Seite 130.
Antiquitäten-Zeitung in Stuttgart, Zentral-Organ für Sammelwefen und Alterthumskunde.
Nr. 17.
Bedeutung derRuudwälle wieder ausgenommen und mit
großer Hartnäckigkeit verfochten. Bei unbefangener Prüf-
ung erkennt man als das Charakteristische der Anlage
einmal die Wallschüttung, sodann die versteckte Lage.
Weitaus die Mehrzahl ist auf steiler Höhe, in dichten
Wäldern und in schwer zugänglichen Sümpfen errichtet.
Den Erbauern muß es also darauf angekommen sein,
den Wall so zu legen, daß er von Unberufenen schwer
aufzufinden und doch schwer anzugreifen war. Dies in
Verbindung mit der Beschaffenheit der Funde schließt
den Gedanken an Cultzwecke aus und zwingt zu der
Annahme, daß die Schanzen als Zufluchtsstätten bei
drohender Gefahr gedient haben.
Die historischen Nachrichten stimmen damit sehr wohl
überein. Nach Cäsar's Rheinübergang sandten die Sueben
Boten nach allen Richtungen mit dem Befehl, Weiber,
Kinder und die bewegliche Habe in die Wälder zu schaffen.
Bei einem Feldzuge des Kaisers Maximinius Thrax
(236) flüchteten die Germanen in eine Sumpfburg.
Genauere Kunde erhalten wir über die Wälle in mittel-
alterlicher Zeit. In den Kämpfen zwischen Deutschen
und Slawen, die vom 9. bis 12. Jahrhundert mit
großer Erbitterung geführt wurden, spielen sie eine be-
deutende Rolle. War die Stadtbevölkerung hinter ihren
festen Mauern geborgen, wie wir dies z. B. bei Beuthen,
Nimptsch und Glogau wissen, so mußten die Bewohner
des platten Landes von den durch die Natur gebotenen
Hülfsmitteln Gebrauch machen. Sie waren in ihren
Verschanzungen vor Entdeckung und Angriff ziemlich
sicher, obwohl es nicht an Beispielen fehlt, daß dieselben
erobert und durch Feuer zerstört worden sind. Dem
vorüberziehenden Feinde konten sie von ihren Verstecken
aus leicht gefährlich werden. So erlitt z. B. Heinrich
II. im Jahr 1015 auf seinem Feldzuge gegen Boleslaw
von Polen durch die von allen Seiten hervorbrechenden
Landesbewohner herbe Verluste. Zur Lösung der viel
umstrittenen Frage, wer die Erbauer der Rundwälle ge-
wesen sind, hat Virchow den entscheidenden Schritt ge-
than, indem er, ausgehend von slawischen Ansiedelungen,
deren Benutzung und Zerstörung in historischer Zeit be-
glaubigt ist, z. B. Arkona und Garz auf Rügen, Alt-
Lübeck, Wollin u. A., ganz bestimmte, den Slawen ei-
genthümliche Gefäßformen und Ornamente ermittelte,
die in allen ähnlichen Anlagen östlich der Elbe wieder-
kehren. Hiernach sind die Wälle das Werk des etwa im
6. Jahrhundert n. Ehr. eindringenden Volkes der Slawen.
Eine Bestätigung erfährt diese Behauptung durch eine
Notiz in dem Reisebericht des Ibrahim Jbu Jakub vom
Jahre 973, in der die Herstellung einer Erdschanze im
Wendenlande genau beschrieben wird. Indessen gibt es
auch eine wenn auch nicht große Zahl von Wällen,
deren ursprüngliche Anlage zweifellos in die vorslawische,
germanische Periode zu setzen ist. Der Typus der Funde
weist auf das 4. vorchristliche Jahrhundert, das man
sich also als eine Zeit kriegerischer Verwickelungen zu
denken hätte. Hierher scheinen auch die oben erwähnten
Schlackenwälle zu gehören, die allerdings von Vielen
auf Grund von Vergleichungen mit Schottland, Frank-
reich, Böhmen u. s. w. den Kelten zugeschrieben werden.
Für alle diese Fragen ist von genaueren Untersuchungen,
wie sie bis jetzt nur bei wenigen Wällen vorliegen, eine
befriedigende Antwort zu erwarten.
Berichte aus Vereinen.
Frankfurt a. M. (Technischer
Verein.) Ueber Persiens Industrie und
Technik sprach kürzlich Professor Baba
bar Jschaja aus Täbris im Technischen
Verein. Er schilderte in recht gutem
oft humorvoll, die jetzige traurige
^Lage des Landes und Volkes im Ver-
gleich zu den früheren glänzenden Zeiten, den Einfluß
der Geistlichkeit, die bei ihrer großen Macht jeden kul-
lurellen Fortschritt zu hemmen weiß. Die persische In-
dustrie erstreckt sich auf Teppichweberei und Färberei,
Geschirr- und Papierfabrikation und Herstellung von
Waffen, die zu Luxuszwccken Verwendung finden. Stu-
dirte Aerzte gibt es im ganzen Lande etwa 20, unstudirte
aber in größerer Zahl, bei denen jedoch der Glaube
oft mehr hilft als die Medizin. Die Perser gehen nicht
gern zum Arzt. Das beste Geschäft machen die Bar-
biere, da jeder Perser sich wöchentlich mehrmals das
Kopfhaar scheeren lassen muß. In Bezug auf den Handel
mit Persien spielt England eine große Nolle. Neuer-
dings macht ihm aber Rußland Konkurrenz, und ganz
neuerdings sind auch die Belgier gekommen, die einige
Pferdebahnen gebaut haben. Eine deutsche Gesellschaft
ist eben daran, eine Bahn von Teheran nach Täbris
und Bagdad zu bauen. Zeitungen gibt es jetzt mehrere
in Persien; es hat aber viele Mühe gekostet, sie einzu-
führen. Auch die Buchdruckerei ist ziemlich verbreitet.
Ueber den Verkehr zwischen Deutschland und Persien
befragt, erzählte der Redner, wie schwer es ihm gemacht
wurde, ein Packet aufzugeben, und daß er jetzt nach
neun Wochen, einer Zeit, in der man vier Mal nach
Persien reise, noch keine Nachricht habe, ob die Sendung
angekommen sei.
Bibliotheken, Sammlungen,
Museen, Ausstellungen.
Paris. (Armee-Museum.) Im Mai
soll das Llusss bistorigns äs llarwss
eröffnet werden, das hauptsächlich durch
die Bemühungen des Vereins „8abrs-
WLZv, c..' taolls" zu Stande gekommen ist und auch
noch weiter gefördert werden wird. Die
Erben des Malers Meissonier, der sich
auf Verherrlichung der Kriege der Revolution und Na-
poleon I. verlegt hatte, haben dessen ungemein reiche
Sammlung von Uniformen, Waffen, Geräthen und Ge-
genständen oller Art aus jener Zeit dem neuen Museum
vermacht. Obwohl ja die Zeit nicht gar weit zurück-
liegt, sind viele, ja die meisten dieser Gegenstände heut-
zutage fast nirgendwo mehr aufzutreiben. Der Maler
Detaille hat Vieles beigesteuert, besonders auch Uniformen,
Waffen u. s. w. aus dem letzten Krieg. Viele andere
werthvolle Geschenke sind eingegangen. Die Regierung
hat die Kunstsachen des früheren Depot äs la Ausrrs,
sowie die des Rathsaales des Jnvalidenhauses dem
neuen Museum zugewiesen. Dieses wird zu einer wahren
Fundgrube für alles, was das Heer seit 150 Jahren
betrifft. Auch Abbildungen sind in Menge vorhanden.
— Das Museum zu Versailles hat folgende Bilder aus
der letzten Zeit erhalten. Das Gefecht bei La Patriüre
(1870) von Neuville; der Neiterangriff bei Reichshoffen,
von Arms Morot; dazu drei Bilder, die Tinayre in
Madagaskar an Ort und Stelle gemalt; Majunga, das
Gefecht bei Toanastratra, der Marsch nach Tananarivo.
Ausgrabungen, Entdeckungen,
Funde.
(Nachdruck nur mit Genehmigung der Redaktion gestattet. Sämmt-
liche Fund-Nachrichten stammen auSnahmilo« aus der neuesten Zeit.
Einsendungen stets erwünscht. Bei Zeitungsausschnitten ist zu be-
merken, aus welchem Blatt« ste stammen.)
Bitte!
Vielfach finden sich in Lokal- und anderen Blättern Mitthsilungen
über Ausgrabungen, Entdeckungen und Funde, welche in solchen
Zeitungen wenig beachtet werden und bedauerlicher Weise bald der
Vergessenheit anheimfallen. Wir bitten daher die Freunde unsere«
Blattes um die Zusendung solcher Notizen per Streifband (Porto
S A), damit dieselben sür die Wissenschaft nutzbar gemacht werden
L». können.
Der Herausgeber eine« Blattes in Amerika
wendet sich mit den Worten an da» Publikum:
.Wenn Sie irgend etwas wissen, war zu wissen
interessant ist, und war wir eigentlich wissen soll-
ten, und von dem Sie wissen, daß wir es nicht
wissen — bitte, lassen Sie es uns wissen!" —
Dar gilt auch für unsere geneigten Leser.
Eningen«. A., Württemberg. (Gräberfund.) Beim
Graben einer Ablaufdohle ist mau auf senkrecht stehende
Steine gekommen. Bei näherer Untersuchung entdeckte
man, daß es eine Art Grust war, in der ein großes
und starkes männliches Skelett mit einer Perlenschnur
um den Hals, sowie einer Lanze lag. Da vor 2 Jahren
ganz in der Nähe ebenfalls ein Skelett gesunden wurde,
so glaubt man, daß früher an dieser Stelle eine Grab-
stätte war.
Worms, Hessen. (Die Ausgrabungen römischer
Gräber), welche Frhr. v. Heyl zu Gunsten des Paulus-
museums auf seinem Gebiete vornehmen läßt, werden
mit Ende nächster Woche vorläufig ihren Abschluß er-
reichen ; es besteht jedoch die Absicht, dieselben im Spät-
sommer wieder in Angriff zu nehmen, denn noch harren
große Theile beider Grabfelder der Untersuchung. Die
Anzahl der bis jetzt untersuchten Gräber beläuft sich
auf 496. Davon entfallen auf das südliche Grabfeld
(Mariamünster—Schildweg) 343, darunter 48 zerstörte
Gräber; auf das neuentdeckte Grabfeld „am Bollwerk"
153, darunter 23 zerstörte. Unter den bis jetzt „am
Bollwerk" aufgedeckten Grabstätten herrschen bei Weitem
die Skelettbestattungen in Holzsärgen vor; Steinsarko-
phage wurden 21 angetroffen, darunter jedoch nur 4 mit
ganz unversehrtem Inhalt. Brandgräber erschienen auf
diesem Theile des Grabfeldes nur ganz vereinzelt, da
derselbe hauptsächlich die Bestattungen des 3. und 4.
Jahrhunderts ausgenommen hat, zu welcher Zeit man
die Leichenverbrennung nicht mehr geübt hatte. In einem
der Steinsärge, dem eines Mädchens, wurde ein höchst
merkwürdiger, in seiner Art ganz einziger Fund erhoben,
den jedenfalls die Grabräuber achtlos liegen ließen, der
aber trotz seiner anscheinenden Werthlosigkeit für uns
von großer kulturhistorischer Bedeutung ist. Es ist dies
der Fund zweier verschiedenfarbig bemalter Eier, offen-
bar Ostereier, welche der kleinen Entschlafenen vielleicht
die letzte Freude auf Erden bereitet hatten und deßhalb
ihr auch in's kalte Bett des Todes folgen sollten. Die
Kleine, vielleicht um die Oslerzeit des Jahres 320 nach
Christus verstorben — eine dabei gefundene Münze des
Kaisers Constantin läßt uns diesen Zeitraum etwa an-
nehmen — hat sich möglicherweise noch der üblichen
Osterspiele und der damit verbundenen Gebräuche des
Osterfeuers, des Ostermärchens, des Ostereiersuchens und
der Osterkuchen erfreuen dürfen, um alsbald nach dem
schönen, das Wiedererwacheu der Natur nach todtähnlichem
Winterschlafe feiernden Frühlingsfeste selbst eine Beute
des unerbittlichen Todes zu weroen. Daß das Osterfest
die Feier des Wiedererwachens der Natur, welches das
Ei symbolisch ausdrücken sollte, eine rein germanische,
also heidnische Feier gewesen ist und mit der christlichen
gar nichts gemein hat, ist bekannt und wird von unseren
Germanisten, wie Grimm, Simrock u. A. bezeugt. Wir
dürfen denn auch in den beiden in unserem Steinsarge
gefundenen bemalten Eiern einen direkten Zusammen-
hang erblicken mit den germanischen Ostergebräuchen,
und es wird durch sie der Beweis erbracht, daß das
noch jetzt übliche Färben der Ostereier ebenso einem
germanisch-heidnischen Gebrauch entstammt, wie die ganze
Osterfeier überhaupt. Die beiden gefundenen Eier, von
welchen das eine zum größten Theil, das andere nur in
kleinen Bruchstücken erhalten geblieben ist, sind Gänseeier.
Sie sind in der Nähe der beiden Spitzen mit breiten,
das ganze Ei umziehenden schwarzen Streifen bemalt,
daran schließen sich nach der Mitte zu braunrothe Strei-
fen; die Zwischenräume erscheinen alsdann mit rothen,
blauen und grünen Tupfen ausgefüllt. Einzelne Stellen
zeigen auch eine Vermischung verschiedener Farben, wel-
ches Verfahren noch jetzt häufig angeweudet wird. —
Sehr häufig finden sich Geflügelknochen, und zwar zu-
meist solche von der Gans, dann wurden auch schon viel-
fach andere Geflügelknochen, sowie Knochen vom Rind
und selbst Fischgerippe in den Gefäßen gefunden. Oft
sind den Leichen Münzen beigegeben worden, häufig
mehrere Stücke zusammen, wie es scheint, in einem Beu-
telchen, welches dann der Todte in der Hand hält. So
wurden neulich in einem Grabe 8, in anderen 5, 4 und
3 Münzen zusammen angetroffen. Die Zahl der auf-
gefundenen Thongefäße beläuft sich auf viele Hunderte,
und an Gläsern, darunter solche von den schönsten und
seltensten Formen, wurden allein Weit über hundert
erhoben.
Laasphe, Westfalen. (Ein hochinteressanter Fund)
wurde dieser Tage gelegentlich der Ausschachtungsar-
beiten an dem Postgebäude gemacht. Man stieß auf
eine noch sehr gut erhaltene Urne, die ihrer Form nach
der Römerzeit angehört. Das Gefäß enthielt außer
einigen alten Münzen mehrere Schmuckgegenstände. Wie
wir hören, soll der Fund dem Märkischen Museum in
Witten übergeben werden.
Courtrai, Belgien. (Münzfund.) Bei einer
Straßenanlage in der Vorstadt stießen Grundarbeiter
auf ein Kistchen Goldstücke, die über 300 Jahre alt sind.
Die Finder boten den Schatz ohne Vorwissen ihres Ar-
beitgebers einem Goldarbeiter in Brügge an, der die Sache
der Polizei anzeigte. Der Schatz hat einen Werth von
40,000 Francs.
Aus Algerien. (Eine interessante archäologische
Entdeckung) hat der Leuchthurmwärter von Kap Mati-
fou, östlich von Algier, bei dem neugegründeten Fischer-
dorfe Lapsrouse gemacht, 60 Grabsteinplatten und Vo-
tivtafeln, die er beim Umpflügen eines mit alten Gräben
übersäeten Feldes in der Erde fand. Es lag dort früher
die über einer phönikischen Handelsniederlassung er-
baute römische Stadt Rusguniae (ras ist punisch und
bedeutet wie das arabische ras ein Vorgebirge), die große
Ausdehnung besaß und aus deren Ruinen man, wie
Leo Africanus berichtet, die Steine zum Aufbau des
27 Km. entfernten Jcosium (Algier) gewann. Doch hat
man bisher nur wenig Ueberreste der dort auf einander
folgenden Kulturperioden und Religionen aufzufinden
vermocht, und sie zeigen, wie auch die neu aufgefundenen
Stelen, einen ziemlich barbarischen Kunstcharakter; die
Skulpturen sind von oberflächlicher, fast kindlicher Aus-
führung, so daß sie an die Götzenbilder von Dahomey
erinnern. Es gab in Rusguniae offenbar keinen ge-
schickteren griechischen Arbeiter wie in Caesarea (jetzt
Cherchell), der glänzenden Hauptstadt von Mauretanien.
Eine der Platten (60 Zentimeter hoch, 25 Zentimeter
breit) zeigt einen Halbmond, dessen Hörner nach oben
gerichtet sind und ein griechisches Kreuz entschließen;,
zu jeder Seite befindet sich eine Taube, darunter in
einer gewölbten Nische eine bekleidete Figur, deren Kopf
eine Muschel zum Hintergrund hat, links davon steht
ein kleiner Altar mit der Inschrift: 0. Valsrius Do-
natus. Auf einer anderen sieht man einen Reiter, der
wie ein hölzernes Kinderspielzeug aussieht, dann wieder
einen solchen, der nach irgend einem griechischen Modell
gearbeitet sein muß Er hat den Kopf unbedeckt; der
auf der Schulter geknüpfte Mantel flattert nach hinten,,
die Mähne des Pferdes ist kurz und gerade wie bei
den Pferden auf dem Parthenon. Auf anderen Platten
sieht man stehende Personen, die rechte Hand über einem
Altar, die linke auf der Brust haltend, oder solche, die
einen Kranz halten, der ihren Arm umschlingt, oder
Weintrauben, die vom Kinn bis zum Knie reichen; eine
befindet sich zwischen korinthischen Pilastern, auf denen
der Bogen der Nische ruht, die Haare und die Kleidung
sind aber nur durch parallele Striche, die Nase durch
ein Dreieck, der Mund durch einen wagerechten Strich
angedeutet. Auf einer anderen Platte wieder ist ein
Kind dargestellt, das mit der Rechten eine Traube, mit
der Linken ein Palmenblatt hält, daun eine Frau mit
einem Granatapfel und einer Traube u. s. w. in viel-
facher Abwechselung. Alle Tafeln, bis auf eine aus
weißem Marmor, bestehen aus Sandstein. Die früher
bei Kap Matifou gefundenen Gegenstände sind in dem
Schulmuseum von A'in-Taya untergebracht; erwähnens-
werth ist darunter eine christliche Lampe mit einem
Gemmenkreuz, eine kleine Schnabellampe aus Bronce,
heidnische Lampen, eine mit einem Löwen, eine mit
dem Halbmond geschmückt, eine mit dem Zeichen des
Töpfers versehen; verschiedene Münzen aus dem zweiten
Jahrhundert n. Chr.; ein Bleigewicht, 12D/z Gramm
schwer, mit der Zahl V und dem Namen des Besitzers
Retianus; ein großer Wasserkrug, ein korinthisches
Säulenkapitäl, rechtwinklige Ziegel, durch die Finger
des Töpfers gestreift, Hohlziegel, mit Palmenblättern
geschmückt n. A. Zum Schluß sei noch ein Meilenstein,
mit einer Inschrift von 11 Linien erwähnt, die besagt,
daß er unter der Herrschaft der Kaiser Valentinian und
Valens, der Frommen, Glücklichen und allezeit Er-
habenen, errichtet wurde.
Aus Aegypten. (Eine merkwürdige Nachricht)
bringt eine englische Zeitschrift. Danach soll das Britische
Museum in London kürzlich eine Drahtnachricht erhalten
haben, wonach man die sogenannten Logia des Matthäus
gefunden habe, und zwar anscheinend in einem altchrist-
lichen Grabe. Als „Logia" bezeichnet mau in der theo-
logischen Wissenschaft eine Sammlung von Sprüchen.
Jesu, die älter gewesen sein maß, als unsere jetzigen
kanonischen Evangelien. Aus einer solchen, dem Mat-
thäus zugeschriebenen Sammlung und dem Markus-
evangelium ist allem Anschein nach unser Matthäusevan-
gelium zusammengesetzt worden. Es scheint demnach,
daß es sich bei dem jetzigen Funde doch um etwas
Anderes, wenn auch wohl äußerst Wichtiges handeln
wird.
Aus Aegypten. (Neue Ausgrabungen.) Vielleicht
hatte man bei früheren Grabungen die Kosten so be-
deutender Erdabtragungen gescheut, die Herrn Amslineau
durch die Freigebigkeit einiger Landsleute, an deren
Spitze der Marquis de Biron steht, ermöglicht worden
waren. Man hatte schon sehr häufig bei Abydos Kiesel-
waffen von hervorragender Arbeit zu Tage gefördert
und man schrieb dieselben, wie de Morgan berichtet, ge-
wöhnlich der XII. oder der XXVII. Dynastie zu, je
nach dem Alter der Gräber, in deren Nähe man sie
aufgefnnden hatte. Die meisten Aegyptologen gingen
bis vor Kurzem bei derartigen Altersbestimmungen stets
von der irrigen Voraussetzung aus, daß verarbeitete
Kieselsplitter und andere Steinwaffen allen Perioden
der altägyptischen Geschichte eigen waren, es ist aber
jetzt erwiesen, daß überall da. wo nicht etwa der Boden
selbst schon vor Anlage der historischen Grabstätten solche
Artefakte enthielt, (was in Aegypten häufig genug der
Fall ist, bet der großen Verbreitung und Anzahl der
vorgeschichtlichen Kieselstätten) Silexwaffen in den chro-
nologisch bestimmbaren Gräbern nicht gefunden werden.
Auch ist ganz besonders hervorzuheben, daß ein großer
Unterschied naturgemäß zu machen ist zwischen verein-
zelten Funden der Art in altägyptischen Gräbern aus
den Zeiten von dec vierten Dynastie an und dann solchen
von Hunderten von Kieselwaffen, die in einem Grabe
zusammen lagen, wie sie Amslineau aufgedeckt hat. Die
von Letzterem im vergangenen Jahre freigelegten Grab-
Antiquitäten-Zeitung in Stuttgart, Zentral-Organ für Sammelwefen und Alterthumskunde.
Nr. 17.
Bedeutung derRuudwälle wieder ausgenommen und mit
großer Hartnäckigkeit verfochten. Bei unbefangener Prüf-
ung erkennt man als das Charakteristische der Anlage
einmal die Wallschüttung, sodann die versteckte Lage.
Weitaus die Mehrzahl ist auf steiler Höhe, in dichten
Wäldern und in schwer zugänglichen Sümpfen errichtet.
Den Erbauern muß es also darauf angekommen sein,
den Wall so zu legen, daß er von Unberufenen schwer
aufzufinden und doch schwer anzugreifen war. Dies in
Verbindung mit der Beschaffenheit der Funde schließt
den Gedanken an Cultzwecke aus und zwingt zu der
Annahme, daß die Schanzen als Zufluchtsstätten bei
drohender Gefahr gedient haben.
Die historischen Nachrichten stimmen damit sehr wohl
überein. Nach Cäsar's Rheinübergang sandten die Sueben
Boten nach allen Richtungen mit dem Befehl, Weiber,
Kinder und die bewegliche Habe in die Wälder zu schaffen.
Bei einem Feldzuge des Kaisers Maximinius Thrax
(236) flüchteten die Germanen in eine Sumpfburg.
Genauere Kunde erhalten wir über die Wälle in mittel-
alterlicher Zeit. In den Kämpfen zwischen Deutschen
und Slawen, die vom 9. bis 12. Jahrhundert mit
großer Erbitterung geführt wurden, spielen sie eine be-
deutende Rolle. War die Stadtbevölkerung hinter ihren
festen Mauern geborgen, wie wir dies z. B. bei Beuthen,
Nimptsch und Glogau wissen, so mußten die Bewohner
des platten Landes von den durch die Natur gebotenen
Hülfsmitteln Gebrauch machen. Sie waren in ihren
Verschanzungen vor Entdeckung und Angriff ziemlich
sicher, obwohl es nicht an Beispielen fehlt, daß dieselben
erobert und durch Feuer zerstört worden sind. Dem
vorüberziehenden Feinde konten sie von ihren Verstecken
aus leicht gefährlich werden. So erlitt z. B. Heinrich
II. im Jahr 1015 auf seinem Feldzuge gegen Boleslaw
von Polen durch die von allen Seiten hervorbrechenden
Landesbewohner herbe Verluste. Zur Lösung der viel
umstrittenen Frage, wer die Erbauer der Rundwälle ge-
wesen sind, hat Virchow den entscheidenden Schritt ge-
than, indem er, ausgehend von slawischen Ansiedelungen,
deren Benutzung und Zerstörung in historischer Zeit be-
glaubigt ist, z. B. Arkona und Garz auf Rügen, Alt-
Lübeck, Wollin u. A., ganz bestimmte, den Slawen ei-
genthümliche Gefäßformen und Ornamente ermittelte,
die in allen ähnlichen Anlagen östlich der Elbe wieder-
kehren. Hiernach sind die Wälle das Werk des etwa im
6. Jahrhundert n. Ehr. eindringenden Volkes der Slawen.
Eine Bestätigung erfährt diese Behauptung durch eine
Notiz in dem Reisebericht des Ibrahim Jbu Jakub vom
Jahre 973, in der die Herstellung einer Erdschanze im
Wendenlande genau beschrieben wird. Indessen gibt es
auch eine wenn auch nicht große Zahl von Wällen,
deren ursprüngliche Anlage zweifellos in die vorslawische,
germanische Periode zu setzen ist. Der Typus der Funde
weist auf das 4. vorchristliche Jahrhundert, das man
sich also als eine Zeit kriegerischer Verwickelungen zu
denken hätte. Hierher scheinen auch die oben erwähnten
Schlackenwälle zu gehören, die allerdings von Vielen
auf Grund von Vergleichungen mit Schottland, Frank-
reich, Böhmen u. s. w. den Kelten zugeschrieben werden.
Für alle diese Fragen ist von genaueren Untersuchungen,
wie sie bis jetzt nur bei wenigen Wällen vorliegen, eine
befriedigende Antwort zu erwarten.
Berichte aus Vereinen.
Frankfurt a. M. (Technischer
Verein.) Ueber Persiens Industrie und
Technik sprach kürzlich Professor Baba
bar Jschaja aus Täbris im Technischen
Verein. Er schilderte in recht gutem
oft humorvoll, die jetzige traurige
^Lage des Landes und Volkes im Ver-
gleich zu den früheren glänzenden Zeiten, den Einfluß
der Geistlichkeit, die bei ihrer großen Macht jeden kul-
lurellen Fortschritt zu hemmen weiß. Die persische In-
dustrie erstreckt sich auf Teppichweberei und Färberei,
Geschirr- und Papierfabrikation und Herstellung von
Waffen, die zu Luxuszwccken Verwendung finden. Stu-
dirte Aerzte gibt es im ganzen Lande etwa 20, unstudirte
aber in größerer Zahl, bei denen jedoch der Glaube
oft mehr hilft als die Medizin. Die Perser gehen nicht
gern zum Arzt. Das beste Geschäft machen die Bar-
biere, da jeder Perser sich wöchentlich mehrmals das
Kopfhaar scheeren lassen muß. In Bezug auf den Handel
mit Persien spielt England eine große Nolle. Neuer-
dings macht ihm aber Rußland Konkurrenz, und ganz
neuerdings sind auch die Belgier gekommen, die einige
Pferdebahnen gebaut haben. Eine deutsche Gesellschaft
ist eben daran, eine Bahn von Teheran nach Täbris
und Bagdad zu bauen. Zeitungen gibt es jetzt mehrere
in Persien; es hat aber viele Mühe gekostet, sie einzu-
führen. Auch die Buchdruckerei ist ziemlich verbreitet.
Ueber den Verkehr zwischen Deutschland und Persien
befragt, erzählte der Redner, wie schwer es ihm gemacht
wurde, ein Packet aufzugeben, und daß er jetzt nach
neun Wochen, einer Zeit, in der man vier Mal nach
Persien reise, noch keine Nachricht habe, ob die Sendung
angekommen sei.
Bibliotheken, Sammlungen,
Museen, Ausstellungen.
Paris. (Armee-Museum.) Im Mai
soll das Llusss bistorigns äs llarwss
eröffnet werden, das hauptsächlich durch
die Bemühungen des Vereins „8abrs-
WLZv, c..' taolls" zu Stande gekommen ist und auch
noch weiter gefördert werden wird. Die
Erben des Malers Meissonier, der sich
auf Verherrlichung der Kriege der Revolution und Na-
poleon I. verlegt hatte, haben dessen ungemein reiche
Sammlung von Uniformen, Waffen, Geräthen und Ge-
genständen oller Art aus jener Zeit dem neuen Museum
vermacht. Obwohl ja die Zeit nicht gar weit zurück-
liegt, sind viele, ja die meisten dieser Gegenstände heut-
zutage fast nirgendwo mehr aufzutreiben. Der Maler
Detaille hat Vieles beigesteuert, besonders auch Uniformen,
Waffen u. s. w. aus dem letzten Krieg. Viele andere
werthvolle Geschenke sind eingegangen. Die Regierung
hat die Kunstsachen des früheren Depot äs la Ausrrs,
sowie die des Rathsaales des Jnvalidenhauses dem
neuen Museum zugewiesen. Dieses wird zu einer wahren
Fundgrube für alles, was das Heer seit 150 Jahren
betrifft. Auch Abbildungen sind in Menge vorhanden.
— Das Museum zu Versailles hat folgende Bilder aus
der letzten Zeit erhalten. Das Gefecht bei La Patriüre
(1870) von Neuville; der Neiterangriff bei Reichshoffen,
von Arms Morot; dazu drei Bilder, die Tinayre in
Madagaskar an Ort und Stelle gemalt; Majunga, das
Gefecht bei Toanastratra, der Marsch nach Tananarivo.
Ausgrabungen, Entdeckungen,
Funde.
(Nachdruck nur mit Genehmigung der Redaktion gestattet. Sämmt-
liche Fund-Nachrichten stammen auSnahmilo« aus der neuesten Zeit.
Einsendungen stets erwünscht. Bei Zeitungsausschnitten ist zu be-
merken, aus welchem Blatt« ste stammen.)
Bitte!
Vielfach finden sich in Lokal- und anderen Blättern Mitthsilungen
über Ausgrabungen, Entdeckungen und Funde, welche in solchen
Zeitungen wenig beachtet werden und bedauerlicher Weise bald der
Vergessenheit anheimfallen. Wir bitten daher die Freunde unsere«
Blattes um die Zusendung solcher Notizen per Streifband (Porto
S A), damit dieselben sür die Wissenschaft nutzbar gemacht werden
L». können.
Der Herausgeber eine« Blattes in Amerika
wendet sich mit den Worten an da» Publikum:
.Wenn Sie irgend etwas wissen, war zu wissen
interessant ist, und war wir eigentlich wissen soll-
ten, und von dem Sie wissen, daß wir es nicht
wissen — bitte, lassen Sie es uns wissen!" —
Dar gilt auch für unsere geneigten Leser.
Eningen«. A., Württemberg. (Gräberfund.) Beim
Graben einer Ablaufdohle ist mau auf senkrecht stehende
Steine gekommen. Bei näherer Untersuchung entdeckte
man, daß es eine Art Grust war, in der ein großes
und starkes männliches Skelett mit einer Perlenschnur
um den Hals, sowie einer Lanze lag. Da vor 2 Jahren
ganz in der Nähe ebenfalls ein Skelett gesunden wurde,
so glaubt man, daß früher an dieser Stelle eine Grab-
stätte war.
Worms, Hessen. (Die Ausgrabungen römischer
Gräber), welche Frhr. v. Heyl zu Gunsten des Paulus-
museums auf seinem Gebiete vornehmen läßt, werden
mit Ende nächster Woche vorläufig ihren Abschluß er-
reichen ; es besteht jedoch die Absicht, dieselben im Spät-
sommer wieder in Angriff zu nehmen, denn noch harren
große Theile beider Grabfelder der Untersuchung. Die
Anzahl der bis jetzt untersuchten Gräber beläuft sich
auf 496. Davon entfallen auf das südliche Grabfeld
(Mariamünster—Schildweg) 343, darunter 48 zerstörte
Gräber; auf das neuentdeckte Grabfeld „am Bollwerk"
153, darunter 23 zerstörte. Unter den bis jetzt „am
Bollwerk" aufgedeckten Grabstätten herrschen bei Weitem
die Skelettbestattungen in Holzsärgen vor; Steinsarko-
phage wurden 21 angetroffen, darunter jedoch nur 4 mit
ganz unversehrtem Inhalt. Brandgräber erschienen auf
diesem Theile des Grabfeldes nur ganz vereinzelt, da
derselbe hauptsächlich die Bestattungen des 3. und 4.
Jahrhunderts ausgenommen hat, zu welcher Zeit man
die Leichenverbrennung nicht mehr geübt hatte. In einem
der Steinsärge, dem eines Mädchens, wurde ein höchst
merkwürdiger, in seiner Art ganz einziger Fund erhoben,
den jedenfalls die Grabräuber achtlos liegen ließen, der
aber trotz seiner anscheinenden Werthlosigkeit für uns
von großer kulturhistorischer Bedeutung ist. Es ist dies
der Fund zweier verschiedenfarbig bemalter Eier, offen-
bar Ostereier, welche der kleinen Entschlafenen vielleicht
die letzte Freude auf Erden bereitet hatten und deßhalb
ihr auch in's kalte Bett des Todes folgen sollten. Die
Kleine, vielleicht um die Oslerzeit des Jahres 320 nach
Christus verstorben — eine dabei gefundene Münze des
Kaisers Constantin läßt uns diesen Zeitraum etwa an-
nehmen — hat sich möglicherweise noch der üblichen
Osterspiele und der damit verbundenen Gebräuche des
Osterfeuers, des Ostermärchens, des Ostereiersuchens und
der Osterkuchen erfreuen dürfen, um alsbald nach dem
schönen, das Wiedererwacheu der Natur nach todtähnlichem
Winterschlafe feiernden Frühlingsfeste selbst eine Beute
des unerbittlichen Todes zu weroen. Daß das Osterfest
die Feier des Wiedererwachens der Natur, welches das
Ei symbolisch ausdrücken sollte, eine rein germanische,
also heidnische Feier gewesen ist und mit der christlichen
gar nichts gemein hat, ist bekannt und wird von unseren
Germanisten, wie Grimm, Simrock u. A. bezeugt. Wir
dürfen denn auch in den beiden in unserem Steinsarge
gefundenen bemalten Eiern einen direkten Zusammen-
hang erblicken mit den germanischen Ostergebräuchen,
und es wird durch sie der Beweis erbracht, daß das
noch jetzt übliche Färben der Ostereier ebenso einem
germanisch-heidnischen Gebrauch entstammt, wie die ganze
Osterfeier überhaupt. Die beiden gefundenen Eier, von
welchen das eine zum größten Theil, das andere nur in
kleinen Bruchstücken erhalten geblieben ist, sind Gänseeier.
Sie sind in der Nähe der beiden Spitzen mit breiten,
das ganze Ei umziehenden schwarzen Streifen bemalt,
daran schließen sich nach der Mitte zu braunrothe Strei-
fen; die Zwischenräume erscheinen alsdann mit rothen,
blauen und grünen Tupfen ausgefüllt. Einzelne Stellen
zeigen auch eine Vermischung verschiedener Farben, wel-
ches Verfahren noch jetzt häufig angeweudet wird. —
Sehr häufig finden sich Geflügelknochen, und zwar zu-
meist solche von der Gans, dann wurden auch schon viel-
fach andere Geflügelknochen, sowie Knochen vom Rind
und selbst Fischgerippe in den Gefäßen gefunden. Oft
sind den Leichen Münzen beigegeben worden, häufig
mehrere Stücke zusammen, wie es scheint, in einem Beu-
telchen, welches dann der Todte in der Hand hält. So
wurden neulich in einem Grabe 8, in anderen 5, 4 und
3 Münzen zusammen angetroffen. Die Zahl der auf-
gefundenen Thongefäße beläuft sich auf viele Hunderte,
und an Gläsern, darunter solche von den schönsten und
seltensten Formen, wurden allein Weit über hundert
erhoben.
Laasphe, Westfalen. (Ein hochinteressanter Fund)
wurde dieser Tage gelegentlich der Ausschachtungsar-
beiten an dem Postgebäude gemacht. Man stieß auf
eine noch sehr gut erhaltene Urne, die ihrer Form nach
der Römerzeit angehört. Das Gefäß enthielt außer
einigen alten Münzen mehrere Schmuckgegenstände. Wie
wir hören, soll der Fund dem Märkischen Museum in
Witten übergeben werden.
Courtrai, Belgien. (Münzfund.) Bei einer
Straßenanlage in der Vorstadt stießen Grundarbeiter
auf ein Kistchen Goldstücke, die über 300 Jahre alt sind.
Die Finder boten den Schatz ohne Vorwissen ihres Ar-
beitgebers einem Goldarbeiter in Brügge an, der die Sache
der Polizei anzeigte. Der Schatz hat einen Werth von
40,000 Francs.
Aus Algerien. (Eine interessante archäologische
Entdeckung) hat der Leuchthurmwärter von Kap Mati-
fou, östlich von Algier, bei dem neugegründeten Fischer-
dorfe Lapsrouse gemacht, 60 Grabsteinplatten und Vo-
tivtafeln, die er beim Umpflügen eines mit alten Gräben
übersäeten Feldes in der Erde fand. Es lag dort früher
die über einer phönikischen Handelsniederlassung er-
baute römische Stadt Rusguniae (ras ist punisch und
bedeutet wie das arabische ras ein Vorgebirge), die große
Ausdehnung besaß und aus deren Ruinen man, wie
Leo Africanus berichtet, die Steine zum Aufbau des
27 Km. entfernten Jcosium (Algier) gewann. Doch hat
man bisher nur wenig Ueberreste der dort auf einander
folgenden Kulturperioden und Religionen aufzufinden
vermocht, und sie zeigen, wie auch die neu aufgefundenen
Stelen, einen ziemlich barbarischen Kunstcharakter; die
Skulpturen sind von oberflächlicher, fast kindlicher Aus-
führung, so daß sie an die Götzenbilder von Dahomey
erinnern. Es gab in Rusguniae offenbar keinen ge-
schickteren griechischen Arbeiter wie in Caesarea (jetzt
Cherchell), der glänzenden Hauptstadt von Mauretanien.
Eine der Platten (60 Zentimeter hoch, 25 Zentimeter
breit) zeigt einen Halbmond, dessen Hörner nach oben
gerichtet sind und ein griechisches Kreuz entschließen;,
zu jeder Seite befindet sich eine Taube, darunter in
einer gewölbten Nische eine bekleidete Figur, deren Kopf
eine Muschel zum Hintergrund hat, links davon steht
ein kleiner Altar mit der Inschrift: 0. Valsrius Do-
natus. Auf einer anderen sieht man einen Reiter, der
wie ein hölzernes Kinderspielzeug aussieht, dann wieder
einen solchen, der nach irgend einem griechischen Modell
gearbeitet sein muß Er hat den Kopf unbedeckt; der
auf der Schulter geknüpfte Mantel flattert nach hinten,,
die Mähne des Pferdes ist kurz und gerade wie bei
den Pferden auf dem Parthenon. Auf anderen Platten
sieht man stehende Personen, die rechte Hand über einem
Altar, die linke auf der Brust haltend, oder solche, die
einen Kranz halten, der ihren Arm umschlingt, oder
Weintrauben, die vom Kinn bis zum Knie reichen; eine
befindet sich zwischen korinthischen Pilastern, auf denen
der Bogen der Nische ruht, die Haare und die Kleidung
sind aber nur durch parallele Striche, die Nase durch
ein Dreieck, der Mund durch einen wagerechten Strich
angedeutet. Auf einer anderen Platte wieder ist ein
Kind dargestellt, das mit der Rechten eine Traube, mit
der Linken ein Palmenblatt hält, daun eine Frau mit
einem Granatapfel und einer Traube u. s. w. in viel-
facher Abwechselung. Alle Tafeln, bis auf eine aus
weißem Marmor, bestehen aus Sandstein. Die früher
bei Kap Matifou gefundenen Gegenstände sind in dem
Schulmuseum von A'in-Taya untergebracht; erwähnens-
werth ist darunter eine christliche Lampe mit einem
Gemmenkreuz, eine kleine Schnabellampe aus Bronce,
heidnische Lampen, eine mit einem Löwen, eine mit
dem Halbmond geschmückt, eine mit dem Zeichen des
Töpfers versehen; verschiedene Münzen aus dem zweiten
Jahrhundert n. Chr.; ein Bleigewicht, 12D/z Gramm
schwer, mit der Zahl V und dem Namen des Besitzers
Retianus; ein großer Wasserkrug, ein korinthisches
Säulenkapitäl, rechtwinklige Ziegel, durch die Finger
des Töpfers gestreift, Hohlziegel, mit Palmenblättern
geschmückt n. A. Zum Schluß sei noch ein Meilenstein,
mit einer Inschrift von 11 Linien erwähnt, die besagt,
daß er unter der Herrschaft der Kaiser Valentinian und
Valens, der Frommen, Glücklichen und allezeit Er-
habenen, errichtet wurde.
Aus Aegypten. (Eine merkwürdige Nachricht)
bringt eine englische Zeitschrift. Danach soll das Britische
Museum in London kürzlich eine Drahtnachricht erhalten
haben, wonach man die sogenannten Logia des Matthäus
gefunden habe, und zwar anscheinend in einem altchrist-
lichen Grabe. Als „Logia" bezeichnet mau in der theo-
logischen Wissenschaft eine Sammlung von Sprüchen.
Jesu, die älter gewesen sein maß, als unsere jetzigen
kanonischen Evangelien. Aus einer solchen, dem Mat-
thäus zugeschriebenen Sammlung und dem Markus-
evangelium ist allem Anschein nach unser Matthäusevan-
gelium zusammengesetzt worden. Es scheint demnach,
daß es sich bei dem jetzigen Funde doch um etwas
Anderes, wenn auch wohl äußerst Wichtiges handeln
wird.
Aus Aegypten. (Neue Ausgrabungen.) Vielleicht
hatte man bei früheren Grabungen die Kosten so be-
deutender Erdabtragungen gescheut, die Herrn Amslineau
durch die Freigebigkeit einiger Landsleute, an deren
Spitze der Marquis de Biron steht, ermöglicht worden
waren. Man hatte schon sehr häufig bei Abydos Kiesel-
waffen von hervorragender Arbeit zu Tage gefördert
und man schrieb dieselben, wie de Morgan berichtet, ge-
wöhnlich der XII. oder der XXVII. Dynastie zu, je
nach dem Alter der Gräber, in deren Nähe man sie
aufgefnnden hatte. Die meisten Aegyptologen gingen
bis vor Kurzem bei derartigen Altersbestimmungen stets
von der irrigen Voraussetzung aus, daß verarbeitete
Kieselsplitter und andere Steinwaffen allen Perioden
der altägyptischen Geschichte eigen waren, es ist aber
jetzt erwiesen, daß überall da. wo nicht etwa der Boden
selbst schon vor Anlage der historischen Grabstätten solche
Artefakte enthielt, (was in Aegypten häufig genug der
Fall ist, bet der großen Verbreitung und Anzahl der
vorgeschichtlichen Kieselstätten) Silexwaffen in den chro-
nologisch bestimmbaren Gräbern nicht gefunden werden.
Auch ist ganz besonders hervorzuheben, daß ein großer
Unterschied naturgemäß zu machen ist zwischen verein-
zelten Funden der Art in altägyptischen Gräbern aus
den Zeiten von dec vierten Dynastie an und dann solchen
von Hunderten von Kieselwaffen, die in einem Grabe
zusammen lagen, wie sie Amslineau aufgedeckt hat. Die
von Letzterem im vergangenen Jahre freigelegten Grab-