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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 28.1927

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Nr. 1
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Kohla, Franz Xaver: Zur Burgenfahrt durch Kärnten
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https://doi.org/10.11588/diglit.35078#0024

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Taggenbrunn und Leonstein.
Von den vielen Wehrbauten des ritterlichen Mittelalters, die im breiten Gürtel um die einstige Herzogstadt
St. Veit gelagert sind und dessen Schimmer und Glanz vergrößerten, liegt die Burgruine Taggenbrunn am nächsten.
Eigentlich stellte sie als erzbischöflich-salzburgisches Eiland — erbaut von einem salzburgischen Ministerialen Tageno —
ihren starken Bau nur trutzig der sie ringsumgebenen herzoglichen Gewalt entgegen und nahm an deren Äußerung
höchstens als Beobachter teil; konnte doch das Erzbistum, das seinen stärksten strategischen Posten im unteren Hoch-
osterwitz um die Wende des 11. zum 12. Jahrhundert auf dem Lehensweg an die Herzöge von Kärnten aus dem
Hause Sponheim endgültig verloren hatte, in Taggenbrunn wirklich nur einen bescheidenen Ersatz sehen. 300 Jahre
später verlieh der Kärntner Leonhard von Keutschach — Erzbischof und Erbauer der gewaltigen Feste Hohensalzburg —,
also am Ausgang des 15. Jahrhunderts, gerade diesem Punkte unmittelbar vor den Toren der Stadt mit ungewöhnlich
hohen Kosten möglichste Stärke.
Urkundlich kommen vor: Rachwin v. T., sein Bruder Rudger sowie Hartmann v. T. 1143/52, Rudger v. T. 1157,
Otto v. T. 1261.

In der Fehde, die Herzog Ulrich III, von Kärnten wegen seines Bruders Philipp 1257 mit dem Hochstifte
Salzburg begann, wurde Taggenbrunn von den Herzoglichen eingenommen und zerstört. Beim Friedensschluß 1268
kam es an Salzburg zurück und muß bald wieder — zum zweiten Male — aufgebaut worden fein. Als 1292
dem Grafen Ulrich von Heunburg und seinen Verbündeten der Überfall auf die herzogliche Stadt St. Veit geglückt
und ihnen der Sohn des Herzogs Meinhard von Kärnten (aus dem Hause der Grafen von Görz) Ludwig in die Hände
gefallen war, wurde er zunächst nach Taggenbrunn in Sicherheit gebracht und kam von dort nach Friesach und Werfen
in Haft.
1326, 1333, 1395 kommen salzburgische Burggrafen auf Taggenbrunn urkundlich vor.
In den Jahren 1473, 1476 und 1478 durchzogen türkische Streifscharen die Gegend, es verlautet jedoch nichts
von einem Angriff auf die Feste. 1480 hatte sie einige Zeit eine ungarische Besatzung. 1479 war es nämlich zu
Streitigkeiten zwischen Kaiser Friedrich III. und Erzbischof Bernhard von Rohr gekommen, und hatte sich dieser an
Mathias Corvinus, den König von Ungarn, um Hilfe gewendet. 1480 in der Fasten kamen ungarische Hilfstruppen:
„V hundert Mann zu Rossen und Fuessen" nach Kärnten, als Besatzung der salzburgischen festen Plätze, auch Taggen-
brunn wurde besetzt. Am Montag vor St.-Veits-Tag 1480 legte sich der kaiserliche Pfleger von Osterwitz, Herr Leon-
hard von Cholnitz, mit seinen Leuten, die ihm der Landesverweser und die Stände gesandt hatten, vor die Burg.
Schon am Freitag geben die Ungarn „das Geschloß auf, wann es was mit Notdurfft nicht versehen". Erst der Tod
des Königs Mathias 1490 beendete diesen Krieg; Taggenbrunn kam erst 1494 an das Hochstift zurück.
Der vom Walde größtenteils entblößte Burgkegel stuft sich sowohl nach Süden als auch westwärts mehrfach ab,
zum Teil in recht merkwürdigen Erdabsätzen, und gipfelt nur im Norden und Osten etwas felsig. In angenehm an-
steigenden Schleifen zieht vom Osten her der alte Weg zu einem breiten sonnigen Vorplatz unmittelbar unter die
bisweilen 10 m hoch ansteigenden Mauern des Wehrgürtels der um die Wende des 15. Jahrhunderts drittmalig
hergestellten Burg und schwenkt schließlich über eine aufgemauerte im letzten Drittel absichtlich unterbrochene Rampe
durch den festen Torbau in den die eigentliche Burg rings umlaufenden Zwinger, das ist innerhalb des stockhoch
hinterfüllten äußeren Wehrpolygons; von diesem noch etwas ansteigend durch einen gotischen Tordurchlaß in den
inneren Hof. Man kann also, ohne irgendwelche vorgeschobenen Hindernisse zu finden, an zwei Fronten an die Burg
heran, deren äußere Ichz in starke Mauerumrahmung an
drei verteilten Punkten durch mehrgeschossige Rundtürme
und damit auch die frontale Abwehr aus Schußfenster und
Doppelscharten oder über Kranzfeuerung flankierend ver-
stärkt wird. Der Eingang durch den äußeren Gürtel ist
durch einen seitlichen Rechteckvorbau, in dem das „Thor-
wärtlstübl" war, besonders geschützt. Nur an der sturm-
freieren Doppelfront gegen Nordosten blieb die Vorsorge
zurück und ersparte sich den vierten Turm.
Würden die geschichtlichen Daten auch nicht feststehen,
so weisen doch die Form der etwa 4 m durchmessenden
zylindrischen Türme, die mit mehr als drei Viertel ihres
Mantels kofferartig aus der dort und da von vorgekragten
Altanen unterbrochenen Umfassung vorspringen, die gekehlte
Einfassung und die Art der Schießfenster, die Pulver- und
Bolzenscharten, vor allem aber das ungeordnete Bruchstein-
mauerwerk mit sporadischer Ziegelverwendung den Bau der
äußeren Hülle schon fast in das beginnende 16. Jahrhundert.
Um so begieriger sucht das Auge am Kerngebüude nach Merk-
malen höheren Alters. Aber auch hier liegt dieselbe Stilein-
heitlichkeit vor, vielleicht daß die Mehrheit der schon im




Abb. 2. Burg Taggenbrunn, Lageplan 1:1000.
 
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