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Ars: časopis Ústavu Dejín Umenia Slovenskej Akadémie Vied — 3.1969

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Nr. 2
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Engemann, Friedrich: Vom schöpferischen Kern der Bauhaus-Idee
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https://doi.org/10.11588/diglit.31181#0318

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darin, Menschen zu erziehen, die die Welt, in
der sie leben, in ihren Grundcharakter klar
erkennen und aus der Verbindung ihrer Erkennt-
nisse mit ihren Fantasien typische, ihre Welt
versinnbildlichende Formen zu schalten ver-
mögen . . . Auf die Verbindung der schöpferi-
schen Tätigkeit des Einzelnen mit der breiten
Werkarbeit . . . kommt es an."
,,Die gesamte Architektur und das Kunstge-
werbe der letzten Generation ist . . . — bis auf
verschwindende Ausnahmen — eine Lüge.
Der Architekt von heute (1922) hat seine Le-
bensberechtigung verscherzt."
,,Die große Umwandlung von analytischer auf
synthetische Arbeit vollzieht sich auf allen
Gebieten, auch die Industrie wird sich darauf
einstellen. Man wird Leute suchen, die eine
umfassende Durchbildung erfahren haben, wie
wir sie im Bauhaus zu geben versuchen, und
diese Menschen werden die Maschinen von ihrem
Ungeist erlösen."
(soweit Gropius 1922)
Diese Voraussage erinnert uns an das Wort
eines anderen Vorkämpfers gegen den Mißbrauch
der Maschine,
van de Velde, der erklärte:
,,Die Maschine wird das Unheil, das sie heute
anrichtet, einmal gutmachen, indem sie Schön-
heit erzeugt, wenn sie von Schönheit geleitet
sein wird!"
Die mit dem Übergang von Weimar nach Dessau
vollzogene Wandlung im Lehrprogramm und in
der Zielsetzung des Bauhauses wird verdeutlicht
durch die Betonung des Laboratoriums-Charakters
der Werkstätten, der damit verbundenen Revision
der bisherigen Entwurfsmethodik und ihrer nun-
mehrigen konsequenten Ausrichtung auf die Pro-
duktion.
Die Arbeit in Dessau konzentrierte sich in
starkem Maße auf die AoMe der
PuMye^udwu? und die sich immer stärker heraus-
kristallisierende Æye%ye3eG^cA%:e^ der A;dM<^rAde?T
.Forn/ye.s'b/duru/.
1928 verließ Gropius Dessau.
Hannes Meyer wurde Direktor des Bauhauses.
Der Laboratoriumscharakter der Werkstätten
wurde weiterentwickelt, vertieft und in der
Richtung auf eine stärkere Verbindung von
Werkstattarbeit und Lehre systematisiert.

Die letzten Reste einer weltfremden Romantik
in der Arbeit wurden beseitigt, die analysierende
und synthetisierende Seite der Gestaltungsarbeit
gefördert und wissenschaftlich unterbaut.
Die Zusammenarbeit mit der Industrie in Ver-
bindung mit den Forderungen des praktischen
Lebens wurde nach zwei Seiten hin erweitert.
1. In der Form konkreter Forschungs- und Ent-
wicklungsverträge .
2. Im Ausbau lebendiger Kontakte mit der Bevöl-
kerung (Entwicklung von Arbeiter-Wohnun-
gen, Musterbeispielen für deren Einrichtung,
Möbel, Textilien, Leuchten, Haushaltsgeräte)
Zusammenarbeit mit den Gewerkschaften unter
sachlichen und ideologisch-erzieherischen As-
pekten,
Entwurf, Baudurchführung und Einrichtung
der Gewerkschaftsschule Bernau,
Entwurf, Bau und Einrichtung von Arbeiter-
wohnungen (Laubenganghäuser) in Dessau
u. a.
So bedeutsam diese Periode (1928—1930) für
die Entwicklung des Bauhauses auch sein mag, um
so unerfreulicher waren die Auseinandersetzungen
in der Öffentlichkeit und im Bauhaus selbst, die
1930 zu einem erneuten Wechsel in der Leitung
führten.
Von 1930 bis zum bitteren Ende war Mies
van der Rohe Direktor des Bauhauses.
Schon damals konsequentester Vertreter einer
Synthese von Technik und Kunst,
ein Architekt, der den Begriff ,,Baukunst" vom
Städtebau bis zum Salzfäßchen" angewandt wissen
wollte — wobei er den verschiedenen Gegenständen
keine Wertunterschiede, sondern nur Größen-
ordnungen zubilligte —
Seine Forderungen waren :
,,Unkompliziertheit ' ',
,,Überschaubarkeit ",
,,Ordnung, im Sinne erlesener Harmonie in
Proportionen und Materialanwendungen",
,,großzügige Einfachheit, nicht im Sinne des
Primitiven, sondern im Sinne gelöster Probleme"
Kunst ist nach Mies van der Rohe ,,die höchste
Stufe formgestalterischer Leistung",
,,nicht jeder Gestalter erreicht sie".
Einer seiner pädagogischen Leitsätze :
,,Wir haben den jungen Architekten eine Gram-
matik zu geben; wenn sie Künstler sind, können
sie eine Poesie daraus machen!"

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