unnahbar in seinem Vertrauen auf
das Geschick, unbeugsam hoffnungs«
voll) hochgebildet und aller Selbst«
sucht niedrer Art fern, und wieder
trotzig, wahnerfüllt, lebensfremd,
maßlos glückverlassen; daneben aber
hebt Heidenstam das unnennbare
Anglück seines Volkes in furchtbaren
Bildern ins Licht, die Armut, Opfer»
mut, Verzweiflung, tiefste Erniedri--
gung zeigen und doch eine phan«
tastische und goldreine Treue. Das
Werk ist ein Epos des Krieges und
des härtesten Schicksals, glühend von
Vaterlandsliebe, getragen von tief«
ster, mutiger Einsicht in die
Wirklichkeit bitterer Geschicke und
das Rätsel menschlicher Größe
und Wesenheit. Kaum ein „zeit«
gemäßeres" Buch wüßte ich zu
nennen als dieses, in dem das
Dasein eines Volkes auf des Schwer--
tes Spitze, auf Mut, Ausdauer,
Leidensfähigkeit steht. — Selma
Lagerlöf zeichnet einen alten Häus-
ler, der von innigster Liebe zu seiner
Tochter seelisch lebt; diese rettet durch
Grwerb sein Dasein, versinkt aber im
Großstadtleben und läßt sich jahre-
lang daheim nicht sehen; aus Sehn-
sucht wird er irrsinnig; als sie endlich
heimkehrt, fühlt sie sich von ihm
abgestoßen,- erst sein Tod, den sie
verschuldet, läßt sie seine ungeheure
Liebe erkennen, und mit der Wie-
dergeburt des Mädchens schließt weh--
mütig die Dichtung. Eine Mischung
von Dorfroman und Märchen, von
Bealistik und Gefühlphantastik erfüllt
das Buch, die manchmal erschüttert,
manchmal an Tiefstes rührt, im
Ganzen aber nicht recht geschlossen
erscheint; zwiespältige Gefühle blei»
ben im Leser; eine große Dichterin
hat das alles geschaut und emp--
funden, aber wir haben sie schon
glücklicher im Gestalterischen ge»
sehen. — Aus Norwegen liegt
einiges im politisch-soziologischen
Sinne Fesselnde vor. Sigurd
Ibsen schrieb ein politisches Schau--
spiel, das soziale Machtkämpfe, Mi«
nisterwechsel, revolutionären Putsch
zum Inhalt hat, aber freilich einen
klugen Minister, keinen Dichter oder
Dramatiker zum Verfasser. Iohann
Bojer schildert in geschlossener, Na-
tur und Bauernwelt gleich sicher
fassender Erzählung den willens«
zähen, opferreichen Aufstieg eines
Bauern zum Abgeordneten; der er--
solglose Ausgang dieses heißen Stre--
bens, die kühle Schilderung der Be--
rufspolitik werben nicht für den Par«
lamentarismus; aber den Eindruck
der Wirklichkeittreue macht das kräf-
tige, an beste nordische Aberliefe-
rung anknüpfende Buch. Auch Knut
tzamsun, der Rnerschöpfliche, greift
diesmal in politisches Gebiet. Sein
Doppelroman enthält die soziale,
wirtschaftpolitische Geschichte eines
Gutsgebietes, von dem ein reicher
Mann ein Stück für ein Mühlwerk
kauft; das zieht Arbeiter heran, ein
Dorf, eine Küstenstadt entstehL, Han-
del und Wandel werden wach. Rnd
die alten Sitten schwinden, neue
Lebensformen, moderner Erwerbs-
und „Fortschritts"-Geist zieht ein,
soziale Kämpfe und gesellschaftliche
Spaltungen brechen auf. — Hamsun
schildert dies alles mit wehmütiger,
unendlich liebenswürdiger Aber-
legenheit, durch eine Fülle von
scharf gezeichneten Gestalten, packend
lebenswahr und doch nicht kleinlich
abzeichnend, immer dem tieferen
Sinn, dem eigentlich Bezeichnenden
auf der Spur. So ist ein reiches,
manche Einsicht und viel Anschauung
vermittelndes Buch entstanden, wie
wir uns wohl einmal ein aus deut-
schen Verhältnissen geborenes wün-
schen möchten. — Selbst in Andreas
Hauklands Nordlandgeschichte, die
eine selbständige Fortsetzung seiner
Ansiedler-Erzählungen ist und wie-
der KolonistengestalLen von verhalt-
ner Wucht und große Natur von
berückender Schönheit darstellt, spielt
Politisches hinein; Kapitalmacht
das Geschick, unbeugsam hoffnungs«
voll) hochgebildet und aller Selbst«
sucht niedrer Art fern, und wieder
trotzig, wahnerfüllt, lebensfremd,
maßlos glückverlassen; daneben aber
hebt Heidenstam das unnennbare
Anglück seines Volkes in furchtbaren
Bildern ins Licht, die Armut, Opfer»
mut, Verzweiflung, tiefste Erniedri--
gung zeigen und doch eine phan«
tastische und goldreine Treue. Das
Werk ist ein Epos des Krieges und
des härtesten Schicksals, glühend von
Vaterlandsliebe, getragen von tief«
ster, mutiger Einsicht in die
Wirklichkeit bitterer Geschicke und
das Rätsel menschlicher Größe
und Wesenheit. Kaum ein „zeit«
gemäßeres" Buch wüßte ich zu
nennen als dieses, in dem das
Dasein eines Volkes auf des Schwer--
tes Spitze, auf Mut, Ausdauer,
Leidensfähigkeit steht. — Selma
Lagerlöf zeichnet einen alten Häus-
ler, der von innigster Liebe zu seiner
Tochter seelisch lebt; diese rettet durch
Grwerb sein Dasein, versinkt aber im
Großstadtleben und läßt sich jahre-
lang daheim nicht sehen; aus Sehn-
sucht wird er irrsinnig; als sie endlich
heimkehrt, fühlt sie sich von ihm
abgestoßen,- erst sein Tod, den sie
verschuldet, läßt sie seine ungeheure
Liebe erkennen, und mit der Wie-
dergeburt des Mädchens schließt weh--
mütig die Dichtung. Eine Mischung
von Dorfroman und Märchen, von
Bealistik und Gefühlphantastik erfüllt
das Buch, die manchmal erschüttert,
manchmal an Tiefstes rührt, im
Ganzen aber nicht recht geschlossen
erscheint; zwiespältige Gefühle blei»
ben im Leser; eine große Dichterin
hat das alles geschaut und emp--
funden, aber wir haben sie schon
glücklicher im Gestalterischen ge»
sehen. — Aus Norwegen liegt
einiges im politisch-soziologischen
Sinne Fesselnde vor. Sigurd
Ibsen schrieb ein politisches Schau--
spiel, das soziale Machtkämpfe, Mi«
nisterwechsel, revolutionären Putsch
zum Inhalt hat, aber freilich einen
klugen Minister, keinen Dichter oder
Dramatiker zum Verfasser. Iohann
Bojer schildert in geschlossener, Na-
tur und Bauernwelt gleich sicher
fassender Erzählung den willens«
zähen, opferreichen Aufstieg eines
Bauern zum Abgeordneten; der er--
solglose Ausgang dieses heißen Stre--
bens, die kühle Schilderung der Be--
rufspolitik werben nicht für den Par«
lamentarismus; aber den Eindruck
der Wirklichkeittreue macht das kräf-
tige, an beste nordische Aberliefe-
rung anknüpfende Buch. Auch Knut
tzamsun, der Rnerschöpfliche, greift
diesmal in politisches Gebiet. Sein
Doppelroman enthält die soziale,
wirtschaftpolitische Geschichte eines
Gutsgebietes, von dem ein reicher
Mann ein Stück für ein Mühlwerk
kauft; das zieht Arbeiter heran, ein
Dorf, eine Küstenstadt entstehL, Han-
del und Wandel werden wach. Rnd
die alten Sitten schwinden, neue
Lebensformen, moderner Erwerbs-
und „Fortschritts"-Geist zieht ein,
soziale Kämpfe und gesellschaftliche
Spaltungen brechen auf. — Hamsun
schildert dies alles mit wehmütiger,
unendlich liebenswürdiger Aber-
legenheit, durch eine Fülle von
scharf gezeichneten Gestalten, packend
lebenswahr und doch nicht kleinlich
abzeichnend, immer dem tieferen
Sinn, dem eigentlich Bezeichnenden
auf der Spur. So ist ein reiches,
manche Einsicht und viel Anschauung
vermittelndes Buch entstanden, wie
wir uns wohl einmal ein aus deut-
schen Verhältnissen geborenes wün-
schen möchten. — Selbst in Andreas
Hauklands Nordlandgeschichte, die
eine selbständige Fortsetzung seiner
Ansiedler-Erzählungen ist und wie-
der KolonistengestalLen von verhalt-
ner Wucht und große Natur von
berückender Schönheit darstellt, spielt
Politisches hinein; Kapitalmacht