kann — der Aera Gropf-Má' bis 1923, der Aera Gropius bis 1928, der Aera dieser und der
Aera Jims' vcru der Vddie — wirkt. Entscheidendes fort. Oftmals überrascht es mich, im Gespräch über
das Bauhaus festzustellen, dass der Partner sich auf einer anderen Plattform bewegt, weil er sich
seinen Begriff vom Bauhaus einseitig an einer der vier Entwicklungsphasen gebildet hat. Mit der
Substanz des Bauhauses wirken auch seine internen Spannungen weiter — die Auseinandersetzungen,
die einst im Bauhaus geführt wurden, sind noch nicht verebbt. Ich denke da etwa an die ,,Hochschule
für Gestaltung" in Ulm, wo man sich auf den strengen, zum Wissenschaftlichen hin tendierenden
Funktionalismus Hannes Meyers beruft und gegen Gropius polemisiert. Er ist merkwürdig, um
dies in Parenthese zu sagen, dieser versteifte späte Protest, der die historischen Geschehnisse darauf
untersucht, ob sie in das eigene Dogma passen und sich von ihnen nicht lösen kann. Hypnotisiert
blickt man zum Bauhaus zurück, das man überwinden möchte; hier wird es zur Hypothek.
Gegensätzliche Auffassungen, die ihre Wurzeln im Bauhaus haben, bestehen bis heute zwischen den
entsprechenden Fakultäten der Technischen Hochschulen in Chicago und Cambridge, die sich freilich
— zum Glück — von der doktrinären Verhärtung haben freihalten können, mit der man andernorts
sich selbst die Entwicklung blockiert. Während in Chicago der Richtung gefolgt wird, die von Mies
van der Rohe gewiesen worden ist, baut man am ,,Massachusetts Institute of Technology" in
Cambridge vornehmlich auf dem geistigen Erbe Moholys auf. Das Moholy-Erbe wirkt zugleich auch
in Chicago fort im ,,Institute of Design", das aus dem im Jahre 1937 gegründeten ,,New Bauhaus"
hervorgegangen und jetzt mit dem ,,Illinois Institute of Technology" verbunden ist. An der Harvard
University, gleich dem ,,Massachusetts Institute of Technology" in Cambridge, bleibt spürbar, dass
Gropius hier viele Jahre hindurch tätig war, und der Kunstunterricht an der Yale University in
New Haven bleibt von Alb ers trotz gegenläufiger Tendenzen auch noch nach seiner Emeritierung
geprägt. Die aus dem Stamm des Bauhauses entsprossenen Äste gabelten sich. Die Unterrichts-
methoden hier und dort sind verschiedenartig, sie sind gewissermassen destilliert, die Grundan-
schauungen vom Wesen des künstlerischen Schaffens reichen vom Bekenntnis zum Teamwork über
die ganze Skala der Möglichkeiten hinweg bis zur Forderung nach unbedingter Individualität, und
zweifellos haben sie alle ausgezeichnete Argumente für sich und tragen in sich ihre Berechtigung.
Die Nachfolge-Schulen des Bauhauses sind institutionalisiert und im grossen und ganzen viel
besser gesichert, als das Bauhaus es war, und im Unterschied zum Bauhaus, das versatil war und
immer im Aufbruch zu Neuem und Unerprobtem begriffen, sind sie ihres Programmes und ihrer
Richtung gewiss. Das ist gut so, denn der Überschwang, der das Bauhaus beflügelte, kann nicht
auf die Dauer durchgehalten werden, niemand kann ständig in Hochstimmung sein. Schöpferische
Impulse auszulösen, haben beim Bauhaus zweifellos auch die vielerlei äusseren Schwierigkeiten
beigetragen, die Unterdrückung, der über alle inneren Gegensätze hinweg eine grossartige Solidarität
antwortete, die Not, die dem Erfindergeist anspornte und Kräfte wachrief, die unter normalen
Bedingungen vielleicht nicht aktiviert worden wären. So geht das hin bis zum Verbot, das gleich
einer ungeheuerlichen Explosion die geistige Saat in alle Welt schleuderte. Aus diesen Gründen ist
es nich denkbar, ja nicht zu wünschen, dass das Bauhaus in der ganzen Fülle seiner Aspekte und
Spannungen in einer und derselben Schule fortgesetzt werden sollte, denn die höchste Kulmination
ist, wie die geschichtliche Erfahrung lehrt, nicht ohne den Abgrund möglich, über den sie sich erhebt.
Es mag sein, dass das Bauhaus seinen Glanz zum Teil auf Kosten der schlichteren Nachfolge-
Institutionen bezieht; sie lassen es optisch vergrössert erscheinen, aber andererseits wirft es seine
Reflexe auf sie, so dass sie wiederum von ihrem Leitbild einen Zuwachs an Leuchtkraft empfangen
und eine wechselseitige Beziehung entsteht. Das Bauhaus war eine grosse Revolution, deren Dynamik
sie in keiner Phase ihrer Entwicklung ganz ans Ziel gelangen und sich erschöpfen liess, weil sie
immer wieder Neues verhiess, und die schliesslich von einem alles erschütternden Weltgeschehen
unterbrochen wurde. Der Nimbus des Unvollendeten liegt über dieser Revolution. Sie wird
unvollendbar bleiben, aufs Letzte gesehen, und deshalb auf weite Sicht eine Verheissung und
fruchtbringend sein.
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Aera Jims' vcru der Vddie — wirkt. Entscheidendes fort. Oftmals überrascht es mich, im Gespräch über
das Bauhaus festzustellen, dass der Partner sich auf einer anderen Plattform bewegt, weil er sich
seinen Begriff vom Bauhaus einseitig an einer der vier Entwicklungsphasen gebildet hat. Mit der
Substanz des Bauhauses wirken auch seine internen Spannungen weiter — die Auseinandersetzungen,
die einst im Bauhaus geführt wurden, sind noch nicht verebbt. Ich denke da etwa an die ,,Hochschule
für Gestaltung" in Ulm, wo man sich auf den strengen, zum Wissenschaftlichen hin tendierenden
Funktionalismus Hannes Meyers beruft und gegen Gropius polemisiert. Er ist merkwürdig, um
dies in Parenthese zu sagen, dieser versteifte späte Protest, der die historischen Geschehnisse darauf
untersucht, ob sie in das eigene Dogma passen und sich von ihnen nicht lösen kann. Hypnotisiert
blickt man zum Bauhaus zurück, das man überwinden möchte; hier wird es zur Hypothek.
Gegensätzliche Auffassungen, die ihre Wurzeln im Bauhaus haben, bestehen bis heute zwischen den
entsprechenden Fakultäten der Technischen Hochschulen in Chicago und Cambridge, die sich freilich
— zum Glück — von der doktrinären Verhärtung haben freihalten können, mit der man andernorts
sich selbst die Entwicklung blockiert. Während in Chicago der Richtung gefolgt wird, die von Mies
van der Rohe gewiesen worden ist, baut man am ,,Massachusetts Institute of Technology" in
Cambridge vornehmlich auf dem geistigen Erbe Moholys auf. Das Moholy-Erbe wirkt zugleich auch
in Chicago fort im ,,Institute of Design", das aus dem im Jahre 1937 gegründeten ,,New Bauhaus"
hervorgegangen und jetzt mit dem ,,Illinois Institute of Technology" verbunden ist. An der Harvard
University, gleich dem ,,Massachusetts Institute of Technology" in Cambridge, bleibt spürbar, dass
Gropius hier viele Jahre hindurch tätig war, und der Kunstunterricht an der Yale University in
New Haven bleibt von Alb ers trotz gegenläufiger Tendenzen auch noch nach seiner Emeritierung
geprägt. Die aus dem Stamm des Bauhauses entsprossenen Äste gabelten sich. Die Unterrichts-
methoden hier und dort sind verschiedenartig, sie sind gewissermassen destilliert, die Grundan-
schauungen vom Wesen des künstlerischen Schaffens reichen vom Bekenntnis zum Teamwork über
die ganze Skala der Möglichkeiten hinweg bis zur Forderung nach unbedingter Individualität, und
zweifellos haben sie alle ausgezeichnete Argumente für sich und tragen in sich ihre Berechtigung.
Die Nachfolge-Schulen des Bauhauses sind institutionalisiert und im grossen und ganzen viel
besser gesichert, als das Bauhaus es war, und im Unterschied zum Bauhaus, das versatil war und
immer im Aufbruch zu Neuem und Unerprobtem begriffen, sind sie ihres Programmes und ihrer
Richtung gewiss. Das ist gut so, denn der Überschwang, der das Bauhaus beflügelte, kann nicht
auf die Dauer durchgehalten werden, niemand kann ständig in Hochstimmung sein. Schöpferische
Impulse auszulösen, haben beim Bauhaus zweifellos auch die vielerlei äusseren Schwierigkeiten
beigetragen, die Unterdrückung, der über alle inneren Gegensätze hinweg eine grossartige Solidarität
antwortete, die Not, die dem Erfindergeist anspornte und Kräfte wachrief, die unter normalen
Bedingungen vielleicht nicht aktiviert worden wären. So geht das hin bis zum Verbot, das gleich
einer ungeheuerlichen Explosion die geistige Saat in alle Welt schleuderte. Aus diesen Gründen ist
es nich denkbar, ja nicht zu wünschen, dass das Bauhaus in der ganzen Fülle seiner Aspekte und
Spannungen in einer und derselben Schule fortgesetzt werden sollte, denn die höchste Kulmination
ist, wie die geschichtliche Erfahrung lehrt, nicht ohne den Abgrund möglich, über den sie sich erhebt.
Es mag sein, dass das Bauhaus seinen Glanz zum Teil auf Kosten der schlichteren Nachfolge-
Institutionen bezieht; sie lassen es optisch vergrössert erscheinen, aber andererseits wirft es seine
Reflexe auf sie, so dass sie wiederum von ihrem Leitbild einen Zuwachs an Leuchtkraft empfangen
und eine wechselseitige Beziehung entsteht. Das Bauhaus war eine grosse Revolution, deren Dynamik
sie in keiner Phase ihrer Entwicklung ganz ans Ziel gelangen und sich erschöpfen liess, weil sie
immer wieder Neues verhiess, und die schliesslich von einem alles erschütternden Weltgeschehen
unterbrochen wurde. Der Nimbus des Unvollendeten liegt über dieser Revolution. Sie wird
unvollendbar bleiben, aufs Letzte gesehen, und deshalb auf weite Sicht eine Verheissung und
fruchtbringend sein.
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