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Deutscher Wille: des Kunstwarts — 31,1.1917

DOI Heft:
Heft 5 (1. Dezemberheft 1917)
DOI Artikel:
Hoffmann, Paul Theodor: Deutsche Militärische Jugenderziehung
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https://doi.org/10.11588/diglit.14422#0196

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und fordert, daß als Grundlage der deutschen Disziplin Freiheit und Selbständig-
keit des Charakters gewahrt werde. Fr. W. Foerster macht gegen «ine verfrühte
und nbertriebene Erfüllung der jugendlichen Seele mit militärischen Vorstel-
lungen und Empfindungen die Gesahr geltend, daß damit die eigentliche
„Psyche" der Wehrkraft, die bisher die sittlichs Kraft nnseres Heeres ausmachte,
in blindem verantwortungslosen Drillgehorsam erdrosselt würde. Gleichen-Ruß-
wurm weist auf das Verhängnis hin, das in der Sucht nach Erziehungsmoden
liegt und das unter Heranziehung des für unsere Zeit als solches unmöglichen
Lrziehungsidcals Spartas Körper und Seele des Deutschen auf falsche Bahnen
zwängeu will. Die politischen Wirkungen untersuchen C. Rosen und L. von
Wiese. Rosen warnt eindringlich vor einer überstürzten gesetzlichen Regelung der
ganzen so hciklen Frage: „Unter allen Gefahren, mit denen uns dieser Krieg
bedroht, ist das Reichs-Iügendwehr-Gesetz eine der schlimmsten und verhängnis-
vollsten." Abgesehen von den tief eingreifenden Veränderungen im Familien-
leben, von der Züchtung der „Werkzeuge blinden Gehorsams" statt freien Staats-
bürgern würde dieser Schritt eine Vermehrung der Kriegsrüstung bedeuten,
die von andcren Staaten notwendigcrweise nachgeahmt werden würde und di«
auf eine immer stärkercn Militarisierung der ganzen Welt hinwirken müßte.
Ähnlich hält Wiese die gegenwärtige Zeit für ungeeignet zu einem derartigen
schicksalsschweren Entschluß und fordert erst die Wiederkehr der Unvoreinge-
nommenheit im Frieden. Vom ärztlichen Standpunkte hebt G. F. Nicolai gleich-
falls die Gefahren hervor: „der angebliche gesundheitliche Wert der geplanten
militärischen Erziehung hat zur Voraussetzung ein barbarisches oder höchstenS
mittelalterliches Ideal von menschlicher Robustheit, nicht aber das griechische,
odcr was dasselbe sagen will, das moderne Ideal der vollkommenen Gesundheit
einer einheitlich geschlossenen Persönlichkeit." Ferner kommen einige Führer
der Iugendbewegung und ein Soldat, der von seinen Erfahrungen im Felde
her die Frage beurteilt, zu Worte. Sie verhalten sich alle ablehnend. AlS
drohendste Gefahr wird überall dic Vernichtung einer wahren freiheitlichen
Lntwicklung des deutschen Menschen angesehen. Durch Minna Specht wird
auch auf die Zcrstörung des deutschen Familienlebens vom Standpunkte der
Frau und Mutter aus hingewiesen.

Zwei Schriften seien hier noch als wichtigere Ergänzungen genannt. Rudolf
Hecker (Erziehung zur Wehrfähigkeit. München (9(5. Verlag Otto Gmelin.
27 S.) führt aus, wie bereits vom Säuglingsalter an eine sorgsame Körpcrpflege
durch Verhütung der Infektion, reinliche Lcbenshaltung, Gewöhnung an Regel-
mäßigkeit und Abhärtung durch Leibesübungen, dem kindlichen OrganismuS
angepaßt und durch Stählung des Willcns getrieben werden kann. Auch weist
«r, leider nur kurz, auf die rhythmische Gymnastik hin. Gerade dieses Gebiet
ist unendlich wichtig und wertvoll. Wer ihm das Wort spricht, mag, zumal in
militärischen Kreisen, leicht in den Verdacht einer überflüssigen Asthetelei kommen.
Mit Unrecht. Nach dcm Kriege wird nicht nur wie jetzt die Not der Gegen-
wart gebieterisch bloß das nächstliegende Nützliche fordern. Zu einer vollendeten
Gestaltung dcs deutschen Menschen gehört auch seine Schönheit. Der Körper
soll der Ausdruck innerer Lauterkeit und Wahrheit sein, und dazu dient daS
Wccken des Sinnes für Rhythmik, für Schönheit der Gestalt und ihrer Be-
wegung. Warum sollte unsere Iugend nicht wieder zu den Kriegsreigen der
Griechen zurückkehren? Statt dcr jetzigen häßlichen Tänze sollten die Reigen
und Chöre, die einige Kreise wie Wandervogel und Hellerau pflegten, wicder
zu Ehren kommen.

Denn wer sich der Schönheit seincs KörperS bewußt ist, dem wird dieser
 
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