Metroon (Tafel XXIV —XXVI)
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kamen auch noch einige Säulenbasen zum Vorschein, an
denen man ebenfalls die rohe Verputzung und die Um-
änderung in ungefurchte Säulen deutlich erkennen kann.
Wir haben seit der Auffindung der Säulen ge-
schwankt, ob sie dem Metroon oder der Echohalle
zuzuschreiben sind, und auch jetzt halte ich diese Frage
noch nicht für ganz erledigt. Dieser Ungewissheit ist es
auch zuzuschreiben, dass die Säulen zwar in dem Quer-
schnitt des Metroon gezeichnet sind, in dem Grundriss
aber fehlen. Für die Zugehörigkeit zum Metroon spricht
einerseits die rohe Verputzung, welche an allen Bau-
stücken desselben wiederkehrt, und andererseits der
Umstand, dass wir im Metroon ähnliche Säulen erwarten
mussen. Gerade korinthische Säulen würden sich mehr
dazu eignen, dicht vor der Wand aufgestellt zu werden,
als dorische. Gegen die Zugehörigkeit spricht dagegen
die grosse Zahl der gefundenen Kapitelle. Selbst wenn
wir annehmen, dass es ausser den zehn erhaltenen keine
weiteren Kapitelle gegeben habe, macht die Unterbringung
von zehn Säulen im Inneren der Cella einige Schwierig-
keiten. An den Langseiten können nur je vier Säulen
aufgestellt werden, und müssten wir daher auch an der
Opisthodomwand noch zwei Säulen anordnen. Diesem
Auskunftsmittel sleht zwar der Zustand der Ruine nicht
im Wege, aber man muss gestehen, dass die obige
Annahme, alle Kapitelle seien gefunden worden, nach
Massgabe unserer Erfahrung bei anderen olympischen
Bauten sehr unsicher ist. Mehr als zehn Säulen können
aber kaum in der Cella untergebracht werden. Dass
manche Gründe dafür sprechen, sie der Echohalle zu-
zuteilen, werden wir bei Beschreibung dieses Gebäudes
sehen. Hiernach halte ich es zwar für ziemlich sicher,
dass im Inneren des Metroon Säulen gestanden haben,
aber welche Säulen und wie viele es waren, lasse ich
unentschieden.
• Die Decke der Cella bestand ebenso wie diejenige
der Vorhallen aus Holz, denn von steinernen Kassetten
ist nichts gefunden worden.
Die Beleuchtung der Cella erfolgte ausschliesslich
durch die Thür. Wenn der Zeustempel und das He-
raion keine Hypaethraltempel waren, so kann auch das
kleine Metroon keine Oberlichtbeleuchtung gehabt haben.
Von der ehemaligen Bemalung einzelner Bau-
glieder haben lieh beträchtliche Reste erhalten, weil
durch die in römischer Zeit erfolgte rohe Verputzung
die alten Farbenreste mit einer dicken Stucklage über-
zogen und dadurch gegen jede weitere Beschädigung
geschützt waren. So bemerkten wir blaue und rote
Blätter an dem oberen und unteren Kyma des Geison;
hellblaue Farbe an den Triglyphen, den Nagelleisten
des Architravs und den Nagelplatten des Geison, und
rote Farbe an dem oberen Bande des Architravs und
dem unteren Bande des Geison. Die Metopen sowohl
wie die Kapitelle wurden vergeblich auf Farbreste oder
Ornamentspuren untersucht. Die wohlerhaltene Bema-
lung der Terrakottasima ist schon erwähnt, sie wird im
II. Bande genau verössentlicht werden.
Zum SchlulTe stelle ich einige technische Eigen-
tümlichkeiten des Tempels zusammen. Die Bildung
der Lager- und Stossfugen ist eine sehr sorgfältige, wie
überhaupt alle Steine des Baues trotz des schlechten
Materials (Porös) gut und genau bearbeitet lind. Die
Stossfuge ist so hergestellt, dass sich die beiden Steine
mit einem breiten Streifen berühren, an den Stylobat-
quadern hat dieser Streifen z.B. eine Breite von 0,13
bis 0,20 m.
Die Quadern jes y^er der Erde befindlichen Teiles
des Tempels waren durch 1—l förmige Eisen klammern
in Bleiverguss miteinander verbunden. In den Funda-
menten kommen keine Klammern vor. Am Stylobat
fanden wir eine Klammer aus Bronze. Senkrechte Eisen-
dübel zur Verbindung der einzelnen Steine kommen
nicht vor, dagegen sind die Säulentrommeln durch grosse
Holzdübel von 0,09 m Dicke und 0,15 m Länge mit-
einander verbunden gewesen.
c. Baugeschichte.
Als der Tempel bei den Ausgrabungen zum Vor-
schein kam, haben wir keinen Augenblick gezögert, in
ihm das Metroon, das Heiligtum der Göttermutter, zu
erkennen, obwohl er im Widerspruch mit Pausanias
(V, 20, 5), welcher das Metroon psytSsi ueyav nennt, auf-
fallend klein war. Pausanias muss in Wirklichkeit das
Gegenteil gesagt haben; es muss eine Negation im Text
ausgefallen sein, denn die Identität unseres Tempels mit
dem Metroon ist aus anderen Gründen über jeden Zweifel
erhaben. Erstens ist ausser dem Zeustempel, dem He-
raion und dem Metroon kein Tempel in der Altis ge-
funden und auch keiner von Pausanias erwähnt; da
nun die ersten beiden unzweifelhaft richtig benannt sind,
so muss der dritte Tempel das Metroon sein. Zweitens
passt die Angabe des Pausanias über den Aufstellungsort
der von Strafgeldern errichteten Zeusbilder vollkommen
zu unserem Tempel. Die Basen dieser sogenannten Zanes
slehen noch heute, genau den Worten des Periegeten
entsprechend, zwischen unserem Tempel und dem über-
wölbten Stadioneingang.
Ältere Baureife sind an der Stelle, wo später der
Tempel stand, nicht zum Vorschein gekommen, auch ist
unter den Baustücken kein Stein gefunden worden,
welcher aus irgend einem Grunde von einem älteren
Gebäude slammen müsste. Dadurch ist allerdings noch
nicht gesichert, dass vor der Erbauung des Tempels
kein älteres Heiligtum an jener Stelle gestanden hat.
Aber wer das Vorhandensein eines älteren Tempels an-
nimmt, kann sich dabei auf keinerlei erhaltene Baureste
stützen.
Über die Zeit der Erbauung des Tempels haben
wir keine Überlieferung aus dem Altertum. Wir mussen
daher zusehen, was uns der Bau selbst über sein Alter
lehrt.
Dass wir es mit einem Bau aus vorrömisscher Zeit
zu thun haben, liegt auf der Hand. Eine genauere
Zeitbestimmung genauen uns zunächst die Kunstformen.
Niemand wird bezweifeln, dass die gegliederten Stufen,
die Kapitelle, die Kymatien und die Sima nur nach dem
Zeustempel und nach dem Parthenon angefertigt sein
können. Die früheste Zeit, der wir den Bau zuschreiben
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kamen auch noch einige Säulenbasen zum Vorschein, an
denen man ebenfalls die rohe Verputzung und die Um-
änderung in ungefurchte Säulen deutlich erkennen kann.
Wir haben seit der Auffindung der Säulen ge-
schwankt, ob sie dem Metroon oder der Echohalle
zuzuschreiben sind, und auch jetzt halte ich diese Frage
noch nicht für ganz erledigt. Dieser Ungewissheit ist es
auch zuzuschreiben, dass die Säulen zwar in dem Quer-
schnitt des Metroon gezeichnet sind, in dem Grundriss
aber fehlen. Für die Zugehörigkeit zum Metroon spricht
einerseits die rohe Verputzung, welche an allen Bau-
stücken desselben wiederkehrt, und andererseits der
Umstand, dass wir im Metroon ähnliche Säulen erwarten
mussen. Gerade korinthische Säulen würden sich mehr
dazu eignen, dicht vor der Wand aufgestellt zu werden,
als dorische. Gegen die Zugehörigkeit spricht dagegen
die grosse Zahl der gefundenen Kapitelle. Selbst wenn
wir annehmen, dass es ausser den zehn erhaltenen keine
weiteren Kapitelle gegeben habe, macht die Unterbringung
von zehn Säulen im Inneren der Cella einige Schwierig-
keiten. An den Langseiten können nur je vier Säulen
aufgestellt werden, und müssten wir daher auch an der
Opisthodomwand noch zwei Säulen anordnen. Diesem
Auskunftsmittel sleht zwar der Zustand der Ruine nicht
im Wege, aber man muss gestehen, dass die obige
Annahme, alle Kapitelle seien gefunden worden, nach
Massgabe unserer Erfahrung bei anderen olympischen
Bauten sehr unsicher ist. Mehr als zehn Säulen können
aber kaum in der Cella untergebracht werden. Dass
manche Gründe dafür sprechen, sie der Echohalle zu-
zuteilen, werden wir bei Beschreibung dieses Gebäudes
sehen. Hiernach halte ich es zwar für ziemlich sicher,
dass im Inneren des Metroon Säulen gestanden haben,
aber welche Säulen und wie viele es waren, lasse ich
unentschieden.
• Die Decke der Cella bestand ebenso wie diejenige
der Vorhallen aus Holz, denn von steinernen Kassetten
ist nichts gefunden worden.
Die Beleuchtung der Cella erfolgte ausschliesslich
durch die Thür. Wenn der Zeustempel und das He-
raion keine Hypaethraltempel waren, so kann auch das
kleine Metroon keine Oberlichtbeleuchtung gehabt haben.
Von der ehemaligen Bemalung einzelner Bau-
glieder haben lieh beträchtliche Reste erhalten, weil
durch die in römischer Zeit erfolgte rohe Verputzung
die alten Farbenreste mit einer dicken Stucklage über-
zogen und dadurch gegen jede weitere Beschädigung
geschützt waren. So bemerkten wir blaue und rote
Blätter an dem oberen und unteren Kyma des Geison;
hellblaue Farbe an den Triglyphen, den Nagelleisten
des Architravs und den Nagelplatten des Geison, und
rote Farbe an dem oberen Bande des Architravs und
dem unteren Bande des Geison. Die Metopen sowohl
wie die Kapitelle wurden vergeblich auf Farbreste oder
Ornamentspuren untersucht. Die wohlerhaltene Bema-
lung der Terrakottasima ist schon erwähnt, sie wird im
II. Bande genau verössentlicht werden.
Zum SchlulTe stelle ich einige technische Eigen-
tümlichkeiten des Tempels zusammen. Die Bildung
der Lager- und Stossfugen ist eine sehr sorgfältige, wie
überhaupt alle Steine des Baues trotz des schlechten
Materials (Porös) gut und genau bearbeitet lind. Die
Stossfuge ist so hergestellt, dass sich die beiden Steine
mit einem breiten Streifen berühren, an den Stylobat-
quadern hat dieser Streifen z.B. eine Breite von 0,13
bis 0,20 m.
Die Quadern jes y^er der Erde befindlichen Teiles
des Tempels waren durch 1—l förmige Eisen klammern
in Bleiverguss miteinander verbunden. In den Funda-
menten kommen keine Klammern vor. Am Stylobat
fanden wir eine Klammer aus Bronze. Senkrechte Eisen-
dübel zur Verbindung der einzelnen Steine kommen
nicht vor, dagegen sind die Säulentrommeln durch grosse
Holzdübel von 0,09 m Dicke und 0,15 m Länge mit-
einander verbunden gewesen.
c. Baugeschichte.
Als der Tempel bei den Ausgrabungen zum Vor-
schein kam, haben wir keinen Augenblick gezögert, in
ihm das Metroon, das Heiligtum der Göttermutter, zu
erkennen, obwohl er im Widerspruch mit Pausanias
(V, 20, 5), welcher das Metroon psytSsi ueyav nennt, auf-
fallend klein war. Pausanias muss in Wirklichkeit das
Gegenteil gesagt haben; es muss eine Negation im Text
ausgefallen sein, denn die Identität unseres Tempels mit
dem Metroon ist aus anderen Gründen über jeden Zweifel
erhaben. Erstens ist ausser dem Zeustempel, dem He-
raion und dem Metroon kein Tempel in der Altis ge-
funden und auch keiner von Pausanias erwähnt; da
nun die ersten beiden unzweifelhaft richtig benannt sind,
so muss der dritte Tempel das Metroon sein. Zweitens
passt die Angabe des Pausanias über den Aufstellungsort
der von Strafgeldern errichteten Zeusbilder vollkommen
zu unserem Tempel. Die Basen dieser sogenannten Zanes
slehen noch heute, genau den Worten des Periegeten
entsprechend, zwischen unserem Tempel und dem über-
wölbten Stadioneingang.
Ältere Baureife sind an der Stelle, wo später der
Tempel stand, nicht zum Vorschein gekommen, auch ist
unter den Baustücken kein Stein gefunden worden,
welcher aus irgend einem Grunde von einem älteren
Gebäude slammen müsste. Dadurch ist allerdings noch
nicht gesichert, dass vor der Erbauung des Tempels
kein älteres Heiligtum an jener Stelle gestanden hat.
Aber wer das Vorhandensein eines älteren Tempels an-
nimmt, kann sich dabei auf keinerlei erhaltene Baureste
stützen.
Über die Zeit der Erbauung des Tempels haben
wir keine Überlieferung aus dem Altertum. Wir mussen
daher zusehen, was uns der Bau selbst über sein Alter
lehrt.
Dass wir es mit einem Bau aus vorrömisscher Zeit
zu thun haben, liegt auf der Hand. Eine genauere
Zeitbestimmung genauen uns zunächst die Kunstformen.
Niemand wird bezweifeln, dass die gegliederten Stufen,
die Kapitelle, die Kymatien und die Sima nur nach dem
Zeustempel und nach dem Parthenon angefertigt sein
können. Die früheste Zeit, der wir den Bau zuschreiben