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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 12.1867

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https://doi.org/10.11588/diglit.13559#0344

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328

Kunstgeschichte und Antiquitäten.

Der Hrie^weckjsel MrrrnZ Gersrä's.

respondenz^

er Neffe des seiner Zeit sehr berühmten französischen Histo-
rienmalers Franz Görard, von welchem bereits im
Jahre 1852 drei Foliobände mit Kupferstichen nach den
sämmtlichen Werken seines Onkels erschienen, hat vor einiger
Zeit „nur zum Zweck der Vertheilung an Freunde und
Verehrer des Verstorbenen" einen großen Theil der Kor-
herausgeben, welche Görard mit berühmten Zeitgenossen,
Künstlern sowohl wie Staatsmännern und Gelehrten, geführt hat.

Die A. A. Z. die, wie sie schreibt, durch die Güte des Heraus-
gebers in den Besitz eines Exemplars gesetzt ist, brachte daraus inter-
essante Mittheilnngen, denen wir das Folgende entnehmen. Der
Berichterstatter leitet dieselben mit einigen kunsthistorischen Bemer-
kungen über die künstlerische Stellung Görard's ein:

„Unter den Meistern der französischen Malerei nimmt Francois
Gerard, wenn nicht eine der hervorragendsten, doch eine sehr bedeu-
tende Stelle ein. Die unparteiische Kritik wird ihm, auch nach-
dem der Nimbus, der ihn zu seinen Lebzeiten umgab, und in den
Augen der Mitwelt als einen der größten Maler aller Zeiten er-
scheinen ließ, geschwunden ist, immer einen bedeutsamen Platz in der
Geschichte der französischen Malerei zuerkennen. Viele seiner Werke
werden auch für den nachgeborenen Beschauer einen unvergänglichen
Reiz behalten und durch ihre im besten Sinne des Worts eminent
französischen Eigenschaften, Korrektheit der Zeichnung, Anmuth der
Form und verständige Anordnung, seinem Vaterlande stets zur Ehre
gereichen. Für die Geschichte der französischen Kunst insbesondere
haben Gbrard's Werke die Bedeutung einer vermittelnden Uebergangs-
stufe von dem starren Klassicismus der David'schen Schule zu mo-
derneren Richtungen, indem er theils die antiken Formen mit leben-
diger warmer Empfindung zu durchdringen anfing und damit dem
geläuterten in Ingres gipfelnden Idealismus die Wege bahnte, theils
Stoffe aus der neueren Geschichte mit Glück behandelte und damit
die moderne realistisch-historische Schule vorbereitete. Zu seinen be-
rühmtesten Werken der ersteren Gattung gehören die durch Kupfer-
stiche auch in Deutschland viel verbreiteten: „Belisar, seinen jungen,
von einer Schlange verwundeten Führer auf dem Arme tragend,
sucht am Rande eines Abgrunds bei hereinbrechender Nacht den
Weg" (1795), „Amor und Psyche" (1798), „Die vier Lebensalter"
(1806), „Der blinde Homer an der Hand eines führenden Kna-
ben" u. a.; zu denen der letzteren Gattung vor allen die „Schlacht
bei Austerlitz" (1810, jetzt im Museum von Versailles), und der
„Einzug Heinrichs IV. in Paris", (1817). Was ihm aber während
seiner langen Laufbahn, 1770 bis 1837, den größten Ruhm er-
warb, das waren seine in der That höchst ausgezeichneten Leistungen
auf dem Gebiete der Portraitmalerei. Görard war von den letzten
Zeiten der Revolution an, während des Kaiserreichs, der Restauration
und noch im Beginn der Zeit des Julikönigthums der gefeiertste *)

*) Der vollständige Titel lautet: Correspondance de Fran?ois Ge-
rard, peintre d’histoire, ayec les artistes et les personages celebres de
son temps. Publice par M. Henry Gerard, son neveu, et precedee
d'une notice sur la vie et les oeuvres de Gerard, par M. Adolphe
Viollet-Le-Duc. Paris. Typographie de Ad. Leine et J. Harard.
1867. 8.

Portraitmaler, bei dem sich die Fürsten und Großen Europa's um
die Anfertigung ihres Bildnisses wie um eine besondere Gunst be-
warben, und dem die überschwängliche Ausdrucksweise der Zeit daher
den Namen des „Malers der Könige und des Königs der Maler"
verlieh. Kein Wunder, daß der so gefeierte Künstler, mit Ehren
und Auszeichnungen überhäuft, von Ludwig XVIII. zum Baron
und „ersten Maler des Königs" ernannt wurde; aber alle diese
Ehren trafen einen, wenn auch nicht politisch und für die Gunst der
Großen unempfänglichen, doch durchaus tüchtigen Mann, der seine
persönliche und künstlerische Unabhängigkeit unter allen Verhältniffen
zu wahren, ungebührliche Zumuthungen zurückzuweisen wußte und
die ihm zu Theil gewordene ausgezeichnete Stellung in der Gesell-
schaft durch Bescheidenheit, Liebenswürdigkeit, Herzensgüte und Gast-
lichkeit zu adeln und uneigennützig für Andere zu verwerthen ver-
stand. Sein Salon war lange Jahre hindurch eine von allen her-
vorragenden Persönlichkeiten, die Paris bewohnten oder besuchten,
ausgesuchte Stätte der feinsten französischen Geselligkeit."

Unter den Korrespondenzen, welche den Inhalt des ersten Theilcs
bilden, befinden sich die Briefe der berühmtesten Künstler jener Zeit,
u. A. von Cornelius, David, Paul Delaroche, Girodet,
Gros, Guörin, Ingres, Frln. Mars, Meyerbeer, Leop.
Robert, Ary Scheffer, Horace Vernet u. s. f.

Unter dem 24. August 1828 schrieb Peter v. Cornelius
von München an ihn:

„Herr Baron! Ich ergreife die Gelegenheit, welche mir die
Uebersendung des Diploms unserer Akademie bietet, um Ihnen die
Gefühle der Erkenntlichkeit für die Beweise der Gunst und Freund
schaft auszudrücken, die Sie mir zu wiederholten Malen durch Hrn.
Gau und andere deutsche Künstler haben zukommen lassen. Ich müßte
meine Kunst nicht so leidenschaftlich lieben, wie ich es thue, wenn
ich nicht ungemein empfänglich für die freundliche Aufnahme sein
wollte, welche meine Arbeiten bei Ihnen gefunden haben. Ich freue
mich darüber um so mehr, als ich in Ihren Werken im Allgemeinen
dasselbe Princip zu erkennen glaube, welches mir bei meinen Bildern
zur Richtschnur gedient hat. Und dann, da ich mir schmeichle, ein
Wenig zum Wiederaufleben der historischen Malerei in Deutschland
beigetragen zu haben, finde ich eine große Ermunterung, auf dem
von mir betretenen Wege zu beharren, in dem Beifall eines fremden

Meisters von so unbestrittenem Ruhm. Genehmigen Sie.

P. v. Cornelius.

Den zweiten Abschnitt der Korrespondenz, unter der Ueberschrift
„Berühmte Persönlichkeiten", füllen Briefe ausgezeichneter Staats-
männer, Militairs, Fürsten, Gelehrten u. s. w. Wir nennen Prinz
August von Preußen, Massimo d'Azeglio, Balzac, Bv-
ranger, Bernadotte, Chateaubriand, Decazes, Denon,
Guizot, Alexander v. Humboldt, Lafayette, Lamartine,
Metternich, Louis Philippe, General Rapp, Mad. Rö-
camier, W. Schlegel, Frau v. Stael, Talleyrand, Thiers,
Prinz Wilhelm von Preußen, Wellington. Doch bietet
dieser Abschnitt für uns weniger Interessantes dar. Es wäre übri-
gens zu wünschen, wenn diese ganze Korrespondenz allgemein zugäng-
lich gemacht würde.

Fortsetzung in der Beilage.
 
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