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Die Dioskuren: deutsche Kunstzeitung ; Hauptorgan d. dt. Kunstvereine — 12.1867

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https://doi.org/10.11588/diglit.13559#0346

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Kunfltechnik und Jülfswissenschasten.

Der rrnrrtomiMe Aürlei von Mristoßk Aotk.

m Ausstellungssaal des „Albrecht-Dürer-Vereins" zu
Nürnberg fand kürzlich eine interessante Ausstellung
von hülfswissenschaftlichen und anderen Skulpturen des
Bildhauers Christoph Roth statt, über welche uns
eine Mittheilung zugeht, von der wir im Interesse
der Technik und des anatomischen Studiums unseren
Lesern Kenntniß geben wollen. Das Hauptwerk bildete ein anato-
mischer Athlet für das Studium der Natur und der Antike.
Diese Figur in halber Lebensgröße stellt den zu vollster Entwicklung
ausgebildeten idealen Mann dar, welcher unter Anwendung höchster
Kraftanstrengung eine Kugel emporhebt. Das Spiel der mit großer
Schärfe und Korrektheit dargestellten Muskeln — Haut- und Fett-
bedeckung sind entfernt gedacht — gewährt einen besseren Blick in
den Organismus der Natur, als es die besten Zeichnungen und Be-
schreibungen vermögen. Dabei zeugen die dem Leben abgelauschte
Haltung und Bewegung das Verständniß des Künstlers, was natür-

lich das Werk für das Studium doppelt wcrthwoll macht. Die
bayerische Akademie der Künste hat, die Bedeutung des Werkes
würdigend, dem Künstler als Anerkennung die silberne Ehrenmünze
ertheilt, indem sie in der betreffenden Urkunde bemerkt: „Künstlerisches
Talent wirkte hier zusammen mit der genauen Kenntniß des Körpers,
die er (der Künstler) sich durch jahrelanges gemeinsames Arbeiten mit
unserm akademischen Lehrer der Anatomie erworben hat, und so
können wir die von uns mehrmals angekaufte Figur andern Kunst-
schulen bestens empfehlen."

Außer dem Athleten war von Roth noch eine weibliche Por-
traitbüste in Lebensgröße von großer Schönheit, sowie 40 Zeich-
nungen aus dem Secirsaal und eine Holzzeichnung des Athleten aus-
gestellt. Letztere sind für ein Werk bestimmt, das, hauptsächlich auf
Künstler berechnet, einen bildlichen Kursus in der plastischen Anato-
mie darstellen soll. r.

Notizen.

Berlin. Die neue Wochenschrift „Kunst und Gewerbe", welche
vr. St eg mann in Weimar seit Anfang Oktober herausgiebt, bringt
eine Korrespondenz von hier, welche sich über das neugegründete
„Deutsche Gewerbemuseum in Berlin" ganz in unserm Sinne aus-
spricht. Auch der übrige Inhalt des Blattes bietet vielfaches Inter-
esse dar, so daß wir es den Freunden der Kunstiudustrie auf's Wärmste
empfehlen können.

Wien. Das österreichische „Museum für Kunst und Industrie"
hat durch den Ankauf der von Schleinitz'schen Glassammlung in
Dresden eine sehr werthvolle Bereicherung erfahren. Diese Samm-
lung enthält 156 altvenetianische und 103 altdeutsche Gläser, wobei
die verschiedensten Formen Vertretung finden. Einzelne dieser Gläser
müssen als mustergültig bezeichnet werden.

-Die Vorlesungen des österreichischen Museums für Kunst

und Industrie im Wintersemester 1867 begannen am 31. Oktober,
6 Uhr Abends, und werden jeden Donnerstag in nachstehender Ord-
nung aufcinanderfolgen: 1. Direktor Eitelberger vier Vorträge:
Jahresbericht des Museums und die Kunst auf der pariser Aus-
stellung. 2. Custos I. Falke drei Vorträge: über die Kunst-In-
dustrie auf der pariser Ausstellung. 3. Professor Glaser einen
Vortrag: über das geistige Eigenthumsrecht mit Rücksicht auf die
Kunst. 4. Professor Langer zwei Vorträge: über menschliche Pro-
portionen. 5. Professor Exner einen Vortrag: über den Stand der
heutigen Papier- und Tapeten-Fabrikation. 6. I)r. Lützow sechs
Vorträge: über die Akropolis von Athen. 7. Professor Beer Fort-
setzung seiner im letzten Winter abgebrochenen national-ökonomischen
Vorträge.

-Die Kollection Barbödienne'scher Emails und Broncen

im Oesterreichischen Museum wurde vom Fabrikanten Ritter von
Liebig angekauft und dem Museum zum Geschenk gemacht.

Augsburg. Der Gemälde-Restaurateur und Konservator der
hiesigen Gemäldegallerie, Eigner, hat ein historisches Gemälde von
HansHolbein dem Jüngeren restaurirt und dasselbe auf einige Tage
im Kunstverein ausgestellt. Die A. A. Z. giebt eine etwas über-
schwängliche Beschreibung des Bildes, indem sie bemerkt: „Als Hol-

bein's Meisterstück war bisher dessen Madonna (bekannt unter dem
Namen „Die Familie Maier") im Dresdner Museum berühmt,
doch wird dasselbe von diesem erst kürzlich entdeckten Gemälde weit
überflügelt Werdens?). Vom azurenen Hintergründe des Himmels hebt
sich die edle matronenhafte Gestalt der Himmelskönigin ab, in ihrem
Antlitz einen unbeschreiblichen Ausdruck von Hoheit und erbarmungs-
reicher Liebe; sie ruht auf einem Sessel, der von dem reichen Falten-
wurf des Mantels bedeckt wird, in ihren Armen das Kind, welches
in seinen Zügen neben dem Ausdruck naiver Kindlichkeit den Herrscher
des Himmels und der Erde erkennen läßt. Um eine Stufe tiefer
steht rechts ein Bischof in reichem Ornat, als Repräsentant des Sa-
cerdotiums, einem Bettler das Almosen reichend, links ein gewapp-
neter Ritter mit aufgeschlagenem Helmvisir, in seiner Linken die eid-
genössische Bundesfahne. Das in kurzen Zügen die ebenso einfache
als edle Komposition dieser Perle altdeutscher Kunst, hinter deren
Beschreibung jede Feder zurückbleibt, und vor welcher der Besucher
stundenlang in stiller Beschaulichkeit verweilen kann." Sie fügt so-
dann hinzu, daß das Bild im Besitz eines Privaten von Solothurn
sich befinde, welchem von Seiten der englischen Regierung bereits
10,000 Pfd. (120,000 fl.), doch vergebens, dafür geboten worden sei.

London. Bon den praktischen Engländern ist die Gelegenheit
der pariser Ausstellung zur Gründung einer „Internationalen Con-
vention zur Anfertigung von Reproductionen der Kunstwerke aller
Länder für Museumszwecke" benutzt und bereits der Beitritt der
nachverzeichneten Fürsten erlangt worden, welche für die betreffenden
Länder die Bewilligung ertheilten, daß daselbst Werke der monumen-
talen Kunst sowie des Kunstgewerbes zu Mnseumszweckeu reproducirt
und der Austausch derselben unterstützt und erleichtert werde. Groß-
britannien und Irland: Albert Edward, Prinz von Wales; Alfred,
Herzog von Edinburgh. Preußen: Friedrich Wilhelm, Kronprinz.
Hessen: Prinz Ludwig. Sachseu: Albert, Kronprinz. Frankreich:
Prinz Napoleon Jöiöme. Belgien: Philipp, Graf von Flandern.
Rußland: der Cesarewitsch; Nikolaus, Herzog von Leuchtenberg.
Schweden und Norwegen: Oskar, Kronprinz von Schweden und
Norwegen. Italien: Humbert, Kronprinz von Italien; Amadeus,
Herzog von Aosta.
 
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