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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 12.1867

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https://doi.org/10.11588/diglit.13559#0078

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62

Aunstüteraiur und Ulbum.

f! A Aeflhetik. — Heschichie. — Technik.

Wie Anfänge der Buchdruckerei in Bild und
M Schrift; an deren frühesten Erzeugnissen in der Wei-
gel'schen Sammlung erläutert von T. O. Weigel und
ß Dr. Ad. Zestermann. Mit 145 Facsimiles und vielen
in den Text gedruckten Holzschnitten. 2 Bände in Folio,
Chamoispapier, elegant gebunden 84 Thlr. 1866.

Bereits in der letzten Nummer des Jahrgangs 1865, als es uns erst
vergönnt gewesen war, bei Herrn Weigel einige Proben der Facsimiledrucke
des damals erst begonnenen Werkes zu sehen, brachten wir auf Grund des
ausführlichen Programms und Inhaltsverzeichnisses eine ziemlich vollständige
Uebersicht über den intendirten Inhalt, sowie eine Andeutung über die hoch-
wichtigen Ausschlüsse, welche durch dasselbe über die noch immer in geheim-
nißvolles Dunkel gehüllte Geschichte der Druckweisen in Aussicht standen.
Heute liegt nun seit einiger Zeit das Werk selbst vor, und wollen wir nicht
verfehlen, einige Worte darüber zu sagen.

T. O. Weigel ist ein Mann, welcher seit langer Zeit in ernstester Weise
für den obigen Zweck gesammelt und kein materielles Opfer gescheut hat, um
seine Sammlung zu einer der interessantesten und vollständigsten zu machen.
Jetzt nun legt er uns das Resultat seiner Studien und die Früchte seines
Sammelns in dem obigen Werke vor, welches, weit entfernt, eine buchhänd-
lerische Spekulation zu sein, die Opfer, welche er bereits seiner Aufgabe ge-
bracht, wahrscheinlich um ein Bedeutendes vermehren wird. Es ist ein Pracht-
werk im höchsten Sinne des Worts, mit einer Sorgfalt und künstlerischen
Korrektheit hergestellt, wie leicht kein zweites in heutiger Zeit möglich wäre.
Wenn ein Mann in der persönlich uneigennützigsten Weise ein Viertel-
jahrhundert lang seine Thätigkeit der Aufhellung einer wissenschaftlichen Frage
widmet, so hat das immer etwas höchst Achtungswürdiges. Mit Recht ver-
doppelt sich aber unsere Bewunderung, wenn die mühevolle Forschung über-
dies mit großen materiellen Opfern sich verknüpft, wie dies mit dem eben
erschienenen Weigel'schen Werk der Fall ist.

Schon vor länger als 30 Jahren hatte Hr. Weigel der Gutenberg'schen Er-
findung und den Einwürfen jener Widersacher, welche den großen Mainzer
Bürger seines unsterblichen Ruhms berauben wollten, seine Studien gewidmet.
Wir können hier nicht in den im Allgemeinen bekannten, seinen Einzelnheiten
nach ziemlich verwickelten Streit über das Principat der Erfindung näher ein-
gehen. Zur Orientirung diene Folgendes: Gutenberg's Verdienst wurde haupt-
sächlich von Seite Hollands bekämpft. Johannes van Zuyren war der erste Hol-
länder, welcher die frühere Erfindung der Typographie durch Lorenz Coster
als etwas Neues im Jahre 1555 in einer besondern lateinischen Abhandlung
behauptet. Später wurde — wie es heißt, durch einen Drucker Coornhert
zu Hartem — die Fabel aufgebracht, daß ein Deutscher das Geheimniß aus
einer harlemer Druckerei nach Mainz gebracht. Zuerst wird diese Erzählung,
mit allerlei Einzelnheiten ausgeschmückt, in L. Guicciardini's Descrizione di
tutti i Paesi bassi 1567 mitgetheilt und noch später von Hadrianus Ju-
nius in seiner „Batavia" 1588 dahin vervollständigt, daß dies um 1440 ge-
schehen sei. Später wurde die Sache sogar zu einer Nationalangelegenheit,
so daß der harlemer Magistrat auf Grund dieser Lügen den harlemer „Er-
finder" durch ein Denkmal in jener Stadt ehren zu müssen geglaubt hat.

Als nun 1840 das 400jährige Gutenberg-Jubiläum gefeiert wurde, er-
hoben sich die Costerianer von Neuem, ohne eine ausreichende Widerlegung
zu finden. Da faßte T. O. Weigel den Plan, statt aller weitern Polemik
nur Dokumente gegen Dokumente sprechen zu lassen, und aus dieser Veran-
lassung entstand dessen weltberühmte Sammlung ältester vortypographischer
Drucke. Das Berufsgeschäft des Verfassers förderte die Arbeit, die sonst für
»ein Menschenalter und für das Vermögen eines Manne« unausführbar ge-
wesen wäre. Der Zweck der Sammlung, welchen T. O. Weigel sich vorge-
steckt hatte, war: zunächst die Ansprüche Hollands an die früheste Ausübung
der Xylographie zu prüfen und überhaupt die Beziehungen zu ermitteln, in
denen die Typographie zu ihren Schwesterkünften, der Metall- und Holz-
schneidekunst, stand. Die Ergebnisse übertrafen die Erwartungen.

(Schluß folgt.)

Die Trachten der Völker, vom Beginn der Geschichte bis zum
19ten Jahrhundert, von Albert Kretschmer, Kostümier am
königl. Hoftheater in Berlin und vr. Karl Rohrbach. Pracht-
werk in größtem Quartformat. 342 Seiten Text und 100 Tafeln
in Farbendruck. Vollständig in 20 Lieferungen 1860—1865. (Ver-
lag von I. G. Bach in Leipzig.) (Forts, u. Schluß.)

Es würde für den Leser nur ermüdend sein, wenn wir dem Texte
Schritt für Schritt folgen wollten, da ein näheres Eingehen in den Inhalt
wegen der großen Stofffülle doch unmöglich wäre. Mit Hinweisung auf die
in Nr. 48 des vorigen Jahrgangs gegebene allgemeine Uebersicht über den
Inhalt bemerken wir daher hier nur noch, daß der Vers, überall an dem
anfänglich aufgestellten Eintheiluugsprincip festhält, indem er bei jeder Na-
tionalität oder Völkergruppe zuerst kurz die Quellen angiebt, aus welcher
Nachrichten über die Tracht und Lebensweise zu schöpfen sind, sodann einen
kurzen Abriß der geschichtlichen Entwicklung des betreffenden Volkes folgen
läßt und dann, zur Tracht selbst übergehend, zuerst den allgemeinen Charakter
derselben, im Gegensatz zu der anderer Völker, schildert, um dann die Ver-
schiedenheit derselben innerhalb des naüonalen Kreises zu beschreiben; und zwar
1) als gewöhnliche Tracht, wobei wieder die Bedeckung des Rumpfes,
die Frauentracht, die Kopfbedeckung, die Fußbekleidung und der Schmuck be-
sonders betrachtet wird, 2) die Kriegstracht, in welcher die Schutzwaffen
von den Angriffswaffen getrennt werden, 3) die Priestertracht, 4) die
Hoftracht n. s. f. Dann folgen stets am Schluß noch, unter dem Sam-
melbegriff Geräthe, Nachrichten über Haus- und Stubengeräthe, Gefäße,
Musikalische Instrumente u. s. f. Gegen das Mittelalter und die neuere
Zeit hin modificirt sich allerdings, gemäß dem besonderen Charakter der Zeiten
und Nationen, diese Eintheilung etwas, indem einerseits der Gegensatz zwischen
„Friedenstracht" und „Kriegstracht" sich schärfer ausprägt, andererseits der
„geistlichen Tracht" — namentlich für die Zeit vom 6—16. Jahrhundert —
ihrer Mannigfaltigkeit wegen ein besonderer Abschnitt gewidmet wird. In
der Darstellung der modernen Trachten, deren launenhafte Entwicklung der
Verfasser mit derselben Gewissenhaftigkeit verfolgt, wie die durch ihre natio-
nale Bestimmtheit konsequentere der Völker des Alterthums und des Mittel-
alters, giebt er zuweilen, angeregt durch die poesielose Trockenheit des Stoffs,
seinem Humor Spielraum und läßt hin und wieder durch die Aufzählung
der Thatsachen eine leise Ironie durchklingen, welche dem Leser wie ein er-
frischender Quell in der Wüste der Trachtenprosa des modernen Lebens ent-
gegensprudelt und ihm neuen Muth verleiht, um das ziemlich unerquickliche
Gemälde der modernen Kleidung im Zusammenhänge und bis zum Schluß
zu betrachten.

Wir wünschten gern noch auf die einzelnen Tafeln einzugehen und we-
nigstens einige besonders interessante näher zu schildern. Aber beim Durch-
blättern derselben haben wir uns überzeugt, daß dies ein vergeblicher Versuch
wäre. Die Auswahl ist allzu schwierig, um nicht zu sagen unmöglich. Jede
Tafel — möge sie nun dem charaktervollen und schön gestalteten Alterthum
oder dem eigenthümlich prägnanten Mittelalter angehören — ist so natur-
wahr, in so feiner Nüancirung des Charakteristischen behandelt, daß man jede
mit gleichem und doch immer neuem Genüsse betrachtet. Verweisen wir daher
den Leser lieber auf das Werk selbst, das, bei seiner ebenso prachtvollen wie
künstlerisch vollendeten Ausstattung, Deuffchland zur höchsten Zierde gereicht.
Die Engländer und Franzosen mögen vielleicht elegantere, schwerlich aber so
künstlerisch schöne und gediegene Productionen aufzuweisen haben, wie diese
„Trachten der Völker", welche, was wir noch ausdrücklich hinzuzusügen nicht
unterlassen wollen, für den Künstler, insbesondere für den Historienmaler eine
unerschöpfliche und unentbehrliche Fundgrube des Studiums darbieten.

Indem wir unsere Anzeige des obigen Prachtwerkes schließen, bemerken
wir noch, daß seit der Vollendung deffelben von dem Künstler ein neues
Werk in Herausgabe begriffen ist, welches unter dem Titel „Deutsche Volks-
trachten" die immer mehr verschwindenden Originaltrachten der einzelnen
Volksstämme Deutschlands in höchst anziehenden Darstellungen behandelt. Wir
werden auf daffelbe in einer besonderen Anzeige zurückkommen.

. M. Sr.
 
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