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Antiquitäten-Zeitung — 5.1897

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Nr. 29 (14. Juli)
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Seite 226.

Antiquitäten-Zeitung in Stuttgart, Zentral-Organ für Sammelwesen und Alterthumskunde.

Nr. 29.

Holz und Pfeifen aus Thon, die einen geschmückt mit
Guirlanden und Emblemen, die anderen den Kopf Thiers'
und Gambetta's bildend. Wenn man diese und die
Pfeifen vergangener Zeit betrachtet, kann man nicht
umhin, zu gestehen, daß sich selbst die Geschichte in den
Pfeifenköpfen spiegelt. Da sind wahrhaft liliputanische
und dann wieder gigantische Pfeifen; Pfeifen, die aus
manchen Pflanzenwurzeln der Pyrenäen mit dem Messer
geschnitzt werden und die Form einer länglichen Pyra-
mide besitzen, andere aus Rosenholz, wie man sie in alten
Zeiten in Spanien benützte, wo man die Tabakblätter
mit Myrrhen, Aloe und anderen Substanzen mischte;
Pfeifen des Orients aus vergoldetem Thon, oft reich
mit Edelsteinen besetzt, mit Pfeifenrohren aller Art,
welche mit bunter Seide oder blumigem Sammet be-
kleidet sind. Kurz, alles, was die Töpfer, die Maler,
die Kunstschnitzer, die Goldarbeiter zur Pfeifenzierrath
erfunden haben, ist bei Watteville zu finden.
Ein Saal des französischen Barons liefert uns mit
einer kleinen Spezial-Sammlung die Illustrationen zur
Geschichte der Tabakpfeife. Da find Pfeifen, die aus der
Zeit vor der Eroberung Mexikos durch Ferdinand Cor-
tez stammen und die man nur noch in den Gräbern der
Azteken findet. Für die alten Mexikaner scheint die
Pfeife ein Kunstobjekt gewesen zu sein, denn man steht
auf ihr in kunstvollen Schnitzereien phantastische Figuren
aller Art. Diese Schnitzereien bilden zumeist Bas-Re-
liefs auf den langen, platten Pfeifen. Diese sind ebenso
merkwürdig, wie die Blutstein-Pfeifen der Indianer;
das Rauchen gehört zum religiösen Gebrauche der Roth-
häute. Die ganze Kunst der Renaissance findet sich in
den Schnitzereien der hölzernen Pfeifen dieser Zeit, cise-
lirt, vergoldet, durch die Haud der geschicktesten Arbei-
ter, zeigen sie uns zierliche Gestalten in den eleganten
Kostümen dieser Periode. Manche mit ihren lebhaften
und malerischen Scenen muthen uns an wie ein Gedicht
von Ronsard. In diesen zierlichen Pfeifenköpfen rauchte
man das „Kraut der Königin", wie man am Hofe der
Katharina von Medici den Tabak anfangs nannte.
Jeden Augenblick stoßen wir in der Sammlung Watte-
ville's auf eine andere Kuriosität. Da ist ein Souvenir
an den canadischen Krieg — eine Streitaxt aus ge-
schmiedetem Eisen, reich mit Silber beschlagen, welche
auch als Pfeife dienen kann, da die Axt hohl ist; der
Stiel kann als Pfeifenrohr dienen. Das war ein Ge-
schenk Ludwig's XV. an die Indianer-Häuptlinge. Da
ist eine Pfeife aus einem geschnitzten Mammuthsknochen,
welche Watteville in der russischen Abtheilung der Pa-
riser Weltausstellung kaufte. Die halbwilden Stämme
des nördlichen Sibiriens rauchen aus ihnen giftige
Schwämme; man macht nur zwei, drei Züge aus dieser
Pfeife, um in einigen wohligen Rausch zu versinken;
zwei Züge mehr und der Raucher ist ein todter Mann.
Da ist eine ganze Kollektion Pfeifen vom weißen und
blauen Nil, welche Watteville von dem berühmten Aegyp-
tologen Lomard erworben hat. Es sind zumeist Wasser-
pfeifen. Da sind Bernsteinpfeifen aus der asiatischen
Türkei, zumeist ganz durchsichtig, besetzt mit Korallen,
Türkisen und anderen Edelsteinen. Da sind tscherkessische
Pfeifen mit doppeltem Rohr aus dem Kaukasus, da ist
eine Riesenpseife aus Oyapock mit unzähligen Löchern,
in welche eine ganze Gesellschaft ihre Rohre stecken kann,
da sind Pfeifen vom Kongo, deren dünne Rosenrohre
an die Nasenlöcher angesetzt werden, da die dortigen
interessanten Völkerschaften durch die Nase rauchen. Na-
türlich sind es nicht durchweg Tabakpfeifen im eigent-
lichen Sinne des Wortes, die wir vor uns haben. In
China raucht man nur Opium, in vielen Theilen Afri-
kas Hanf, in Persien Rosenblätter, in Japan eine Opium-
komposition, ja es gibt in einigen Theilen Sibiriens
Stämme, die neben den vorerwähnten giftigen Schwämmen
auch das Sägemehl gewisser Holzarten rauchen. „Sie
müssen angesichts so vieler Pfeifen und so vielfacher Ver-
führung wohl ein leidenschaftlicher Raucher aus der
Pfeife sein?" sagte Paul Eudel, nachdem er seine Wan-
derung durch das ungeheure Pfeifen-Museum Watteville's
beendet hatte. „Ich?!" rief der Baron, „ich rauche nur
Cigaretten. . ."
Und da erkläre uns Einer, wie die Liebhabereien
der Sammler entstehen!
Eine andere, vielverbreitete Sammel-Manie hat sich
die Briefmarken zum Gegenstand erkoren. Man lächle
nicht! Wir haben es da nicht blos, wie Viele glauben
mögen, mit einer Schülerleidenschaft zu thun. Viele
ernste Leute, große Geschäftshäuser befassen sich damit.
Die Manie ist nicht alt. In den Vierziger Jahren er-
schienen die ersten Briefmarken in Frankreich und Eng-
land; die Türkei, wie gewöhnlich der letzte Staat, der
eine Neuerung acceptirt, führte sie erst im Jahre 1863
ein. Die Briefmarken werden zu den verschiedensten
Zwecken gesammelt, oft auch zur Bekehrung kleiner Jn-
dianerknaben — freilich war es den „wohlthätigen"
Vereinen, die sich damit befaßten- weniger darum zu
thun, die Mohren, als die Briefmarken selbst weiß zu
waschen. In der Schweiz gab es eine Zeit lang solche
Waschanstalten, welche auch eine ansehnliche Quantität
ihrer gereinigten Briefmarken wieder in den Handel zu
bringen suchten. Das Unternehmen war jedoch mit solchen
Schwierigkeiten verbunden und erforderte so viel Mit-
wisser, daß es von den spekulativen Köpfen, die es er-
sonnen hatten, bald wieder aufgegeben wurde. Heute
werden Briefmarken nur gesammelt, um einer Liebhaberei
zu stöhnen. Im Jahre 1860 eröffnete ein gewisser La-
Plante das erste Briefmarkengeschäft in Paris. Heute
gibt es m der Seinestadt allein nicht weniger als 150
Geschäftshäuser, die sich mit dem Briefmarkenhandel
befassen, ganz abgesehen von zahlreichen „Spezialisten",
die sich Riesenkollektionen anlegen. Es gibt ein Ge-
schäftshaus in Paris, welches jährlich zwei Millionen
Briefmarken und dreißigtausend Briefmarken-Albums
verkauft. Das Haus beschäftigt ein Heer von Beamten
und Agenten und gibt ein großes Wochenblatt heraus,
welches ausschließlich den Interessen dieser Sammel-
manie gewidmet ist. Hunderte von Packeten werden
täglich nach allen Theilen der Welt expedirt, Hunderte
von Ausländern verlassen täglich, mit schweren Albums
beladen, die Bureaulokalitäten, der Bedarf ist ungeheuer
und der Vorrath hat kein Ende. — Die Briefmarken-
händler haben sich nur an die Postverwaltungen der
verschiedenen Länder zu wenden, um stets neue Marken

ohne Ueberzahlung zu erhalten. Einer der Briefmarken-
Liebhaber, Herr Arthur Maury in Paris, hat einen
Katalog mit den Abbildungen aller existirenden Marken
herausgegeben. Eine Sammlung, nach diesem Kataloge
zusammengestellt, käme auf vielleicht 100,000 Francs zu
stehen. Und diese Sammlung soll nach der Aussage von
Kennern höchst unvollständig sein. Ein anderer Brief-
marken-Liebhaber in Paris, ein Herr de Ferrari, soll
bereits Istz Millionen Francs für Briefmarken veraus-
gabt haben. Ein dritter Liebhaber ist Baron Arthur
von Rothschild, dessen Briefmarken-Sammlung auf
200,000 Francs geschätzt wird. Baron Rothschild hat
ferner in Paris eine Briefmarken-Gesellschaft gegründet,
„deren Zweck das Studium der Briefmarken in ihren
Eigenthümlichkeiten wie in ihren Beziehungen zur Ge-
schichte, Geographie, Finanzverwaltung, Linguistik und
Kunst ist". Der Baron ist der Präsident dieser Gesell-
schaft, die zahlreiche Mitglieder hat, welche jährlich
eine Gebühr von 20 Francs zu bezahlen haben. Auch
Damen sind zugelassen. In der Mitglieder-Liste fignr-
irt die Schauspielerin Leonide Leblanc, die, wie viele
andere Pariser Bühnenkünstler, zu den pasfionirten Brief-
marken-Sammlern gehört. Viele Leute gelangten durch
ihr Sammlergeschäft zu großem Reichthum, so ein Pa-
riser Händler, der vor der Begründung des einigen
Italiens eine große Menge von Marken der kleinen ita-
lienischen Staaten, des Kirchenstaats, Modenas, Parmas,
Toskanas, Neapels ankauste; diese Marken, die heute
nur noch sehr schwer zu beschaffen sind, haben enorme
Preise. Die Preise reguliren sich auf einer speziellen
Briefmarken-Börse, die sich in Paris, gegenüber dem
Hotel Lasfitte, etablirt hat, und auf der es so lärmend
zugeht, wie auf jeder anderen Börse. Die seltensten der
französischen Marken ist die „Emission" von 1849, Orange-
farbe; man bezahlt sie neu mit 200, überstempelt mit
60 Frcs. Doch gibt es Marken, die einen noch weit
höheren Cours erreichen. Die Marken der Insel Bour-
bon von 1852 zu 15 und 30 Centimes, auf azurblaues
Briefpapier gedruckt, werden mit 1000 Francs bezahlt.
Die rara avi« aller Marken ist aber die der Insel Mau-
ritius vom Jahre 1850. Sei sie nun roth oder blau,
abgestempelt oder nicht, wenn sie nur die Inschrift
„kost okües" trägt — o glücklicher Besitzer! Du erhältst
sofort baar 1500 Francs für sie. Es gibt Marken aller
Formen, viereckige wie dreieckige (Cap der guten Hoff-
nung) und ovale (Brasilien), viele sind sehr roh ausge-
sührt, andere sind kleine Kunstwerke — und merkwürdiger
Weise sind es gerade die Völker mit dem geringsten
Kunstsinn, welche die schönsten Marken haben. Nicht
alle Marken zeigen Porträts, manche führen uns alle-
gorische und historische Scenen vor; auf der einen Pflanzt
Columbus seine Fahne auf dem amerikanischen Boden
auf, auf der andern schleppt ein Janker einen Kohlensack.
Die Marken von Guatemala zeigen uns das Portrait
einer reizenden Indianerin mit buntem Federschmuck im
reichem Haar — Du schöne Wilde! Wie viele Herzen
mögen von Dir träumen! . . .
Wir könnten noch Vieles von den Briefmarken er-
zählen, denn Paul Eudel wird nicht müde, zu berichten,
was er von ihnen erfahren hat. Ja, er behauptet sogar,
die Liebenden hätten die Blumensprache in Acht und
Bann gethan, um eine neuartige „Briefmarken-Sprache"
für ihre zärtlichen Zwecke zu adoptiren. Er gibt einen
Auszug aus seinem Briefmarken-Wörterbuch für Liebende.
Wenn die Marke in die obere, linke Ecke des Couverts
verkehrt geklebt wird, so bedeutet das: „Ich liebe Dich!"
Ist das nickt sinnreich? Wir wollen nicht mehr ver-
rathen, um sündhafte Wissenschaften nicht in weite Kreise
zu tragen! _

Berichte aus Vereinen.

Mülheim a. d. Ruhr. (Der
Düsseldorfer Geschichtsverein) unternahm
am 15. Juni einen Ausflug nach unserer
Stadt. Die Herren, zirka 30 an der
Zahl, trafen gegen 2>/z Uhr Hierselbst
am Bahnhof Eppinghofen ein und un-
ternahmen sodann unter Führung des
Herrn Pfr. Dr. Richter von hier, sowie des Herrn Ro-
bert Rheinen von Broich, des Begründers der reichhal-
tigen Sammlung auf dem Kahlenberg, einen Rundgang
durch die Stadt. Nach Besichtigung des Tersteegen-Denk-
males auf dem alten Kirchhofe an der größeren evang.
Kirche, sowie des Tersteegenhauses auf der Teinerstraße,
wurde die kleine evang. Kirche (Paulkirche) besucht und
ging sodann die Wanderung weiter über die Kettenbrücke
gen Broich; hier wurde nunmehr eingehend das Schloß
Broich, welches der unvergeßlichen Königin Louise in
ihren Jugendjahren wiederholt zum Aufenthalt gedient,
besichtigt, bei welcher Gelegenheit Herr Pfarrer Dr.
Richter ebenfalls in freundlichster Weise als Cicerone
die Herren von der Geschichte des Schlosses Broich un-
unterrichtete; weiter gedachte Herr Pfarrer Dr. Richter
in erhebenden Worten der edlen Herrscherin und deren
Vorfahren und verlas einen neuen, erst kürzlich aufge-
fundenen Bericht über die im Schloßhof am 20. Februar
1814 abgehaltene Trauerfeier des ehemaligen Schill'schen
Freikorps unter Oberst von Golz. (Schluß folgt.)

Bibliotheken, Sammlungen,
Museen, Ausstellungen.
Steyr, Oberösterreich. (Die histo-
rische Sammlung der Stadt Steyr.) Schon
1082 wird Steyr, der uralte Sitz einer
großen Eisenindustrie, als Stadt erwähnt;
es hat in seinen ursprünglichen Theilen
den Charakter des Mittelalters bewahrt.
Eine reiche und mächtige Bürgerschaft, der
ständige Aufenthalt der Herzoge von Steyr, die Nähe
reicher Klöster, der blühende Handel mit Deutschland
und Venedig hatten Kunst und Industrie gefördert. Es
war daher mit Freude zu begrüßen, daß Alles, was
sich auf die Gesckichte Steyrs bezog, in einem Museum
vereinigt wurde. Eine Gesellschaft der Alterthumsfreunde,
an deren Spitze der k. k. Konservator und Fachschuldirektor
Gustav Ritzinger steht und deren Mitglied, Frau Bank-


direktorsgattin Mariane Kautsch, mit rastlosem Eifer und
regstem Verständnisse vor Allem für die Vermehrung
der Sammlungen sorgt, hat in glänzender Weise die
Schätze gesammelt. Im Rathhause, einem schönen Ba-
rockbau, sind sie in vier Räumen untergebracht, welche
nicht mehr genügen. Es wurde daher bei dem Baue einer
Jndustriehalle für eine zweckmäßigere Unterbringung ge-
sorgt, und im nächsten Jahre werden sich die neuen Mu-
seumsräume dem Besucher öffnen. Bei dem großen
Verkehre Steyrs mit Deutschland und Italien mag nun
manches Objekt aus Steyr in die Fremde gewandert
sein, und es ist höchst erwünscht, es für die alte Eisen-
stadt wieder zu erwerben, oder wenigstens Nachricht da-
von zu erhalten. Dem Sammler kommen ja auch in
Steyr und Umgebung Dinge vor, welche auf den alten
Handelsverkehr Hinweisen; Münzen der Republik Ve-
nedig fanden sich in alten Geschäftshäusern, Geräthe,
insbesondere Gläser, weisen auf Italien hin.
Ausgrabungen, Entdeckungen,
Funde.
(Nachdruck nur mit Genehmigung der Redaktion gestattet. Sämmt-
liche Fund-Nachrichten stammen ausnahmrlo» aus der neuesten Zeit.
Einsendungen stets erwünscht. Bei Zeitungsausschnitten ist ,u be-
merken, au» welchem Blatte sie stammen.)
Bitte!
Vielfach finden sich in Lokal- und anderen Blättern Mittheilungen
über Ausgrabungen, Entdeckungen und Funde, welche in solchen
Zeitungen wenig beachtet werden und bedauerlicher Weise bald der
Vergessenheit anhetmfallen. Wir bitten daher die Freunde unseres
Blatter um die Zusendung solcher Notizen per Streifband (Porto
S A), damit dieselben für di« Wissenschaft nutzbar gemacht werden
Der Herausgeber «ine» Blatter in Amerika
wendet sich mit den Worten an das Publikum:
.Wenn Sie irgend etwa« wissen, was zu wissen
interessant ist, und wa» wir eigentlich wissen soll-
ten, E von dem Sie wissen, daß wir eS nicht
wissen — bitte, lassen Sie es uns wissen!" —
Da» gilt auch für unsere geneigten Leser.
Großeicholzheim, Baden. (Römerfunde.) Unter
Leitung von Professor Schumacher aus Karlsruhe fanden
aufhiefigerGemarkung,im sogen. „Brückel-Zingelbrunnen"
Nachgrabungen statt, die von sehr günstigem Erfolge waren.
In einer Tiefe von 60—70 em deckte man die Grund-
mauern eines römischen Kastells auf. An allen vier
Ecken des Kastells bemerkte man noch Theile von runden
Aussichtsthürmen. Die behauenen Steine desEingangs-
thores waren alle noch gut erhalten und legten auch
von dem großen Geschick und der Kunstfertigkeit der
Steinhauer in früherer Zeit Zeugniß ab. In 5 m Tiefe
fand man außerhalb des Kastells einen Ziegelbrennofen,
dessen Gewölbe ebenfalls noch in gutem Zustande sich
befindet. Auch fand man eine Geldmünze vom Jahre
1500 und einige Stücke von Falzziegeln. Das Vor-
handensein der letzteren bestätigt also die Ansicht, daß
Falzziegel schon von den Römern hergestellt wurden.
Die betr. Stücke erwiesen sich von so ausgezeichnetem
Brande, daß es schwer hielt, dieselben zu zertrümmern.
Sobald die in's Äuge gefaßten Grundstücke abgeerntet
sein werden, beabsichtigt man die Nachgrabungen fort-
setzen.
Würzburg, Bayern. (Münzfund.) In Würzburg
ist bei dem Umbau des alten bayerischen Hofes in der
Sanderstraße von den Arbeitern eine eiserne Kapsel mit
alten Münzen von großem Werthe gefunden worden.
Ems, Nassau. lRömerfunde.) In Ems wurde
dieser Tage ein interessanter Fund aus der Römerzeit
gemacht. Bei Ausschachtungsarbeiten für einen Neubau
in der Marktstraße, in der unmittelbaren Nähe des vor
zwei Jahren dort durch den Streckenkommissär der
Reichslimeskommission, Oberstlieutenant Dahm, ausge-
grabenen Römerkastells, stieß man auf ungefähr meter-
dicke Grundmauern eines Bauwerkes, anscheinend eines
Thurmes, wie aus dessen abgestumpften Ecken geschlossen
werden kann. Das Innere bildete ein Quadrat von
5 Nieter Seitenlänge. Außer einer Anzahl Scherben
entdeckte man darin einen etwa 1 Meter hohen irdenen
Topf mit zwei mächtigen, Inschriften tragenden Henkeln,
der leider, da man nicht genügende Vorsicht beim Aus-
graben beobachtete, zertrümmert wurde. Der Topf hat
vermuthlich zur Aufbewahrung von Getreide gedient.
Wie die Römer hier beim Straßenbau verfuhren, konnte
man vor einigen Tagen bei Fundamentirungsarbeiten
an der Ecke der unteren Römer- und Bleichstraße be-
obachten. War zunächst durch große, horizontal liegende
Steine ein einigermaßen fester Untergrund hergestellt,
so überschüttete man diesen mit Gerölle und dann aber-
mals mit Steinen, wodurch ein fester Weg entstand.
Trier, Rheinprovinz. (Neue Funde.) Vor einigen
Tagen stieß man bei der Ausschachtung eines Kellers
im Terrain des bischöflichen Priesterseminars unerwar-
tet auf ein Kreuzgewölbe, welches wahrscheinlich von einer
Kirche aus dem frühen Mittelalter hrrrührt und fast
genau so aufgebaut war, wie die vor einigen Jahren
restaurirte Krypta in der hohen Domkirche und in der
St. Matthiaskirche. Das Gewölbe ruht auf massiven
Säulen von weißem Sandstein, während das Gewölbe
selbst von rothem Stein ausgeführt ist. Die Tiefe konnte
noch nicht festgestellt werden. In der Nähe fand man
unlängstdas Bruchstück einer schweren, gerippten, römischen
Säule aus weißem Muschelkalk.
Breslau, Schlesien. (Ausgrabungen.) Unlängst
benachrichtigte Kreisbaumeister Thilo, dessen regem Inte-
resse für die Alterthumswissenschaft die Erhaltung schon
so manchen werthvollen Fundes verdankt wird, das
Museum, daß bei der Ausführung von Chausseebanten
eine größere Anzahl eiserner Geräthschaften gefunden
worden sei, die er mit Zustimmung der Behörde dem
Museum überwies. Es waren dies drei Schildbuckel nebst
einer sehr großen Schildhandhabe, sieben Speerspitzen
von 14—24,5 ow Länge, ein Stück Schwertklinge von
5,5 om Breite, ein Messer, eine Scheere, zwei Messer-
schärfer und mehrere Beschlagtheile von zweifelhafter
Bedeutung (Kasten- oder Eimerbeschlag?). Eine Besich-
tigung der Fundstelle ergab, daß sie etwa 400 m vom
Südwestausgange des Dorfes Jackschönau unterhalb
und am Ostrande der Chaussee nach Prisselwitz bei
Breslau gelegen war. Nach Äussage des Chausseauf-
sehers und der Arbeiter haben die Gräber in sehr un-
gleichmäßigen Entfernungen von einander gelegen.
 
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