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Curtius, Ernst [Editor]; Adler, Friedrich [Editor]
Olympia: die Ergebnisse der von dem Deutschen Reich veranstalteten Ausgrabung (Textband 2): Die Baudenkmäler — Berlin, 1892

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https://doi.org/10.11588/diglit.774#0144
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Eingangsthor zum Gymnasion (Tasel LXXVI und LXXVII).

und dem grossen Gymnasion — andererseits. Ausfallen
muss zunächst die wesentlich höhere Lage des Fussbodens
zwischen der Palästra und dem Thore. Diese Verschie-
denheit erklärt sich aus dem Umstande, dass das Planum
der Ringschule durch einen Einschnitt dem Kladeos aus-
wärts schnell ansteigenden Terrain abgewonnen wurde,
so dass also der südlichste Höhenpunkt, nicht der nörd-
liche, bestimmend für die Höhenlage des Fussbodens in
derselben wurde. Das Steigen des Terrains nach Norden
zu kennzeichnet sich gleichfalls fehr deutlich an den
Fundamenten der West-Altismauer, die stufenförmig ab-
setzen. — Zwischen der Palästra und unserem Thore be-
fand sich ein Raum, dessen Fussboden, wie aus einer vor
der Nordwand der Palästra entlang laufenden Sitzbank
und Wasserleitung ersichtlich ist, in gleicher Höhe mit
dem der Palästra liegt. Im gleichen Niveau liegen serner
mehrere Steinschwellen, welche sich an das Südsunda-
ment des Thors anlehnen und geputzte Ansichtsflächen
haben. Putz zeigt ferner die zwischen jenen Steinen
liegende Quaderschicht des Thorfundaments. Diese Stein-
schwellen (vergl. den grossen Plan des Ausgrabungsseldes)
bildeten ossenbar das Auflager für eine der vorerwähnten
ähnliche Sitzbank (Figur 22), welche 1,15m tiefer liegt als


Abbildung 22.
Durchschnitt durch den Stusenbau der Südseite.

der Stylobat des Thors. Möglicherweise fiel die Südseite
des Thorfundaments zusammen mit einer Futtermauer,
welche den exedrenartigen Raum nach dieser Seite hin
begrenzte. Wie der Abschlufs aus der ossenen Oftseite
beschassen war, ehe das fpätrömische Bassin daselbft an-
gelegt wurde, ist nicht zu ermitteln. — Die weftliche Be-

grenzung der Exedra bildet die Schmalwand der nördlich
an die Palästra grenzenden Halle. Der Fussboden der auch
über die vorerwähnte Wasserleitung hinweggesührt war
diese mithin ausser Gebrauch setzte, beftand aus kleinen
in Mörtel eingedrückten Kiefeln. Es erhellt aus diefem
Thatbeftand ohne weiteres, dass das Thor wefentlich später
als die Palästra erbaut fein muss (vergl. die Aussührungen
aus S. 115). — Ähnlich geftaltet sich das Verhältnis zu
der Osthalle des grossen Gymnasion. Das Thor ist mit
seinen drei Stusen über das Planum des grossen Gymnasion
erhöbt. Man erkennt ferner an der Nordweftecke des
Thores, da wo die vor jener Halle entlang lausende Rinne
mit der vor dem Thorstylobat zusammentrisst, deutlich,
dass der Rand der erfteren in roher Weise abgeschlagen ist
um eine Entwässerung in die letztere zu ermöglichen.
Ferner hat man die Stirnseite der Rinne abgehauen, um
die unterfte Thorftuse daneben verlegen zu können.
Auch hier ist demnach osfenbar das Gymnasion als die
ältere Anlage anzusehen; denn wäre es später entftanden
so hätte man aus jene Anschlussstelle von vornherein
Bedacht genommen und eine andere Lösung geschaffen.
Das Thor erfcheint mithin als zwischen die Palästra und
das Gymnasion hineingeschoben und zwar an einer Stelle,
wo vermutlich von jeher ein Zugang, wenn auch in an-
derer Form, zu suchen war. Wann dieser Einbau ent-
ftanden ist, lässt sich nur aus den Bauformen annähernd
schliessen. Schon oben ist aus die Ähnlichkeit der Kapi-
telle, namentlich in den Blattbildungen, mit denen des
Eingangsthors zum Stadion, auf aussallende Übereinstim-
mungen mit der Südhalle, auch mit den der Tufsperiode
angehörigen korinthischen Kapitellen aus Pompei hinge-
wiefen und da sür diese die Zeitftellung einigermafsen zu
beftimmen ist — das erfte Jahrhundert v. Chr. oder der
Schluss des zweiten — wird eine Datierung aus dem
zweiten, fpäteftens dem Beginn des letzten Jahrhunderts
vor unserer Zeitrechnung ungefähr das Richtige trefsen.
Die Zerftörung des Thores fällt zufammen mit der Er-
richtung der chriftlichen Kirche, die etwa in den Beginn
des fünsten Jahrhunderts zu fetzen ist. Vornehmlich waren
es, wie schon erwähnt, die Mauern der beiden weftlich
an die Vorhalle der Kirche ftofsenden Räume, in welche
die foliden Wandquadern des Thores verbaut wurden.
Das übrige Baumaterial ist grofsenteils zu den elenden
Baulichkeiten der fpäteften Bewohner von Olympia ver-
wendet worden und demzusolge vorwiegend über der
Palästra, dem grossen Gymnasion und in deren Nachbar-
fchaft wiedergefunden.
 
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