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Curtius, Ernst [Hrsg.]; Adler, Friedrich [Hrsg.]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 2): Die Baudenkmäler — Berlin, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.774#0056
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Metroon (Tafel XXIV —XXVI).

Von dem ansteigenden Giebelgeison lind nur
einige Bruchstücke gefunden worden, welche gestatten,
die Höhe des Geisonsteines auf 0,25 m festzusetzen und
das Kyma an der Oberkante zu zeichnen. Die Form
der WasTernase ist jedoch unbekannt und konnte daher
in der Zeichnung nicht angegeben werden.
Das Dach, einschliesslich der dem Bau zugeteilten
Sima, bestand aus gebranntem Thon. Die Ornamente
der Sima sind auf Tafel XXVI angedeutet, sie werden
im II. Bande genauer verösfentlicht werden.
Der Fussboden der Ringhalle ist in dem noch
erhaltenen Teile des Tempels aus Kieselsteinen in so
roher Weise gebildet, dass man sich nicht dazu ent-
schliessen kann, ihn für griechisch zu halten. Einmal
besteht er zum Teil aus sehr grossen Kieseln, und sodann
dehnt er sich sogar über den Stylobat aus. Ich vermute,
dass wir es hier mit einem späteren Umbau zu thun
haben, welcher uns noch beschäftigen wird.
Während die äussere Säulenstellung trotz der grossen
Zerstörung genau wieder hergestellt werden konnte, ist
dies bei dem eigentlichen Naos nicht der Fall. Man
erkennt zwar, dass derselbe aus Pronaos, Cella und
Opisthodom bestand, und kann auch die Gestalt der
beiden Hallen nach ihrem Triglyphenfriese bestimmen,
aber die genauen Masse der einzelnen Teile, die innere
Einrichtung der Cella und die Lage der Cellathür lassen
sich leider nicht mit Bestimmtheit feststellen.
Der Ecktriglyph des Pronaos, welcher auf Tasel
XXVI unten abgebildet ist, lehrt uns die wichtige That-
sache, dass der Triglyphenfries nur an den schmalen
Seiten des Naos angebracht war. Da dies nur möglich
ist, wenn die Vor- und Hinterhalle als templa in antis
gebildet waren, so können wir schliessen, dass diese
Hallen mit je zwei Säulen zwischen Anten, und nicht
mit vier Säulen ausgestattet waren. Von diesen Anten
ist allerdings kein Stein zum Vorschein gekommen, von
den Säulen dagegen mehrere Trommeln und das Kapitell,
mit einem Durchmesser von 0,56 m. Die Gestalt des
letzteren ist derjenigen der Aussensäulen verwandt, auch
hier fcheinen Ringe aus Metall angesetzt gewesen zu
sein. Der Architrav des Pronaos ift selbft nicht ge-
sunden, dasür ist aber eine seiner Hinterplatten erhalten,
nach welcher die genaue Höhe des Architravs bestimmt
werden konnte. Von dem etwas höheren Triglyphen-
sriese sind noch mehrere Steine vorhanden. Ebenso wie
bei dem äusseren Friese ist auch hier jeder Triglyph mit
seiner Nebenmetope aus einem Block gearbeitet; ein
Unterschied besteht nur darin, dass die Porossteine nicht
selbst die Metope bildeten, sondern, wie Falze an den
Triglyphen beweisen, mit besonderen Metopenplatten
aus anderem Material verkleidet waren. Diefe wahr-
scheinlich mit Reliess gefchmückten Platten sind nicht
ausgesunden worden; sie konnten auch nicht gesunden
werden, weil fie schon in römifcher Zeit entsernt worden
find. Bei dem Umbau, den wir fchon erwähnten, find
sie, aus irgend einem uns nicht bekannten Grunde weg-
genommen und durch eine dicke Putzfchicht erfetzt
worden, welche auch die Falze in den Triglyphen aus-
füllte. In der Zeichnung des Ecktriglyphs auf Tafel XXVI
ift diefer fpätere Putz fortgelafsen.

In allen Plänen des Metroon ist angenommen
worden, dass die öftliche Vorhalle der Pronaos war
dass also die Cellathür in der Ostwand der Cella lag.
Obwohl diese Ergänzung meines Erachtens die richtige
ist, dars doch nicht verfchwiegen werden, dass sie
durchaus nicht gesichert ist. Unzweiselhaste Anhalts-
punkte zur Beftimmung der Richtung des Tempels
sind nämlich an der Ruine selbft nicht vorhanden. Wer
aus allgemeinen Gründen die Eingangsthür an die Weft-
seite legen möchte, ist dazu vollkommen berechtigt. Ich
würde auch geneigt sein, eine weltliche Richtung des
Tempels anzunehmen, wenn es irgend wie gesichert
wäre, dass der weftlich vom Metroon gesundene Altar
derjenige der Göttermutter ist.
Im Inneren der Cella scheinen Säulen geftanden
zu haben. Es besanden sich nämlich, wie aus dem
Grundriss und dem Querschnitt aus Tasel XXV hervor-
geht, neben den Längswänden der Cella zwei Fundament-
mauern, welche ich nur als Fundamente von Innensäulen

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Figur 16.
Korinthisches Kapitel], zu einem dorischen umgearbeitet.

zu erklären vermag. Von diesen Mauern ist die südliche
noch in ihrer unterften Schicht erhalten, das ehemalige
Vorhandensein der nördlichen wird sicher geftellt durch
einen Einschnitt, welcher längs der Cellawand in unserem
Grundriss sichtbar ist. Wie beide etwa zu ergänzen sind,
zeigt der Querschnitt. In diesem ist über der einen Mauer
eine schlanke Säule gezeichnet, welche eine ionische Basis
und ein dorisches Kapitell hat. Was uns berechtigt,
diese Säule so zusammenzusetzen und vermutungsweife
dem Metroon zuzuschreiben, ist Folgendes:
In der byzantinischen Oftmauer sanden wir zwischen
den Bauftücken des Metroon und der Echohalle zehn
kleine dorifche Kapitelle, welche aus korinthifchen Ka-
pitellen durch Abhauen der Blätter und Ranken her-
geftellt und dann in roher Weife verputzt waren. An
mehreren Stücken sind unter dem dicken Putz noch
Refte der Akanthusblätter erhalten geblieben. Eines
derfelben ist in Figur 16 abgebildet. Zugehörige Säulen-
trommeln fanden fich auch in der Nähe, fie haben
zwanzig ionifche Furchen, welche durch eine mehrere
Centimeter ftarke Putzfchicht überdeckt find. Schliesslich
 
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