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Ars: časopis Ústavu Dejín Umenia Slovenskej Akadémie Vied — 3.1969

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Nr. 2
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Mojžišová, Iva: Die Kunstgewerbeschule in Bratislava 1928 - 1938
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https://doi.org/10.11588/diglit.31181#0215

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jener Partner angemessen waren, an die sie sich
wandten. So war zur Erlangung des unterstüt-
zenden Votums des Vereins bildender Künstler
die Vorstellung einer Hebung des gesamten Ni-
veaus der Kultur der slowakischen bildenden
Kunst das angemessenste Argument. Für die
Gemeinde der Handwerker galt eher die Hoffnung
auf eine gesellschaftlich einflussreichere und kon-
kurrenzsmässig vorteilhaftere Position des ver-
vollkommneten Gewerbes. Die Handels- und
Gewerbekammer lockte wieder die Vision eines
wirkungsvollen Appells der modernen Reklame
und etwa auch die Vision der Möglichkeit eines
schnelleren und nachdrücklicheren Sich-Durch-
setzens künstlerisch wertvoller Warensorten auf
dem internationalen Markt.
Das Jahr 1928, als die bratislavaer Abendkurse
des kunstgewerblichen Zeichnens ins Leben ge-
rufen wurden, war schliesslich auch ein Jahr dreier
bedeutungsvoller Aktionen, von denen jede ihre
Rolle spielte. Die eine von diesen war der Inter-
nationale Kongress für Volkskunst, ein Forum,
auf dem der Gedanke siegte, dass mit dem Nie-
dergang des natürlichen Nährbodens das Volks-
kunstschaffen keiner Zukunft entgegensieht. Die
Slowakei war dabei in Europa eines der letzten
Länder, wo den Bedarf all dessen, was man unter
Gebrauchskunst versteht, mit Ausnahme der
Einfuhr, noch die Volksheimarbeit deckte. Die
Kunstgewerbeschule sollte der Slowakei die Volk-
stracht abzulegen, das sentimentale Vorschützen
der unangetasteten Idylle einer alten Welt zu
zerschlagen helfen. Dass sich gerade Vydra als
Liebhaber und als einer der besten Kenner, ja
Historiker der slowakischen Volkskunst, dessen
bewusst war, zeugt nur davon, wie er vor dem
Ideal dem Prosaischen des Lebens den Vorrang
zu geben verstand. In einem der Jahresberichte
der Schule (1934—1935) steht folgendes vermerkt:
,,Niemand anderer nimmt von all dieser Schönheit
rührender und schwerer Abschied als wir Künst-
ler, aber sie zu erhalten und für die kommenden
Zeiten zu konservieren, ist Aufgabe der Museen,
nicht der Schule. Die Schule muss neue Formen,
eine neue Schönheit nach dem Mass der neuen
Lebensfunktionen des XX. Jahrhunderts schaffen."
Ein weiterer Impuls war im Jahre 1929 der
6. Internationale Kongress für Kunsterziehung
und Zeichnen, der in Prag stattfand und die
veralteten und unpraktischen pädagogischen Me-

thoden, hauptsächlich an den Fach- und Gewerbe-
schulen eindeutig verurteilte.
Ausserdem gab es damals in Brünn gerade eine
umfangreiche Ausstellung zeitgenössischer Kultur,
die schon deshalb, dass sie Präsident Masaryk
besuchte und kommentierte, zur Popularisierung
der Begriffe, wie Qualität und Funktionalität,
beitrug.
Zwei Jahre später wurde im Parlament eine
Rede gehalten, es war die Rede des Abgeordneten
der Partei der Gewerbetreibenddn Ján Liška,
in der auf zwei Grundthesen hingewiesen wurde:
die wirkungsvollste Waffe des Staates ist die
Qualität und die Bedingung der Qualität ist die
Erziehung; er forderte modernisierende Reformen
des Schul-, Museal- und des Ausstellungswesens
als fundamentale Voraussetzung zur Förderung
der Wohnkultur, des Geschmackes und überhaupt
des gesamten Lebensstandards der Bevölkerung.
Nebstbei bemerkt, war der Autor dieses Beitrages
der Fachmann Antonín Hořejš.
In ähnlichem Geist waren die publizierten
Beiträge Vydras gehalten, in denen er die Not-
wendigkeit der Fmorientierung der materiellen
Kultur in der Richtung der Funktionalität fest-
stellte. Er begründete es dadurch, dass das hohe
Niveau der Gebrauchskunst gerade für ein kleines
Volk wichtig ist, das sich gerade durch ihre Hilfe
rasch in internationalem Masstab durchsetzen
und sich einen ehrenvollen Platz im Wettlauf mit
dem Geist der Zeit sichern kann.
Das Fundament der Kunstgewerbeschule waren
die Abendkurse des gewerblichen Zeichnens, die
im Jahre 1928 durch die Handels- und Gewer-
bekammer errichtet wurden. Mit der Leitung der
Abendkurse war Josef Vydra betraut, dieser berief
Ludovit Fulla, der eben an der prager ,,UMPRUM"
(Kunstgewerbeschule) sein Studium beendet hatte,
ferner Gustav Maily. Die Kurse sollten anfänglich
nur der zeichnerischen Schulung oder Weiterbil-
dung von Adepten verschiedener Gewerbezweige
dienen.
Zu den drei urpsrünglichen Zeichen-Abteilungen
traten im nächsten Jahr fünf weitere hinzu und
zu den Lehrern gesellten sich noch František Malý,
Janko Alexy, Karel Štika und Miroslav Motoška.
Es wurden folgende Disziplinen unterrichtet:
Flächenkomposition (Vydra), Raumkomposition
(Vydra), dekoratives Zeichnen (Fulla), Graphische
Techniken und Schrift (Štika), figurales Zeichnen

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