Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Curtius, Ernst [Hrsg.]; Adler, Friedrich [Hrsg.]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 2): Die Baudenkmäler — Berlin, 1892

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.774#0089
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
Echohalle (Tafel XLIX —LI).

71

nämlich 2,15 m ist, so wird dies bestätigt durch die That-
sache, dass jede zweite Stylobatplatte mit einem Dübel-
loch in ihrer Mitte versehen ist. Die Säulen haben also
sicher auf jeder zweiten Platte der Oberstufe gestanden.
Ein dorisches Gebälk von dieser Axenweite mit zahllosen
zugehörigen Säulentrommeln und Kapitellen ist in der
Ostmauer der byzantinischen Festung zu Tage gekommen.
An den Trommeln sind die Stege abgeschlagen, die Ka-
pitelle zeigen deutliche Spuren einer nachträglich er-
folgten Veränderung, und auch an den Gebälkstücken
lassen sich mannigfache Umarbeitungen nicht verkennen.
Am wichtigsten sind in dieser Beziehung die Architrave,
an denen eine spätere Änderung sogar in Bezug auf ihr
Längenmass festgestellt werden kann. Dieselben haben in
der Mitte noch eine ganze Nagelleiste von 0,44 m Länge
und am rechten Ende eine halbe von 0,22 m; am linken
Ende ist dagegen von der halben Nagelleiste ein Stück
von etwa 0,08 m abgearbeitet, so dass der ursprünglich
2,1 5 m lange Architrav später nur eine Länge von 2,07 m
gehabt hat.
Die Architrave passen nach ihrem ursprünglichen
Längenmass vollkommen zu den Stylobatmassen, und
dalselbe gilt von den Triglyphen, Metopen und Geisa.
Die Zusammengehörigkeit ist also gesichert. Anfangs
standen bei einer Axenweite von 2,15 m 44 Säulen und
2 Eckpfeiler an der Vorderseite, beim Umbau vermehrte
sich diese Zahl, der verkleinerten Axenweite von 2,06
bis 2,07 m entsprechend, um zwei, so dass zuletzt
46 Säulen und 2 Anten die Vorderansicht bildeten.
In dem älteren Bau hatten die Säulen zwanzig
Furchen, die Architrave waren 2,15 m lang und hatten
gleichmässige Nagelleisten von 0,43 — 0,45 m Länge, die
Einschnitte der Triglyphen waren oben horizontal be-
grenzt, die Gesimse hatten schön geschwungene Glie-
derungen, und eine kunstvolle Rankensima mit Löwen-
köpfen befand sich als Bekrönung über dem Geison.
Beim Umbau wurden die Furchen der Säulen ab-
geschlagen, und die Säulenschäfte durch Unterschieben
besonderer breiter Basistrommeln schlanker gemacht, die
Architrave wurden verkürzt und auf die ganze Länge
der Front zwei neue eingeschoben, die verkleinerten
Nagelleisten wurden durch eine rohe Verputzung etwas
gleichmässig gemacht, die Einschnitte der Triglyphen
rundete man oben ab, die feinen Gliederungen der
Gesimse überzog man mit einem dicken Stuck, und
eine neue Sima mit steif gezeichneten Ranken und
hässlichen Löwenköpfen wurde über dem Gebälk
angebracht. In der ergänzten Aufrisszeichnung auf
Tafel XLIX sollte die ältere Ansicht gezeichnet werden;
in Ermangelung sicherer Anhaltspunkte für die Er-
gänzung der älteren Säulen und Sima haben wir die
entsprechenden späteren Bauglieder heranziehen müden.
Demselben Umbau gehören, wie ich vermute, auch
die Innensäulen der Halle an. Nur einige wenige
Fundamente derselben haben sich gefunden; in der nörd-
lichen, linken Hälfte sind gar keine, in der südlichen
Hälfte nur dort Fundamente vorhanden, wo im Grund-
riss ein Viereck um die Säule gezeichnet ist. Diese
Fundamente bestehen fast ausschliesslich aus älteren Bau-
stücken, wie Gesimsen, Tympanonblöcken, Triglyphen

und Quadern. Dazu kommt, dass die Innensäulen nicht
regelmässig auf die ganze Länge des Baues verteilt sind,
denn rechts steht die erste Innensäule der dritten, links
aber der zweiten Säule der Vorderseite gegenüber. Das
passt alles durchaus nicht zu der grossen Sorgfalt, mit
der der Stufenbau und seine Untermauerung ausgeführt
sind. Wir mussen daher annehmen, dass erst bei dem
Umbau die jetzigen Innensäulen errichtet worden sind.
Ob nun vorher andere oder überhaupt keine Innen-
säulen vorhanden waren, wage ich nicht zu entscheiden.
Die Frage, wie die späteren und beziehentlich auch die
älteren Innenstützen gestaltet waren, haben wir schon
bei der Besprechung des Metroon erörtert. Wir lernten
dort mehrere korinthische Säulen kennen, welche später
in roher Weise in dorische umgeändert worden waren.
Zu der Cella des Metroon passten sie aus mehreren
Gründen nicht recht, während sie für das Innere der
Echohalle mit grösserem Recht in Anspruch genommen
werden dürfen.
Zusammen mit dem Gebälk der Vorderseite sind
andere Gebälkstücke gefunden worden, welche wir
der Rückwand und den Seitenwänden glauben zu-
schreiben zu mussen. Die Steine zeigen auf der einen
Seite einen ionischen oder korinthischen Architrav mit drei
Fascien, und auf der anderen einen roh angearbeiteten
Triglyphenfries mit darunter befindlichen Nagelleisten.
Zu diesen Architraven würden die korinthischen Kapi-
telle osfenbar sehr gut passen.
Die Gebälkstücke der Hinterwand mussen übrigens
älter sein als diejenigen der Vorderseite und als der
Stufenbau, denn während die letzteren übereinstimmend
l—1 förmige Klammern haben, finden wir an jenen nur
I—1 förmige, also ältere Klammerlöcher. Können diese
Gebälkstücke aber nicht einem noch älteren Bau an-
gehören?
In der That sind hinter der vorderen Stoa die Reste
eines älteren Gebäudes zu Tage getreten, welches eben-
falls eine zweischiffige Säulenhalle mit nur etwas
abweichenden Abmessungen gewesen ist. Von dieser
Hinterstoa sind noch vorhanden: die Rückwand,
welche zugleich die östliche Grenzmauer der Altis war,
die beiden kurzen Seitenwände und eine grössere An-
zahl einzelner Fundamente für die Innensäulen. Wären
die letzteren nicht vorhanden, so hätte man zweifeln
können, ob der Bau überhaupt eine Stoa gewesen ist;
ihr thatsächliches Vorhandensein schliesst aber jeden
anderen Erklärungsversuch aus.
Wie verhalten sich nun die beiden Hallen zu ein-
ander? Haben sie gleichzeitig bestanden oder ist die
vordere erst nach der Zerstörung der hinteren erbaut
worden? Der erstere Fall scheint mir ausgeschlossen,
erstens weil die Wand zwischen beiden an einer Stelle
noch aufrecht steht, zweitens weil die Axenweiten der
Säulen in beiden Hallen nicht übereinstimmen, und
drittens weil die Innensäulen der hinteren Stoa nicht in
der Mitte zwischen den beiden Längsmauern liegen.
Die erhaltene Rückwand der Vorderhalle kann demnach
auch nicht die alte Vorderwand der älteren Stoa gewesen
sein. Wir sind vielmehr zu der Annahme gezwungen,
dass diese Vorderwand bei Erbauung der jüngeren Stoa
 
Annotationen