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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 12.1867

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https://doi.org/10.11588/diglit.13559#0257

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Inhalt.

Abhandlung: Erinnerungen von einer Schweizerreise, von vr. A. Reichen- Kunst-Chronik: Lokalnachrichten aus Berlin, Düsseldorf, Köln, Kreuznach,
sperger. IV. Luzern, Sarnen. Leipzig, Venedig, Pest.

Korrespondenzen: I?.Alteiiburg, Mitte August. (Der neugegründete Kunst- Kunslinstitutc und Kunstvcreine: Königliche Akademie der Künste in Berlin.
Verein.) — X Königsberg, den 27. Juli. (Permanente Ausstellung — Kais, königl. Akademie der bildenden Künste in Wien,

von Hübner u. Matz.) . Ausstellungskalender.

Erinnerungen von einer Schweizerreise.

Von vr. A. Reichensperger.

IV. Luzern. 8nrnen. Ontcifnüen. Thun.

u den vielen Erfordernissen des „guten
Tones" gehört u. A., daß man eine
Reise nach der Schweiz gemacht oder
doch wenigstens den Rigi einmal be-
stiegen hat. So treten denn auch
^ . so ziemlich sämmtliche Neuvermählte,

/ welche nicht gerade der untersten

Schichte angehören, durchweg pflichtmäßig solche
Wallfahrt an. Wären doch alle Moden so ver-
nünftiger Art! Gewiß thäten die meisten Touristen
am besten daran, sich auf ihre heimathlichen Prome-
naden zu beschränken; wenn denn nun aber einmal
aus Reisen gegangen werden soll, so ist es jedenfalls unendlich
vernünftiger eine Natur-, als eine Kunst-Reise zu machen. Aus
tiefster Ueberzeugung stelle ich den Satz auf, daß kaum etwas
Anderes an der ästhetischen Verkommenheit unserer „Gebildeten"
mehr schuld ist, als deren Wanderungen durch die Gallerien,
Museen und Bilderausstellungen. Auch der robusteste Magen

ist solchem Ragout nicht gewachsen, so wenig wie ein mensch-
liches Ohr es lange überdauern könnte, wenn von einem
Orchester ihm gleichzeitig hunderterlei Melodien vorgespielt wür-
den, ohne daß ein einheitliches Band dieselben zusammenhält.
Man braucht übrigens nur einigemal aufmerksamer Beobachter
der geistigen und körperlichen Zerschlagenheit der Gallerie-Tou-
risten am Schluffe solch' einer Bilder-Revue gewesen zu sein,
um dem vorstehend Gesagten, wie paradox es auch immer
klingen mag, beipflichten zu müssen. Die Museen wie die
Akademien haben denn auch erst ihre Entstehung gefunden, als
die kunstbildende Kraft versiegte und die ästhetische Feinschmecke-
rei, die kritische Gelehrtthuerei an die Stelle trat; in keiner
wahrhaft klassischen, selbstbewußten Kunstperiode ging man darauf
aus, Gemälde und Skulpturen zusammen zu schleppen, damit
der öffentliche Geschmack sich daran bilde; alle Künste vereinigten
sich vielmehr, um lebendige, einem bestimmten Zwecke dienende
Werke mitten in's Leben hineinzustellen.

Die Touristen werden also, wie gesagt, von einem ganz
 
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