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Vereinigung zur Erhaltung Deutscher Burgen [Hrsg.]
Der Burgwart: Mitteilungsbl. d. Deutschen Burgenvereinigung e.V. zum Schutze Historischer Wehrbauten, Schlösser und Wohnbauten — 28.1927

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Nr. 5/6
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Baravalle, Robert: Burg Güssing im Burgenlande
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https://doi.org/10.11588/diglit.35078#0097

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geschmückten Hügelzüge, durch die schmucken langgestreckten
Dörfer mit ihrer lebhaften, aufgeweckten Bevölkerung kann
den Reiz des Besuchers der alten stolzen Feste nur erhöhen.
Wie die Burg selbst in baulicher Beziehung unsere rege
Teilnahme verdient, so auch ihre wechselvolle Geschichte.
Schon in der Steinzeit war die Gegend von Güssing be-
siedelt, und auch aus der Römerzeit sind Steine und Denkmale
erhalten, führte doch die wichtige Verbindungslinie zur Donau
über Pettau—Steinamanger nur wenige Kilometer östlich von
Güssing vorbei. Vermutlich wurde schon im 9. Jahrhundert
n. Ehr. eine kleine Befestigungsanlage und eine Kapelle am
Burgberg von Güssing errichtet. Aber erst seit dem 12. Jahr-
hundert läßt sich die Geschichte der Burg urkundlich verfolgen.
Ein „Comes Wolfer" aus dem angesehenen steirischen Ministe-
rialen Geschlechte der Wildoner, welches Geschlecht die Rieger-
burg besaß, errichtete hier eine Burg und gründete in Verbin-
dung mit ihr ein Benediktinerkloster. Im Gründungsbriefe vom Jahre 1157 wird der Ort Quisin genannt. Der Name
stammt von dem althochdeutschen Gussi, dem mittelhochdeutschen Güssi ^ Überschwemmungen, ab, ein Name, der treff-
lich von den Talniederungen des Strembaches abgeleitet ist. Fast alljährlich bedrohen starke Wassergüsse die hochgelegenen
Brücken, die durch lange Dämme mit den Ufern verbunden sind. Große Zerstörungen der Verbindungswege haben
zuletzt im Jahre 1926 stattgefunden. Die Bestätigungsbriefe der Päpste Honorius III. vom Jahre 1225 und Gre-
gor IX. von 1227 nennen das Kloster Monasterium S. Mariae de Monte Quisin, und der österreichische Reimchronist
Otokar singt von der „burc Guzzine".
Doch schon Wolfer's Sohn Hinz wurde bei einem Vorstoße der Ungarn unter Bela lll. von seinem stolzen
Felsennest verjagt. Die Feste selbst, die nun eine ungarische Grenzburg gegen den Westen wurde, ward königlicher
Besitz. Im 13. Jahrhundert herrschten verschiedene Lehensleute auf Güssing. Das Geschlecht, das sich um 1270 die
Grafen von Güssing nannte, war in kurzer Zeit zu solcher Macht emporgestiegen, daß es wagen konnte sowohl den
österreichischen Herzogen als ihren Lehensherrn, den Königen von Ungarn, Trotz zu bieten. Eine der gewaltigsten
Erscheinungen dieses Geschlechtes ist Jban Graf von Güssing. Sein Vater Heinrich I. hatte die Macht des Geschlech-
tes begründet. Zwar unterstand Jban dem Namen nach dem Könige von Ungarn, obwohl die westliche Ostmark den
rechtlichen Anspruch auf dieses, fast nur von deutschen Bauern besiedelte Gebiet machen konnte. Heinrich I. und sein
Sohn Jban herrschten aber unumschränkt. Herzog Albrechts Heer wurde bei Bernstein, nördlich von Güssing, ver-
nichtend geschlagen. Das ganze heutige Burgenland bis zur Donau im Norden und ein Teil Kroatiens bis zur
Save stand unter seiner Herrschaft. Den ungarischen König besiegte Jban in mehreren Schlachten, ja er nahm
ihn sogar gefangen und hielt ihn durch Monate in schimpflicher Haft. Erst nach langen zähen Kämpfen gelang
es, die Macht des Grafen zu brechen. In Jbans Söhnen hatte das Geschlecht seine Bedeutung eingebüßt.
Güssing kehrt
wieder in den Besitz
der ungarischen Kö-
nige zurück und sieht
als Lehensmänner
nur treue Anhänger
der Krone. Erst um
das Jahr 1370 erhält
wieder ein mäch-
tiges Geschlecht, die
Tschechen von Leva,
die Burg verliehen,
die sie durch drei
Generationen im
Lehensbesitze haben.
Kämpfe gegen die
Hussiten in ihrer
alten Heimat und
gegen die Türken in
ihrer neuen füllen
das Jahrhundert
ihrer Herrschaft über
Güssing aus. Der



von Robert Baravalie.

Abb. 64. Hochschloß Güssing im 15. Jahrhundert, Ansicht nach einem alten Gemälde.
 
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