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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 12.1867

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https://doi.org/10.11588/diglit.13559#0034

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18

treu in einem minder umfangreichen Gemälde dargestellt. —
Aufträge zu Gemälden für die National-Gallerie haben Bende-
mann, Menzel, Julius Scholz, Oswald Achenbach, Grab und
Charles Hoguet übernommen. Auch steht die Erwerbung von
Gemälden von Knaus, Vautier und Deger in Aussicht, u. s. f."

Von den weiteren Mittheilungen über sonstige Verwendung
des Kunstfonds theilen wir unter der „Chronik" Einiges mit;
hier haben wir es nur mit den „leitenden Gesichtspunkten",
welche bei der Bildung der National-Gallerie in's Auge gefaßt sind,
und mit den danach bewirkten Ankäufen und Bestellungen zu thun.

Wir werden wohl nicht irre gehen, wenn wir in jener
officiellen Auslassung, für welche wir ebenso wie für die mitge-
theilten Daten dankbar sind, eine indirekte Erwiederung auf
unsere bereits öfter, besonders aber in Nr. 33 des vorigen
Jahrgangs angeregten Bedenken über die Bestimmung der
National-Gallerie, wie sie aus einzelnen administrativen Maaß-
nahmen gefolgert werden konnte, vermuthen. Es ist also für
uns jetzt eine doppelte Veranlassung vorhanden, auf den Inhalt
der obigen officiellen Auslegung näher einzugehew und zu prü-
fen, ob unsre Gedanken durch die Darlegung der „leitenden
Gesichtspunkte" beseitigt sind.

Wir gestehen, daß wir damit die Principienfrage keines-
wegs als erledigt betrachten können. Denn eben jener Dua-
lismus in den „Gesichtspunkten, welche für die Bildung der
Nationalgallerie in's Auge gefaßt worden", erscheint uns als das
Gefährliche bei der Sache. Man kann natürlich nichts dagegen
einzuwenden haben, wenn der Kunstfonds für zwei oder auch
mehre verschiedene Zwecke verwandt wird, die als solche durch-
aus nichts miteinander gemein haben, aber dann trenne man
auch die Ausführung nach verschiedenen Instituten.

Es werden zwei Gesichtspunkte angegeben: 1. soll die Na-
tionalgallerie eine Sammlung der höchsten Leistungen der vater-
ländischen Kunst sein, 2. soll sie eine Sammlung von patrio-
tischen Gemälden sein. — In dem ersten Gesichtspunkt ist also
als der Zweck der Nationalgallerie die Kunst hingestellt, in
dem zweiten die Geschichte der Nation, welcher die Kunst als
Mittel dienen soll. In dem ersten Falle wird der Maaßstab
der künstlerischen Gediegenheit, in dem zweckender des
patriotischen Interesses ausgestellt. Dies ist ein Dua-
lismus, welcher, als Princip festgehalten, in einem und demselben
Institut nur Verwirrung und Widersprüche Hervorbringen muß.

Nur durch eine scharfe Trennung beider Zwecke in ver-
schiedenen Instituten, die ja doch wohl in demselben Gebäude,
(wenn auch lokal geschieden) untergebracht werden können, sind
jene Widersprüche zu verhindern.

Unter dem allgemeinen Titel „Nationalgallerie", welcher
dem gemeinsamen Gebäude angehören mag, vereinige und scheide
man zwei besondere Gallerten, von denen die eine die Samm-
lung von Meisterwerken der nationalen Kunst, die
andere eine Sammlung von Werken der nationalen Ge-
schichte enthält. Dies wäre wenigstens logisch und konsequent.

In dem Doppelsinn des Wortes „National" liegt die
Quelle der Verwirrung: einmal denkt man dabei an die natio-
nale Kunst und dann wieder an die nationale Geschichte,
und indem man schlechthin „National-Gallerie" sagt, laufen
beide Bedeutungen zu verwirrender Unbestimmtheit in einander.

Was hat, könnte man fragen, ein mittelmäßiges patriotisches
Gemälde, das nur als Erinnernngsblatt an die Geschichte der
Nation oder des Fürstenhauses Bedeutung hat, zu suchen zwischen
Achenbach's „Ostende" und Brendel's „Schafstall"?

Daß eine solche Scheidung, wie wir sie im Interesse der
National-Gallerie selbst für nothwendig erachten, von einiger
Tragweite ist, geht schon daraus hervor, daß, während Bestel-
lungen für die patriotische Gallerie ganz in der Ordnung er-
scheinen, solche für die Nationalgallerie, als Sammlung von
Meisterwerken aller Gattungen, nicht opportun erscheinen. Wir
' können in dieser Beziehung nur die Schlußworte unsers oben
citirten Artikels wiederholen:

„Die Aufgabe der Nationalgallerie besteht darin: die
besten Werke deutscher Künstler der Gegenwart aus
allen Gebieten der Malerei, von der Historienma-
lerei bis zur Landschaft, vom Genre bis zum Still-
leben darin zu sammeln zur Belehrung und Bil-
dung des allgemeinen Kunstgeschmacks. Wo und von
wem immer ein tüchtiges Werk geschaffen sei, auf seine Tüch-
tigkeit allein gründet sich ein Anspruch für einen Platz in der
Nationalgallerie. Aber selbst die bloße Tüchtigkeit ist noch ein
zu weiter Begriff. Von den besten Meistern nicht bloß
ein Bild, sondern ihr bestes Bild zu erlangen, darauf muß
die Verwaltung der Nationalgallerie ihr Streben richten. —

Dann wird sie zu einer Sammlung von ausgewähltcn
Muster- und Meisterwerken werden, welche die künstlerische
Production der Nation in ihrer Reinheit repräsentirt. Auf's
Aeußerste bedenklich scheint es daher, gewissen bevorzugten Künst-
lern von Renommee und guter patriotischer Gesinnung, etwa
als Belohnung für letztere, ein Gemälde für einen bestimmten
Preis in Auftrag zu geben. Nur durch die Wahl einer wirk-
lich aus kunstverständigen Männern von unabhängiger Stellung
bestehenden Jury, welche über die Annahme eines für die Na-
tionalgallerie in Vorschlag gebrachten Werkes mit doppelt kri-
tischer Strenge zu entscheiden hat, kann der Gefahr vorgebeugt
werden, daß die „Nationalgallerie" in einiger Zeit sich in eine
künstlerische Rumpelkammer verwandelt. Vor allen Dingen muß
die Kunst als erster und letzter Zweck bei allen Einrichtungen des
Instituts voranstehen und nichts eingemischt werden, wodurch sie zu
einem bloßen Mittel im Dienste anderer Zwecke herabgesetzt wird."

Diese strenge Auffassung der Frage ist auch heute noch
die unsrige. Wir wünschten auch jetzt noch, daß man von
patriotischen Jllustrationsgemälden bei den Ankäufen für die
Nationalgallerie ganz abgesehen hätte. Jedoch scheint man von
diesem zweiten „Gesichtspunkt" einmal nicht abgehen zu wollen,
und so bleibt denn nichts übrig, als wenigstens dafür zu käm-
pfen, daß diese verschiedenen Zwecke auch getrennt in der Aus-
führung bleiben, d. h., wie wir schon bemerkten, die National-
gallerie in zwei streng geschiedene Abtheilungen zerfiele, wovon
die eine die Meisterwerke der deutschen Kunst in sich vereinigte,
während die andere als patriotische Gallerie dem Bedürfniß
nach Illustration der nationalen Geschichte Rechnung trüge.

Ob nicht auch die Verwaltung beider Institute, wenigstens
nach Seite der kritischen Würdigung über die zu erwerbenden
Werke, zu trennen für zweckmäßig erachtet werden möchte, wol-
len wir dahin gestellt sein lassen. M. Sr.
 
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