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Curtius, Ernst [Hrsg.]; Adler, Friedrich [Hrsg.]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 2): Die Baudenkmäler — Berlin, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.774#0090
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72

Echohalle (Tafel XLIX — LI)

abgebrochen und ihr Material zu dem Neubau ver-
wendet wurde.
Dieser älteren Halle werden vermutlich jene korin-
thischen Architrave, welche spa'ter zum Gebälk der neuen
Rückwand benutzt worden sind, ursprünglich angehört
haben. Von den älteren Innensäulen sind im Ganzen
elf Fundamente in den verschiedenen Teilen der Halle
an ihrer alten Stelle geblieben; ihr Abstand kann, ob-
gleich die Fundamente selbst sehr unregelmässige Ab-
messungen haben, bei der grossen Länge der Halle mit
Genauigkeit bestimmt werden. Als durchschnittliche
Axenweite ergiebt sich 3,20 m; da dreissig solcher Weiten
vorhanden lind, erhält man als Gesamtlänge der ganzen
Halle 96 m oder die Hälfte des olympischen Stadion.
c. Baugeschichte.
Einige Fragen, welche sich auf die Geschichte der
Halle beziehen, mussten schon in der Baubeschreibung
kurz erörtert werden. Es bleiben uns daher hier nur noch
folgende Punkte zu untersuchen und festzustellen übrig:
der Name der Stoa, die Entstehungszeit der ältesten
Halle, die Zeit der Erbauung der vorderen Stoa und
ihres späteren Umbaues und schliesslich die Zeit des
Unterganges der ganzen Anlage.
Die Gründe, welche uns berechtigen, unsere Stoa
Echohalle zu nennen, wurden im IV. Bande der »Aus-
grabungen« S. 49 näher entwickelt. Hier mag noch,
obwohl diese Benennung bisher von Niemandem ange-
zweifelt worden ist, hinzugefügt werden, dass sich auch
die beiden Namen, welche Pausanias der Halle giebt, in
einfacher Weise erklären. Ursprünglich hiess die Halle
wegen ihrer Gemälde »Poikile«. Nachdem durch den
vollständigen Umbau die Gemälde in Fortfall gekommen
waren, behielten Einige den alten Namen bei, Andere
nannten sie jedoch wegen ihres siebenfachen Echos »Stoa
des Echo«. Dass die grosse Halle, welche fast die ganze
Ostseite der Altis einnahm, die vor ihr erschallenden
Töne gut wiedergab und dieselben, wenn sie von den
Tempeln zurückgeworfen wurden, sogar mehrmals
wiederholte, ist wohl zu verliehen.
Für die Bestimmung der Erbauungszeit der Poikile,
(so mag der Einfachheit halber die älteste Halle kurz ge-
nannt werden), würden wir nur auf Vermutungen ange-
wiesen sein, wenn uns nicht ein glücklicher Zufall einen
Anhaltspunkt an die Hand gegeben hätte. Bei einer
Tiefgrabung an der Südostecke der Poikile fand ich näm-
lich in ihre untersten Fundamente vermauert — einen
halben Triglyphen des Zeustempels. Da sich ebensolche
Triglyphen auch in der südlich um die Halle herum-
geführten Wasserleitung in grösserer Anzahl befinden
(vergl. oben S. 22), und da ferner in der Rückwand der
Poikile ein Fragment einer Säulentrommel desselben
Tempels verbaut ist, so kann es kaum zweifelhaft sein,
dass die Halle nicht allzu lange nach dem Zeustempel
errichtet worden ist. Wie will man es auch sonst erklären,
dass so viele beim Bau des Tempels verworfene Bau-
stücke gerade hier zur Verwendung gelangt sind? Zu

dieser Ansetzung passt die Klammerform, welche wir für
die ältesten Bauteile nachweisen konnten, sehr gut; und
auch das fleht mit ihr in Einklang, dass dann not-
wendigerweise die Erbauung der öfllichen Altismauer
und die Hersteilung der Thesaurenterrasse bald nach
der Vollendung des Tempels erfolgt sein muss.
Es ist früher die Vermutung ausgesprochen worden
dass die Zerstörung der Poikile und die Errichtung der
weiter vorgeschobenen Echohalle zugleich mit einer
Erhöhung des weltlichen Stadionwalles erfolgt sei. Wenn
sich auch jetzt noch kein sicherer Beweis für diese An-
nahme beibringen lässt, erscheint sie mir doch sehr
glaubwürdig. Man kann sich auch sonst nicht recht
vorstellen, wodurch die Verschiebung der ganzen Halle
nach Welten und die damit zusammenhängende Ver-
kleinerung der Altis veranlasst sein sollte.
Die Erbauungszeit der vorderen Stoa, der Echo-
halle, kann aus den künstlerischen und technischen
Formen ihrer Bauglieder einigermassen ermittelt werden.
Die reiche und sorgfältige Bearbeitung der Stufen und
des Stylobats, die Verwendung von weissem grob-
körnigem Marmor zu den Stufen, von Porös zu
den übrigen Bauteilen, die Verbindung der Säulen und
des Stylobats vermitteln starker Holzdübel ohne Guss-
kanal und endlich die Anwendung j |förmiger Eisen-
klammern zur Verbindung der Stufenblöcke hat die Echo-
halle gemein mit einem anderen Gebäude, dessen Bau-
zeit genau bekannt ist, nämlich mit dem Philippeion. Da
dieses nach der Schlacht bei Chaironeia erbaut ist, trage
ich kein Bedenken, auch für die Echohalle die zweite
Hälfte des 4. Jahrhunderts als Entstehungszeit anzu-
nehmen. Es lässt sich sogar die Vermutung nicht ganz
abweisen, dass König Philipp selbst der Erbauer der
Halle gewesen sei. Auf jeden Fall stand diese in der Mitte
des folgenden Jahrhunderts schon aufrecht, weil damals
die auf hohen ionischen Säulen flehenden Standbilder
des Ptolemaios Philadelphos und der Arsinoe vor der
Halle aufgestellt wurden. Zu diesem Ansatz passen auch
sehr gut die an einigen Stufen vorhandenen Steinmetz-
zeichen (s. Figur 34).
Einen gründlichen Um-

Figur 34.
Steinmetzzeichen von der
Echohalle.

bau, den wir oben im Ein-
zelnen geschildert haben, er-
fuhr die Halle in römischer
Zeit. Eine genaue Zeitbestim-
mung ist nicht möglich; man
kann nur lagen, dass es eine
schon recht späte Zeit gewesen
sein muss; denn die rohe Verkürzung der Architrave
und die Herstellung der unschönen Thonsima kann
man sich nur in nachhadrianischer Zeit erfolgt denken.
Welches Ereignis diesen Umbau veranlasst' hat, ob ein
Erdbeben oder eine Feuersbrunst, ist unbekannt
Die Zerstörung der Halle geschah in byzantinischer
Zeit, als die grosse Festungsmauer erbaut werden sollte.
Die sämtlichen Baustücke, soweit sie nicht unter der Erde
lagen, wurden damals zum Bau der östlich vom Zeus-
tempel gelegenen Mauer verwendet.
 
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