhalten, das Kossuth
während seines Aufenthaltes in den Vereinigten
Staaten im Jahre 1851 ausgegeben hat.
Bekanntlich weilte Kossuth nach der blutigen
Niederwerfung der ungarischen Revolution zunächst
als Flüchtling in der Türkei, in die er sich am 17.
August 1849 hinübergercttet hatte. Wenige Tage
zuvor hatte er die von ihm auf seiner Flucht mit-
geführten ungarischen Kroninsignien zu Währowa,
nahe der Grenze, aber noch auf vaterländischem
Boden, vergraben, wo sie erst vier Jahre später durch
Zufall entdeckt wurden. Dabei fand sich, daß das
Kreuz oberhalb der Stephanskrone, unter diesen
/Kleinodien stark verbogen war. Man hat seit dieser
Zeit hieran nichts geändert, es werden sogar alle
Abbildungen, selbst die zu Staatszwecken angefertigten,
z. B. auf dem ungarischen Papiergelde, in dieser
verbogenen Form hergestellt.
Kossuth nebst seinen flüchtigen Begleitern wurde
von den türkischen Behörden erst in Widdin, dann
in Schumla internirt, ein Aufenthalt, der im Feb-
ruar des folgenden Jahres mit Kutahia in Klein-
asien, wohin ihm auch seine Gattin und seine Kin-
der bald folgten, vertauscht wurde. Hier blieben die
Verbannten bis zum 9. September 1851, da Kossuth
und seine Begleitung auf Intervention der britischen
und der nordamerikanischen Regierung an diesem
Tage ihre Freiheit wieder erhielten.
Er begab sich über England in die Vereinigten
Staaten, wo er mit unbeschreiblichem Enthusiasmus
empfangen wurde. Die seiner Person gewidmete Be-
geisterung suchte er für sein Vaterland nutzbar zu machen,
indem er, Meister des Wortes, der er war, die Sym-
pathien des großen amerikanischen Volkes durch feurige
Volksreden für Ungarn wachhielt. In diesem Stadium
seiner agitatorischen Thätigkeit eröffnete er eine unga-
rische Anleihe in Amerika, indem er Papiergeld veraus-
gabte , dessen Ertrag der ungarischen Propaganda zu
Gute kommen sollte. Erfolg hatte er damit freilich
ebensowenig, wie mit seiner anderweitigen Agitation,
die er bald nach London und später nach Italien ver-
legte. Von diesem in Amerika ausgegebenen Papiergelde
liegt eine Ein-Dollar-Note vor mir, deren genaue Be-
schreibung ich im Nachstehenoen gebe.
Sie hat eine Höhe von 103 mm, eine Breite von
195 mm, ist im Stahlstich ausgeführt und mit schwarzer
Farbe auf dünnes Hanfpostpapier gedruckt. Was ihre
künstlerische Ausführung betrifft, so unterscheidet sie sich
in Richts von den damals in Amerika üblichen Noten,
auch jetzt noch werden dort für den Bankverkehr be-
stimmte Werthpapiere in ganz ähnlicher Form herge-
stellt. Um so origineller ist der Wortlaut des Textes und
der bildliche Theil der Rote. Rechts und links oben,
innerhalb der durch Linien hergestellten Umrahmung,
befindet sich das heraldisch-richtige Wappen Ungarns,
aber — ohne Krone, von Phantasie-Ornamenten um-
geben; links ganz unten steht die Figur Ludwig Kos-
suth's in einem halb ungarischen Kostüme, den sederge-
Nr SS. Gothische Doppslbecher. IS. Jahrhundert.
Museum in Stuttgart, Neckarstraße S. (Text Seite 404.)
schmückten Cylinderhut auf dem Haupte, mit der Rechten
eine Papierrolle gegen das Herz pressend, die Linke ener-
gisch auf den neben ihm stehenden Tisch stemmend. Die
Gravüre dieses Theils der Note ist mit künstlerischem
Geschicke ausgeführt; flüchtiger dagegen die ihm gegen-
über in der rechten Ecke befindliche Minerva, die gleich-
falls in ganzer Figur, eine Urne zur Linken, mit Helm,
Schild und Lanze bewaffnet ist. Oberhalb der Note,
zwischen den beiden Wappenschildern, doch etwas tiefer,
findet sich eine Vignette, die zu Boden liegende Mo-
narchie darstellend, auf deren kronenloses Haupt die
siegreiche Freiheit ihren Fuß gesetzt hat. Was diese
Vignette besagen soll, das illustriren die Worte: „8ic
ssmxsr t^raunis" , die sich auf einem Bande unterhalb
derselben vorfinden.
Ueber dem tyrannenfeiudlichen Bilde stehen die
Worte: Datsä st disiv 2. Psbruar^ 1851. Je
rechts und links der siegreichen Freiheit sieht man in
reichem Guilloche-Fond die riesige Ziffer „1", neben
denen sich links der gothische Buchstabe (vermuthlich die
Litera) „L", und rechts das in Gothik gedruckte Wort
„No." findet; die Nr. selber — 26,024 — ist mit rother
Tinte — möglicherweise von Kossuth's eigener Hand —
geschrieben (heute würde sie auch gedruckt werden).
Zwischen den oben beschriebenen Vignetten, in der Mitte
der Note, fast die Hälfte des Raumes ausfüllend, liest
man folgenden Text:
„UunAuriau §unä. Ou äsmsnä ous ^sar
aktsr tbs sstsblishmsut in knet ok tbs Iuäspsu-
äsut UuuKsrisu Oovsrumsut, tbs bol-
cksr beieok sbsll bs sutitlsä to Ous Dollar
xsxsbls st tbs Kstiousl Vrsssurz- or st sitbsr ot'
its 4.K6ueiss st Douäou or öisvv Vorb; or to
sxabsuZs tbs ssms in suws ot b'iit/ Dollars or
ovsr, tör Osrtiüostss bssriuZ tour per Osut iuts-
rest, pa^abls iu tsu squsl auuual iustallmsuts
trom ous z'sar attsr saiä evsut.
D. Lossutb."
Der Text ist in englischer Currentschrift ausge-
sührt, die gesperrt gedruckten Worte in verzierter
Druckschrift. Die Kossuth'sche Unterschrift zeigt das
Facsimile einer schwungvollen freien, sehr leserlichen
Unterschrift, und wenn man von dieser auf die er-
wähnte rothe Ziffer schließen darf, so ist die Ver-
mulhung nicht gerade zurückzuweisen, daß Kossuth
diese selbst geschrieben habe. Ganz unten in kleiner
Druckschrift findet sich noch die Firma der Drucker:
Dsutortb, Lal<1 L Oo., disiv Hb auä Dbilsäslpbis.
So die Vorderseite der Note, welche, da das
darin vorgesehene Ereigniß, die Gründung eines
unabhängigen ungarischen Reiches, nicht eingetreten
ist, auch als Papiergeld keinen Werth hat. Um so
werthvoller ist sie als historisches Dokument, als eine
Reliquie, die übrigens ihr derzeitiger Besitzer zu ver-
kaufen gewillt ist.
Auf der Rückseite der Banknote befindet sich in
sauberen kleinen Schriftzügen folgende Widmung:
Herrn Dr. Elze. New Uork, 2. Juli 1852.
Herm. Raster.
Und diese Notiz besagt, daß Hermann Raster, der
berühmte, vor einigen Jahren verstorbene deutsch-ameri-
kanische Publizist, der Begründer der deutschen „Illinois
Staats-Zeitung" in Chicago, diesen Schein mit eigen-
händiger Dedikation seinem Freunde und Landsmann,
dem auch bereits Heimgegangenen Prof. Dr. Karl Elze,
dem Biographen Lord Bycon's, verehrt hat.
Unsere Bureaux befinden sich nunmehr in
unserem eigenen Hause, Reinsbirrgstraße 44
in Stuttgart.
Die Redaktion.