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Baedeker, Karl; Baedeker, Karl [Hrsg.]
Ägypten: Handbuch für Reisende (Band 2): Ober-Aegypten und Nubien bis zum zweiten Katarakt — Leipzig, 1891

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https://doi.org/10.11588/diglit.5555#0371

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312 Route 30.

PHILAE.

Orte Schelläl. Zwischen dem Bahnhof der Station Schelläl und
dem Nil ein schöner Palmenwald mit den Zelten der hier gar-
nisonierenden ägyptischen Truppen unter englischem Kommando.
Die stattliche Dhahablge am Ufer wird vom Kommandeur des Regi-
mentsbewohnt; man kann auf derselben Frühstück haben; wer mit
der Bahn kommt, nimmt besser Lebensmittel von Assüan mit,

30. Die Insel Philae.

Für die Besichtigung von Philae gewähren die Touristendampfer 1, der
Postdampfer ebenfalls 1 Tag. Die Passagiere des 4wüch. Dampfers können
Philae zweimal besuchen, was sehr empfehlenswerth ist. Wer nach Xubien
reisend sich auf der Hinfahrt nicht in Philae aufhalten kann, verwende
darauf auf der Rückreise jedenfalls einige Stunden, entweder am Abend
der Rückkehr nach Schelläl oder mit Übernachten auf dem DampfschilV
am folgenden Morgen. Bei mehrfachem Besuche rathen wir einmal die
Hahn zu benutzen, einmal den Landweg zu reiten und die Rückkehr zu
Boot zu bewerkstelligen. Unterkunft ist in Philae nur ausnahmsweise und
durch besondere Gelegenheit (auf einer Dhahabiye) zu finden.

Name und Geschichte von Philae. — Der Name Philae ist

aus dem altägyptischen entstanden, in welchen er mit dem Artikel

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pu-alek oder gewöhnlich nur alek hieß.

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Tausendmal kommt dieser Name auf der Insel selbst und zwar
in verschiedenen Varianten vor und bedeutet wohl die Insel Lek
oder des Aufhörens, des Endes'[ mit Bezug auf eine von Norden
her unternommene Nilfahrt. Die Kopten nannten sie PUak, Pclok
und die Araber in älteren Zeiten Tiilak. Heute kennt der gemeine
Mann all' diese Bezeichnungen nicht mehr, vielmehr nennt er
unsere Insel Anas el-Wogüd, und zwar nach dem Helden eines
Märchens der 1001 Nacht, das im Munde der Ägypter vielfache
Variationen erhalten hat und dessen Schauplatz sie nach Philae
verlegen.

Die Schitl'sleute erzählen es so: Ks war ein König, der einen schönen
Günstling besaß mit Namen Anas el- Wogüd, und einen Vezier, dessen
Tochter Znhr el-Ward, d. i. Blume der Rose hieß. Die beiden jungen
Leute sahen und verliebtem sich in einander; auch fanden sie Gelegenheit
zu heimlichen Zusammenkünften, welche aber durch die Unvorsichtigkeit
der Wärterin des Mädchens verrathen wurden. Der Vezier geriet in großen
Zorn und schickte seine Tochter, um sie vor allen weiteren Verfolgungen
des Jünglings su sichern, auf die Insel Philae, nachdem er daselbst ein
festes Schloß (den Tempel der Isis) erbaut hatte, in welchem sie als Ge-
fangene sorgfältig bewacht wurde. Anas el-Wogüd konnte indessen die
Geliebte nicht vergessen. Kr verließ den Hof und suchte sie in allen
Landen, wobei er sich in der Wüste und sonst den Thieren freundlich er-
wies. Ein Kremit sagte ihm, er werde Zahr el-Ward auf Philae linden.
Kr kam dahin und sah das rings ummauerte Schloß; aber er vermochte
nicht dorthin zu gelangen, denn das Wasser, welches das Eiland umgab,
war voller Krokodile. Als nun der Jüngling sein Loos beklagte, lud ihn
einer der gefräßigen Bewohner des Wassers ein, seinen Rücken zu be-
steigen, denn er wolle ihm zum Dank für seine Güte gegen die Thiere /.vi

f Diese Bedeutung eignet der altägyptischeu Wurzel lek, die sich im
Koptischen AlU'SS. erhalten hat.
 
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