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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 2.1900-1901

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Nr. 10
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Burgenschau
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https://doi.org/10.11588/diglit.31729#0098

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Damir soll nichr gesagr scin, dast uilter allen Um-
ftänden an einein Lauwerke 2llles wiedeudergestellr werden
sollc, was jemals vorhanden war oder vorhandcn sein
konnre.

Es darf z. B. an einer wicderhergestellten gorhischen
'Rirche getrost ein oder beide Dhürme fehlen, es darf ein
Rreuzgang wegbleiben, der, wcil zwecklos, vielleicht schon
vor langen Iahren absichtlich fortgerijsen wurde; aber
cs darf an eincr solchen 'Rirchc, wenn sie wieder zu
gottesdienstlichcn Zwechen verwandr werden soll, nichr die
2lpsis fehlen und nicht das hohe Dach über dcn ihrer
^7atur angemest'cnen Gewölbcn. wollre man an Srelle
der leyteren flache Decken cinziehcn und daruber ein
plattcs Zinkdach lcgen, so wäre das eine Dersündigung
gegen den Sril und man dürfre nichr mehr von einer
wiederherstellung, sondern nur von einer Dcrballhornung
reden.

Ebenso verhälr es sich auch mir profangebäudcn.
Har es sich z. L. als nüylich herausgestcllr, die wohn-
gcbäude ciner alten Burg wiedcrherzustellen, so stcht dem
vom Srandpunkr der Denkmalspflcge nichrs im wege,
auch wenn einzelne Dheile dcr Burg in Auinen liegcn
bleibcn. Diejenigen Gebäude abcr, welche man wicder-
herstcllt, soll man auch richtig wiederherstellen. wenn
man also z.B. einen dreigcschossigcn gothischen palas, delsen
Umfajsungsinauern noch vollständig erhalten sind, wicdcr
ausbaur, so gehört auf das wiedcrhergestellre Haus auch
cin stilgerechtes Dach. Paßt cin solches Dach aber nicht
zu den Zwecken, welche man mit dem Ausbau verbindet,
so paßt ebcn das ganze alre Bauwerk nicht zu diesen
Zweckcn und man thäte befl'cr daran, das betrejsende
Gebäude gar nicht wicderherzustellen, als dics in einer
weise zu thun, die dcm Ganzen den Stempel der l.In-
cchtheit aufdrüchr. will man eine malerische Ruine ohne
Dach haben, gut. Dann aber lajse man die Ruinc auch
2cuine bleiben. Baut man sie dagegcn aus, so thue man
es, wie die vorhandenen Reste, wie alte 2lbbildungen,
Urkunden u. s. w. es als richtig erweisen, ohne Rücksichr
auf cinen Nebenzwcck.

wie liegt nun die Sache bei der Moritzburg zu
Hallc?

Hicr mußre man sich entschcidcn, cntweder der in
Ruinen liegcnde westliche Saalbau blcibt 2cuine odcr er
wird ausgebaut. Sratt dejsen aber greifr man zu eincm
Lompromiß, gerade wie es auch schon der wiederher-
steller des nördlichen Flügels gethan hat; man will das
mächtige dreigeschossige Sebäude innen zwar ausbauen,
außen soll cs aber troydem wie eine Ruinc aussehen.
Das verrrägt sich nicht mit den Grundsäycn ciner
rationellen „Denkmalspflege", denn dadurch werden die
aufrechr stehenden Außenmauern des alren Lauwerkes
zur Theatercoulijse cntwürdigt und ebenso wird dem
inneren sseubau ein erborgtes Gewand umgelegr, das
sich in keiner weise mit seinem wesen und Zwcckcn ver-
einigen läßt. Dergleichen unechte Halbhciten haben mit
„Denkmalspflege" nichts mehr zu thun.

Handelr es sich nun für die Hallenscr darum, unter
allen Umständen die städtische Gemäldesammlung in dem
westbau der Moritzburg unterzubringen, so darf das
doch nicht zur Ursache werden, daß die wiederherstellung
in unvollständiger weise, so zu sagen unter Vorspiegelung
falscher Dhatsachen erfolgt, sondernman muß sich dann eben

mir Seirenlicht bcgnügen, und zwar mir dem Seirenlichr,
das die vorhandcncn Fenstcrössnungen bictcn werdcn,
wenn man sich nicht nachsagen lajscn will, daß man bei
der wiederherstellung jenes Bauwerkes gegen alle Grund-
säye der Denkmalspflege gehandelt habe. Läßt sich aber
die städtische Gemäldesammlung in der stilgerechr wieder-
hergestellren Moritzburg wegen Nkangel an Lichr nichr
unterbringen, so gehört sie eben nichr hinein und man
wird bejser daran thun, zu dicsem Zwceke ein neues
modernes Gcbäude zu crrichrcn, das, von vornhcrcin
dafür enrwsrfen, auch einen harinonischen Eindruek
machen wird. Man verschone aber die schöne alte Burg
mit Einbauren, die nicht hineinpajsen. Rrollmami.

'Wiederherstellungen.

Im Großherzogthum Hessen erstreekr sich die
staarlichc Denkmalpflege, zu Lasten eines besondercn
Fonds unrer andern auf folgcnde vnrgen: Das stolze
wahrzeichcn Gberhejsens, die 2vuine Münzenberg, mir
ihren bciden Bergfricden, dem berühmten romanischcn
palas und den trejslich crhaltcnen Befestigungswerken;
die malerischen Lurgbauten an dcr Bergstraße, dcn
Frankenstein, die Burg Bickenbach (Alsbachcr Schloß),
den Auerberg (2luerbacher Schloß), die Starkenburg
über Heppenheim; Burg Lindenfels, Oyberg, die noch
wohlerbaltene Lurg zu Hirschhorn, das Schwalbcn-
nest (Schadeck) über ^keckarsteinach; in Oberhejsen die
2luinen Ulrichstcin und Lißberg, sowic Lurg
Stauffenberg bei Gießen und die Lurg zu Friedberg;
in 2theinhejscn das Schloß zu Alzci, die 2leichsburg
über Oppenheim (fälschlich oft Landskrone genannt); die
Schlöjser zu Offenbach, bisher Nsenburg- Büdingisch,
Babenhausen und Gicßen.

Lfohkönigsburg.

Der deutsche Rcichstag hat nach lebhafrer Debatre
mir erheblicher Mehrheit 75(X>M !Nark als Beitrag zur
wiederherstellung der Hohkönigsburg bewilligt.
LNadenburg.

Dcr seit lS7§ bestchcnde Madcnburg-Verein hiclr
am 22. März seine Hauprversammlung zu Landau ab.
Der erste Dorsitzende, Major Morres, crstattete den
Iahresbericht, woraus zu erschen, daß der Verein in
raschem Aufschwunge begrijsen. Im Iahre lSS^ betrug
die Mitgliederzahl l57, heute ist sic auf SS-l angcwachscn.
Die Einnahmen beliefcn j'ich im Iahre lSstst auf4274 Mark,
dic Ausgaben auf-l-l-ll !Nark. Die Erhalrung der !Nadcn-
burg erfordert alljährlich übcr 2<X>(> Mark. Der Derein
wurde im Iahre 1S7(> gegründet und verausgabte bis
zum Schlujse vorigen Iahres über S<X»X> Mark. 5(>lst
Mark har der Verein im Vermögen. Seine lNitglieder
vertheilen sich über die ganze pfalz. An Stelle des aus-
scheidcnden und zuin Ehrenpräsidenten ernanntcn Dor-
sitzenden Major Mottes wurde Herr Generaloberarzt
vr. Rüdt zum ersten Vorsiyenden erwählt. Am S. Iuni
findet das alljährlichc INadenburgfest statt. Möge der
Vercin, im Sinnc der Denkmalpflege wirkend, immer
weitere Fortschritte machen und dann ein Beispiel biercn
für andere provinzen, in denen von Verfall bedrohre
Burgruinen der nöthigen Fürsorge ermangeln.
 
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