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Curtius, Ernst [Hrsg.]; Adler, Friedrich [Hrsg.]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 2): Die Baudenkmäler — Berlin, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.774#0092
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74

Der Südoftbau (Tasel LH — LIV).

2. Die Nagelplatten des wagerechten Geison waren
dunkelblau, fast schwarz und ihre Zwischenräume rot
gefärbt; das Kyma unter denselben hat noch jetzt eine
mit roter, gelber, schwarzer und wahrscheinlich auch
blauer Farbe aufgemalte Blattreihe, und der darunter
befindliche Abakus einen Mäander in denselben Farben.
3. Die Triglyphen waren dunkelblau bemalt, während
die Metopen nur einen glatten weissen Stuck ohne Be-
malung besassen.
4. Der Abakus am oberen Ende des Architravs
zeigt deutliche Reite seiner ehemaligen roten Bemalung.
5. Ein Fragment eines Antenkapitells ist gesunden
worden, welches an seinem Kyma die Reite roter und
blauer Blätter und an seiner oberen Hohlkehle die Spuren
kleiner Palmetten aufweilt.
6. Die aus gebranntem Thon hergeltellte Sima be-
iitzt noch ihren vollen Farbenschmuck; ein Mäander,
eine Palmettenreihe und eine Blattwelle sind mit hellen
Farben auf schwarzem Grunde ausgemalt.
So wertvoll diese Beobachtungen im Einzelnen auch
sind, noch wichtiger scheinen mir die allgemeinen Regeln

also sichtbar und bildete den Ortbalken. Die dem
letzteren parallelen hölzernen Deckbalken reichten ver-
mutlich von der Längswand zu der mittleren Mauer
hinüber. Jener Triglyphenblock gehörte daher wahr-
scheinlich zur Giebelseite, nicht, wie aus der Tasel an-
gegeben ilt, zur Trausfeite. An der Oberkante des Ort-
balkens sind nun noch die Löcher sür die kleinen
Querhölzer zu fehen, welche die Zwischenräume der
Balken aussüllten. Das Syltem der Holzdecke, wie es
sich hiernach ergiebt, fucht Figur 35 zu veranfchaulichen.
Die Balken hatten eine Höhe von 227 mm, ihre Breite
ilt unbekannt; die Querhölzer waren 56 mm hoch
105 mm breit und hatten Abstände von etwa 145 mm.
Ihre Zwischenräume werden jedensalls mit Bohlen über-
deckt gewesen sein.
Zum Schlusfe ltelle ich die wichtigsten technischen
Formen des griechischen Südostbaues zusammen. Die
Porosquadern berühren sich an den Stossfugen mit
einem ziemlich breiten, regelmäfsig begrenzten Rande;
als Hebewerkzeug diente die Zange, wie die an den
Fundamentquadern noch fichtbaren Löcher beweisen;


Figur 35. Holzdecke im Siidostbau.

zu sein, welche wir an diefem Gebäude sür die Be-
malung der dorischen Bauwerke seftltellen konnten.
Bei der vorzüglichen Erhaltung der Farben an den
meisten Fragmenten konnte nämlich mit Sicherheit be-
ftimmt werden, welche Bauteile im Altertum bemalt
waren und welche jeder Bemalung entbehrten. So war
z. B. der Echinus und Abakus des Kapitells und der
Säulenfchaft weder mit einem Ornament, noch mit einer
einheitlichen Farbe verfehen, und auch die Metopen
waren vollkommen weifs geblieben. Diefe wichtige Be-
obachtung haben wir bei allen olympifchen Bauwerken
beftätigt gefunden. Andere Regeln für die verfchiedene
Behandlung der Oberfläche des Stuckes habe ich fchon
an anderer Stelle (Athen. Mitteil. X, S. 229) mitgeteilt.
Erwähnenswert ilt an dem griechifchen Bau noch
die innere Holzdecke, deren Form aus den an der
Hinterfeite eines Triglyphenblockes vorhandenen, für die
Querbalken beftimmten Löcher abgeleitet werden kann.
An dem Stein, welcher auf Tasel LIV rechts oben und
deutlicher unter Figur 35 abgebildet ilt, ergiebt fich
nämlich zunächlt, dafs das Kyma des Deckengesimfes aus
einem befonderen Stück Holz oder Stein eingefetzt war.
Über demfelben ift der ganze Stein noch verputzt, war

zur Verbindung der einzelnen Steine des Oberbaues
waren 1------1 sörmige Klammern verwendet. Um die
Mittelpunkte der Säulen aus dem Stylobat genau an-
geben zu können, hatte man, ebenfo wie beim Zeus-
tempel, kleine Löcher in den Stylobat gemacht, die-
selben mit Blei ausgegosien und dann auf der Oberssäche
des Bleies das Centrum genau ausgeschnürt. Nach diefen
Mittelpunkten läfst fich die Axenweite der Säulen an der
Nordfeite zu 1,991 m, an den Ecken dagegen zu 1,871 m
seltfetzen.
In der srührömischen Periode ist der ganze Ober-
bau abgetragen und über den alten Fundamenten ein
Wohnhaus der bekannten römifchen Form errichtet
worden. Soweit dasfelbe über dem alten Gebäude liegt,
sind feine Mauern auf Tasel LH verzeichnet; es nimmt
aber nach faft allen Richtungen einen gröfseren Raum
ein, wie man namentlich auf dem grofseh Situationsplane
erkennen kann. Den wichtigften Teil des neuen Baues
zeigt der unter Figur 36 gegebene Grundrifs. Man er-
kennt die im Welten, alfo innerhalb der Altis, er-
richtete Vorhalle, welche mit dem Atrium durch eine
breite Thür verbunden ift. An das geräumige Atrium
fchliefst fich nach Oflen ein Tablinum mit den üblichen
 
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