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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 12.1867

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https://doi.org/10.11588/diglit.13559#0135

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119

Kunsttechnik.

Jolumn Trost mul die WiffcnsckH

&

rcft war dcr Mann, auf diesem Gebiete mehr zu
leisten als bloß seinen Namen den oben angeführten ein-
fach anzuschließen, dies bewies er bereits durch die 1859 bei
Gerold's Sohn in Wien erschienene Darstellung der Pro-
portionslchre Dürer's, welche er schon im Hinblick auf
ein Ganzes der Untersuchung über die Proportionslehre
überhaupt und als Vorläufer dieser unternahm, und worin er das
Wesentliche und Brauchbarste aus Dürer's Proportionslehre in
einer leicht faßlichen, mehrfache Vergleiche zulassenden Uebersicht, unter
Hinzufügung eines allgemein anwendbaren, relativen Maßstabes zum
Gebrauche jener eifrigen Kunstjünger darbot, denen Dürer's Wort:
„Ohn richte porportion kann he kein bild vollkommen sein, ob cs
auch so fleißig als das ymer möglich ist, gemacht wirdet", kein mü-
ßiges ist. Welche Anerkennung diese Darstellung der Dürer'schen
Proportionslehre in kompetenteren Kreisen gefunden, beweiset folgende
Thatsache. Als sich in Berlin auf Vorschlag des Hofrathes Friedr.
Förster, uni das Originalwerk Dürer's, das, wie kein anderes von
Dürer, von seinem unermüdlichen Fleiße und von seiner Liebe für
Kunst und Kunstgenossen Zengniß gicbt, vor allmäligem Verschwin-
den zu bewahren, und durch photolithographische treue Nachbildung
desseben eine Ehrenschuld Deutschland's an einem seiner größten
Männer abzutragen, ein Comite gebildet hatte, bestehend aus Fr.
Förster, Hotho, Mandel, dem Grafen Ra czynski, Sch na ase,
Waagen in Berlin, v. Eye in Nürnberg und Ernst Förster in
München, unter dem Vorsitze von Cornelius — ließ dasselbe an
Trost die Einladung zum Beitritt und die ehrenvolle Aufforderung
ergehen, das unternommene Werk mit einem Vorworte einzubegleiten.

Was nun das Trost'sche Hauptwerk betrifft, das unter dem
Titel „Porportionslehrc mit einem Kanon der Längen-, Breiten- und
Profilmaaße aller Theile des menschlichen Körpers, auf Grundlage
der zuverlässigsten Messungen, der vorzüglichsten Antiken, bearbeitet
von I. I. Trost," mit Holzschnitten, 3 Tafeln und 15 Tabellen,
1866, bei Braumüller in Wien erschienen ist, so giebt dasselbe die
Uebersicht der historischen Entwicklung der Proportionslehre und ge-
winnt durch die Darstellung des beständigen Wechsels in deren bis-
herigen Ergebnissen den Nachweis der Nothwendigkeit einer objektive-
rcn Methode und gewährt auch in die Schwierigkeit der Lösung dieser
Aufgabe einen interessanten Einblick. Als positive Leistung dieses
Werkes erscheint aber zweierlei, erstens: die Wahl eines zweckmäßigen
^rundmaaßes, von dem ausgegangen wird, und darin ist T r o st von
Een Anderen abgewichen, daß er nicht einen Körpertheil, z. B.
Kopflänge, Gesichtslänge, Nase, Vorderarm, Fuß u. s. w. als Mo-
dulus in Anwendung brachte, sondern von der Gesammtlänge des
Körpers ausging, diese in 600 Theile theilte, welche Zahl nicht nur
^urch andere theilbar ist, sondern bei welcher auch 100 solche
theile den sechsten Theil der Körperlänge, mithin den metrischen
^"ß der Alten ausmachen. Die zweite Leistung des Werkes bilden

Tabellen, eine äußerst mühsame und wichtige Arbeit. Die Sta-
llien, deren Maaße darin angegeben werden, sind nicht weniger als
^•*) Ebenso giebt der Verfasser auch noch die Maaße des natür-

*) Achilles, Adorant von Berlin, Amor als Herkules, AntinonS vom
apitol, AntinonS als Herkules, Apollino, Apollo vom Belvedere, lyrischer
dollo, Apollo Sauroktonos, Bacchus, Castor von St. Ildefons, Diana,
jskobolns, Faun vom Capitol, Faun tSilen) mit dem Kinde, Faun am
1 afte, borghesischer und sterbender Fechter, Genius, Germanicus, Hadrian,

der flroportionsleltre. (Schluß.)

lichen, menschlichen Körpers, z. B. nach Quetelet's Messungen
an lebenden Belgiern und nach den Messungen Anderer. Natürlich
behandelt Trost in seiner Proportionslehre auch andere Detailauf-
gaben derselben in möglichster Vollständigkeit, wie denn überhaupt
sein Werk in der Literatur der Proportionslehre ein abschließendes
ist. Wiederholt sei daher, was am Schluffe der eingehenden Be-
sprechung dieses Werkes in den Dioskuren l866, No. 18 steht:
„So bietet denn dies Werk, welches bei seinem geringen Umfang
eine ungeheure Menge von wissenschaftlichen Ergebnissen umfaßt, den
Abschluß der Proportionslehre dar: es ist ans diesem Gebiete eine
That, die allen Konjecturcn dcr Phantasie ein Ende macht. Der
„Proportionsschlüssel" ist kein Problem mehr, sondern er ist zur
Mythe degradirt. Dies ist ein Resultat, dessen hohe Wichtigkeit den
Verfaffer für seine unsägliche Mühe in der Berechnung aller dieser
Maaße schadlos halten muß."

Ueber allen Leistungen Professor Tr oft's steht jedoch seine Per-
sönlichkeit. Wenn überhaupt jede Erscheinung, die sich in ihrer vollen
Entwicklung uns darstellt, das Gefühl einer moralischen oder ästhe-
tischen Befriedigung erweckt, so thut dies ohne Zweifel am unmittel-
barsten das Bild eines vollkommen abgeschlossenen Menschenlebens, be-
sonders wenn dieses reiche Keime zur Entwicklung zu bringen hatte und
sie nun am Abschlüsse in ihrer harmonischen Gesammtentfaltung uns
darbietet. In unserer hastigen, der Befriedigung des augenblicklichen
Bcdürfniffes hingegebenen Zeit findet man immer seltener solche har-
monische Lebensbilder, da sie geradezu einen Gegensatz zu unserer
Zeit bilden, und wo man eines findet, wie jenes Tr oft's, kann
man bewundern, was für eine moralische Macht in dem beständigen
Festhalten der inneren Sammlung liegt, wenn man in dieser den
wahren Lebenswerth gefunden zu haben so glücklich war, und wie
dann von selbst das ganze Thun und Trachten des im Uebrigen Be-
dürfnißlosen nur nach dem Sittlichen die Richtung nimmt, und wie
bei einem solchen sich Geist und Gemüth, ich möchte sagen, sittlich
künstlerisch ausgestalten. Ich, der ich Jahre lang als akademischer
Assistent an Trost's Seite wirkte, kannte genau sein sich vollkom-
men in seiner inneren Welt abschließendes, stillbefriedigtes und an
der Seite einer Gattin, die ihm volles Verständniß cntgegentrng
(Maria Trost, geb. Sartori aus Freiburg im Breisgau) in seltener
Weise beglücktes Dasein. Für weitere Kreise wird es erst zugäng-
lich werden durch sein eigenes philosophisches Diarium, welches er
unter dem Titel „Concordanz" fertig hinterließ und dessen Heraus-
gabe die Wittwe veranstalten wird. Es sollte sein und ist eine
Sammlung des Besten, was die Besten über unser Bestes ge-
sagt haben, mit seinen eigenen Meditationen über die höchsten An-
gelegenheiten der Menschheit vermehrt, zur Erhebung der unsterblichen
Seele aus der Alltäglichkeit und zur Wiedererinnerung derselben an
ihre höhere Bestimmung, damit sie nicht gleich einem Hause verfalle,
das unbewohnt ist.

Was in diesem Werke Erhebendes ist, das Alles hat er, wie
sein ganzes Leben beweist, wirklich an sich erlebt, und will es auch
Andere an sich erleben taffen; und auch an diesem seinem Schcide-
gruß erkennen wir den edlen Menschen. Dr. Agathvn Klemt.

farnesischer Herkules, Hermaphrodit, Knabe, Knabe mit der Gan8, Koloß
von Monte Cavallo, Laokoon, Marsyas, Menelaus, Merkur vom Belvedere,
sitzender Merkur, Nero, Niobide, Patroklus, Pertinax, Pollux von St. Ilde-
fons, Tiberflnß, Venus vom Capitol, mediceifche Venus, Venus von Milo.
 
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