Universitätsbibliothek HeidelbergUniversitätsbibliothek Heidelberg
Metadaten

Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 12.1867

DOI Seite / Zitierlink: 
https://doi.org/10.11588/diglit.13559#0044

DWork-Logo
Überblick
loading ...
Faksimile
0.5
1 cm
facsimile
Vollansicht
OCR-Volltext
28

ist gut gewählt, denn indem Raupp uns die rüstigen Bauern und
Dirnen der bayrischen Hochebene zeigt, wie sie eben ihre schwere
Erndtearbeit unterbrechen, um zu beten, gelang es ihm, bei aller
realistischen Auffassung doch einen ungemein poetischen Gedanken zur
Geltung zu bringen, welcher anheimelt, ohne in die Sentimentalität
früherer Zeiten zu fallen, da uns der Künstler lebenswahre Gestalten
bringt, wie wir sie auf unseren Wanderungen tagtäglich antreffen;
selbst der Humor hat ein Plätzchen gefunden bei den mehr oder
minder andächtigen Kindern, welche das Mittaglänten in ihren
Spielen stört. Ein weiterer Vorzug ist die harmonische Verbindung
von Staffage, Landschaft und der gewitterschwülen Luft, welche hin-
länglich erklärt, warum die Leute nicht zum Mittagessen nach Hause
gegangen sind, sondern nur kurze Zeit dafür auf der Wiese verwen-
det haben. Dabei ist die Technik meisterhaft; keck, ohne nach Effekten
zu haschen, breit, ohne die Zeichnung zu vernachlässigen, und die
Gluth der sommerlichen Mittagssonne wurde kaum vom verstorbenen
Haushofer besser wiedergegeben. — Auf dem Wege zum Verein kam
ich an Wimmer's Kunsthandlung vorbei, wo ein „junges, hessisches
Brautpaar" von demselben Künstler ausgestellt ist, welches alle Vor-
züge des vorher genannten Bildes in engerem Rahmen vereint und
beweis't, wie derselbe nicht nur die Aeußerlichkeiten des deutschen
Volkslebens fein beobachtet, sondern mit L. Richter'scher Liebenswür-
digkeit und Pietät auch in das Gemüthsleben eingedrungen ist, da-
bei aber gesund und aller weichlichen Süßigkeit fremd bleibt. — Die
übrigen Genrebilder sind räumlich sehr bescheiden. — Th. Pixis
brachte einen jungen Künstler, welcher unter einer Weinlaube ruht
und mit vollem Entzücken auf den Golf von Neapel (?) blickt, wäh-
rend eine schöne, üppige Italienerin eine Karaffe mit vino famoso
die Stufen der Veranda herabbringt. Er nannte dieses Oelbildchen
kleinsten Formats „Schöne Aussichten" und behandelte somit gewisser-
maaßen denselben Gedanken, den er kürzlich durch seine Illustration
des Körner'schen Liedes: „Es blinken drei freundliche Sterne" im
Großen ausführte. Eine Gesellschaft des vorigen Jahrhunderts hat
sich in einem weiubekränzten Pavillon niedergelassen, wo steche! Wein
und Gesang die herrliche Sommermondnacht genießt, während im
Vordergrund ein elegantes Pärchen, welches sich aus der Gesellschaft
weggestohlen hat, in den gegenseitigen Gefühlen der Liebe schwelgt.
Komposition wie Technik sind höchst anerkennenswerth; so gelang es
dem schnell zum Liebling der gebildeten Welt gewordenen Künstler
Mondlicht und Lampenschein nur mit der Kreide klar wiederzugeben;
gewiß wird dies Blatt, welches den in Fr. Bruckmann's Verlag er-
schienenen „Illustrationen zu deutschen Volks- und Lieblingsliedern"
einverleibt werden soll, eine willkommene Vermehrung dieses im
Ganzen trefflichen Werkes bilden.

s?j Düffeldorf, Mitte Januar. (Das Neueste aus un-
seren permanenten Kunstausstellungen. Schluß.) Als ein
ganz vortreffliches Bild, das ebenso originell in der Komposition
wie bedeutend in der Stimmung ist, müssen wir Deiters' „Dort-
recht" bezeichnen. Architektur wie Landschaft ist gleich gelungen,
auch die Staffage, eine Kirmes darstellend, ist von trefflicher
Wirkung. — Auch sein „Mondesaufgang" verdient Anerkennung.
— Die „Waldlandschaft" von Keßler zeigt sehr schön gezeichnete
Bäume, doch ist die Farbe etwas schwärzlich in den Tiefen. Die
Staffage von Kühen wäre am besten fortgeblieben, die Thiere sind
schlecht gezeichnet und auch nicht besonders gemalt. — Umgekehrt
zeichnet sich Lot's „Waldlandschaft" gerade durch die meisterhafte
Viehstaffage aus, aber auch die Bäume sind vortrefflich gezeich-
net und gemalt. — Ungemein wahr und fein in der Farbe ist
Dücker's „Strand der Ostsee", wenn auch die Formen, welche
in Felsen und Luft wiederkehren, dem Eindruck etwas Mono-
tones verleihen. — Die „Partie aus Neapel mit dem Fort

St. Elmo" von Ruinard ist sehr leuchtend in der Farbe,
dabei gut gemalt und gezeichnet, nur wirkt sie wegen der vielen
weißen Wände etwas unruhig. — Von A. Becker ist ein gut ge-
zeichnetes „Motiv von der Bergstraße bei Darmstadt" vorhanden,
von Seibel, einem Schüler O. Achenbach's, eine Landschaft mit
Viehstaffage, die mit Bravour gemalt, in der Komposition aber
mangelhaft ist. Das Bild macht den Eindruck, als ob der Künstler
mehr auf Farbe als auf Zeichnung giebt, da ihm entschieden Durch-
bildung in den landschaftlichen Details mangelt. Die Auffassung
des Motivs verräth jedoch eine nicht zu verkennende Selbstständig-
keit. — Letzteres kann nun von Th. v. Eckenbrecher's „Abend
am Bosporus" nicht behauptet werden. Das Bild ist zwar brillant
in der Farbe, leidet aber an einem fühlbaren Mangel an Verständ-
niß in der Behandlung des Terrains; auch könnten die Staffage-
Figuren besser gezeichnet sein.

An Thierstücken ist nur ein sehr lebendig dargestelltes „Hoch-
wild" von Kröner zu erwähnen, ein Bild, das auch eine gediegene
landschaftliche Stimmung besitzt. Sonst nenne ich noch ein paar
Portraits von Frau Marie Wiegmann und von O. Rethel,
sowie ein „Stillleben" von Frl. F. Fahne.

An Architekturgemälden ist nur ein Kabinetsstückchen von Ad.
Seel „Kreuzgang eines Klosters im Winter" vorhanden, das durch
Feinheit des Kolorits, Klarheit des Tons und Zartheit der Durch-
führung hohe Anerkennung verdient.

Ein bedeutendes Werk ist die Aquarelle von Ehr. Sell, welche
unter dem Titel „Schlacht bei Königgrätz", in mehreren Darstellun-
gen die Hauptepisodeu des berühmten Sadowa'er Schlachttages zur
Anschauung bringt, oben eine Totalansicht der Schlacht mit den
Höhen von Königgrätz, unten „König Wilhelm, sich an die Spitze
der verfolgenden Truppen stellend", das „Gefecht im Walde von
Sadowa", das „Handgemenge bei Chlum" u. a. m. Obgleich na-
türlich in sehr kleinem Maaßstabe ausgeführt, zeichnet sich doch diese
Aquarelle durch Lebendigkeit der Kompositionen und Kraft und Schön-
heit der Farbe in höchst bedeutender Weise ans, so daß man sich
des Wunsches nicht erwehren kann, diese gediegenen Darstellungen
im Großen ausgeführt zu sehen.

Wenn die „Permanente Gemälde-Ausstellung" von Schulte
hauptsächlich ihr Kontingent an Bildern aus den Ateliers der düffel-
dorfer Künstler entnimmt, so läßt es sich die „Permanente Kunst-
Ausstellung" von Bismeyer und Kraus angelegen sein, den
Künstlern und Kunstfreunden Düsseldorfs Werke fremder Künstler
vorzuführen. Gewiß kann man hierfür den Herren Bismeyer und
Kraus sehr dankbar sein, namentlich die Künstler, welche dadurch in
den Stand gesetzt sind, dann und wann einen Blick auf die Technik
und Anschauungsweise anderer Schulen und Richtungen zu werfen
und sowohl aus den Fehlern wie aus den Vorzügen derselben einen
Gewinn für ihre eigene Behandlungsweise zu ziehen. Als ein Haupt-
werk der Ausstellung ist eine Wiederholung des bekannten „Kompro-
mis der niederländischen Edeln im Jahre 1566" von de Biefve ^
zu betrachten. Außer dem in kolossalem Maaßstabe ausgeführten
ersten Original, welches seiner Zeit viel Aufsehen erregte und jeden-
falls als das bedeutendste Werk de Biefve's anzusehen ist, existirt
auch eine große Aquarelle (von 3' Länge und 2' Höhe), ganz in
der koloristischen Manier des Oelgemäldes behandelt, im Kupferstich-
kabinet des berliner Museums. — Von andern ausländischen Kunst-
werken nenne ich „Beethoven bei Mozart" von Merls (Brüssel),
„Shakespeare in seiner Familie" von Hamann (Paris) und „Der
letzte Gedanke von K. Maria von Weber" von demselben. Ich bin
im Allgemeinen kein Freund von der Wahl solcher Motive, welche
irgend eine der Literatur- oder Kunstgeschichte angehörige geistige
Größe zur Darstellung bringen. Mit Feldherrn und politischen
 
Annotationen