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Curtius, Ernst [Editor]; Adler, Friedrich [Editor]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 2): Die Baudenkmäler — Berlin, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.774#0137
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Die Palästra (Tasel LXXIII —LXXV).

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loch (zwischen einer der ionischen Säulenbasen und
ihrem Untersteine) sich, neben schönen Bleisalzkrystall-
drusen, wenige, aber sicher erkennbare Holzreste fanden.
Die Dübellöcher messen 6 — 8 cm im Quadrat, bei rund
4 cm Tiefe. An der Unterfläche mancher Kapitelle sind sie
doppelt abgestuft, wie es Abbildung 11 auf Tafel LXXIV
zeigt. In vielen hat sich das Bleifutter, durch das dem Dübe
innerhalb des in den Stein gemeisselten Loches eine be-
stimmte Stellung und fester Halt gegeben wurde, erhalten.
Dieses Bleifutter wurde wahrscheinlich vor dem Versetzen
der Steine um einen Metallkern eingegossen, der genau
den Querschnitt des später einzusetzenden Holzdübels
hatte und der in mehrere Keilstücke zerlegbar gewesen sein
muss, damit er nach dem Erstarren des Metalls heraus-
gezogen werden konnte. Die schmale Oberssäche des
3 — 5 mm starken Bleifutters zeigt bei den Löchern der
oberen Steinssächen eine andere Beschafsenheit, als bei
denen der unteren. Während sie in den ersteren — von
wenigen Ausnahmen abgesehen — die glatte, rundliche
Form des gessossenen Metalls bewahrt hat, lässt sie in
den letzteren deutliche Spuren späterer Meisselschläge
erkennen. Ofsenbar wurde der Holzdübel auf dem Werk-
platze in das mit dem Bleifutter versehene Loch der
Unterssäche des Obersteines gesetzt und dort durch An-
treiben des Bleies mitteilt eines Meissels festgekeilt. Dann
wurde der Oberstein vorsichtig so auf den unteren gesetzt,
dass das herausstehende Dübelende in dessen ebenfalls
mit Blei ausgefüttertes Loch eingrisf. Nach dem Auf-
stellen der Säulen wurden die Kanneluren angearbeitet
und der Putzüberzug hergestellt.
Die ionischen Säulen sind zumeist von der auf Tafel
LXXV in Abbildung 1, linke Seite, und 12—17 dargestellten
Art. Sie verjüngen sich von 49,8 cm unterem Durchmesser,
unter sanfter Schwellung, auf 41,2 cm. Ihre Höhe beträgt
3,93 m, also 7,9 UD. In der Seitenansicht zeigt ihr Kapitell
ein Polster, dass mit zwei Doppelringen geschnürt ist. Der
Grundriss der 20 Kanneluren ist ein Kreissegment. Wie bei
den dorischen, ist auch bei der Mehrzahl der ionischen
Säulen die Innenseite der unteren Schafthälfte nicht ge-
furcht. Die Stützen der Säle VII und XVII sind unten
sogar rundum glatt. Abweichend, wie die Abbildung 1,
rechte Seite, und 6 —11 es zeigen, gestaltet, sind die Säulen
der Räume IX und XII. Abgesehen von geringen Mass-
verschiedenheiten, zeigen sie eine andere Art der Schaft-
furchung und die des Raumes IX überdies abweichend
gebildete Kapitelle. Eigentliche Kanneluren, d.h. Furchen,
die in den Schaft einschneiden, sind nicht vorhanden;
vielmehr ist der glatte Schaft nur mit wenig vortretenden
Stegen belegt. An den Kapitellen in IX ist besonders die
Seitenansicht merkwürdig, die in ähnlicher Form meines
Wissens bisher nur noch in Pompei1) gefunden wurde.
Die Säulenbasen sind auffallend niedrig und steil (s. Ab-
bildung 15 Tafel LXXV), dabei aber von vortrefflicher
Wirkung. Die quadratische und über die Grenze der ring-
förmigen Glieder, von der Regel abweichend, weit vor-
tretende Fussplatte ist, wie schon oben erwähnt wurde,
an den Unterstein angearbeitet, so dass die Fuge zwischen
ihr und dem unteren Wulste liegt, der zur Sicherung gegen

Casa del Fauno.

Abdrücken mit einem Schutzplättchen auffetzt. Die meisten
der ionischen Säulen beliehen, ausser der rund 47 cm
hohen Basistrommel und dem Kapitell, aus 2 Schaft-
stücken. Für ihre Verdübelung gilt das oben für die
dorischen Säulen Gesagte.
Seitlich sind die ionischen Stützenreihen von Anten
eingeschlossen, deren Form aus Abbildung 1—5 auf
Tafel LXXIV und 14 auf Tafel LXXV ersichtlich ist. Ihre
den Säulen zugewandte Breitseite verjüngt sich von 53,4 cm
auf 50,5 cm, während das Mass der Schmalseite unverändert
bleibt. Nur die Anten des nördlichen Mittelsaales (XII)
haben Basen, alle übrigen setzen, wie Abbildung 3 der-
selben Tafel es zeigt, stumpf auf eine Steinplatte auf. Über
die anschliessende Wand, deren Anfangsstück an ihre
Blöcke angearbeitet ist, ragen sie beiderseitig um rund
3,5 cm vor. Ihre dem Saale zugekehrte freie Kante ist
bis zur Höhe von rund 1,60—2,22 m durch einen Rund-
stab gegen Bestossen gesichert. Wie die Säulen, so bestehen
auch die Anten der Mehrzahl nach aus 4 Steinen. Die Ver-
bindung erfolgte durch gepaarte Dübel. Die sichtbaren
Dübellöcher zeigen durch die Grösse ihrer Masse und,
wo sie erhalten ist, durch die Art der Bleiausfütterung, dass
auch hier die Dübel aus Holz bestanden; bis auf eines,
und zwar das östliche der Südante vom Raum VII, welches
einen Metalldübel gehabt zu haben scheint, da das den
einsügen Querschnitt des Dübels zeigende Loch innerhalb
des Bleigusses nur 1,8:4 cm misst.
Das kleine, in Abbildung 18 — 30 der Tafel dargestellte
ionische Kapitell, welches im Prytaneion gefunden wurde,
ist nach Formen und Arbeit den Säulenkapitellen so ähn-
lich, dass seine Zugehörigkeit zur Palästra kaum bezweifelt
werden kann. Es gehörte offenbar zu einer Zwischenstütze,
wahrscheinlich eines Fensters. Diese war auf der einen
Seite als Pfeiler, auf der anderen als kannelierte Halbsäule
gestaltet, beide getrennt durch einen putzlosen Streifen,
an dem ein Holz-, ein Metallrahmen oder ein Steingitter
angelegen haben wird. Seine durch die willkürliche Ver-
bindung von Astragal und Volutenkelch höchst merk-
würdige Form ist ebenfalls nur aus Pompei, wo sie in
der casa del centauro gefunden wurde, bekannt.
Von den korinthischen Säulen der Südeingänge
wurden leider nur wenige Stücke gefunden; immerhin
genügen sie zur Gewinnung eines im wesentlichen rich-
tigen Bildes, wie es in Abbildung 1 und 3 — 6 auf
Tafel LXXV gegeben ist. Die Säulenhöhe konnte nicht
genau bestimmt werden, da nur einzelne, stark beschädigte
Trommeln vorhanden sind. Am Kapitell ist das Oberglied
des Abakus der Form nach ergänzt, am Antenkapitell das
untere Drittel. Die Säulen hatten keine Basen, sondern
standen stumpf auf der durchlaufenden Schwellsteinlage,
die auf 2 Fundamentschichten ruht. Sie mussen als korin-
thisch bezeichnet werden, obgleich sie von allen be-
kannten Arten dieser Stilweise erheblich abweichen. Mit
ihren schweren Eckvoluten und den breiten, höchst
wirksamen Blättern erinnern sie an kleinasiatische Bei-
spiele, ohne einem derselben zu gleichen. Sie haben
20 Kanneluren. Der obere Durchmesser beträgt 44,5 cm,
der untere ist auf 56 cm geschätzt. Das Kapitell hat oben
ein kreisförmiges Schutzplättchen und in dessen Mitte ein
Dübelloch von 10 : 10 cm bei 10 cm Tiefe, in der unteren
 
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